STUTTGART (dpa/lsw) — Viel Kritik prassel­te zuletzt auf die Luca-App ein. Als überflüs­sig und ungenau wurde die Software zur Kontakt­ver­fol­gung in Restau­rants und Museen geschol­ten. Die Landes­re­gie­rung loggt sich nun aus.

Das Land Baden-Württem­berg will künftig nicht mehr auf die Luca-App zur Kontakt­ver­fol­gung zurück­grei­fen. «Wir werden nun in einem geord­ne­ten Verfah­ren aus der Nutzung der Luca-App ausstei­gen», sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Manne Lucha (Grüne) am Mittwoch in Stutt­gart. Der Vertrag mit dem priva­ten Anbie­ter culture4life laufe Ende März aus und werde nicht verlän­gert. Zuvor infor­mier­te Luche den Sozial­aus­schuss über die schon erwar­te­te Entschei­dung der Regie­rung. «Wir mussten eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufstel­len und haben unsere Entschei­dung genau abgewo­gen», versi­cher­te der Minister.

Viele Restau­rant­be­sit­zer und Veran­stal­ter hatten im vergan­ge­nen Jahr mit Hilfe der Luca-App die gesetz­lich vorge­schrie­be­ne Erfas­sung der Kontak­te ihrer Besucher ohne Zettel­wirt­schaft erledigt. Nun sollen die Menschen die staat­li­che und kosten­lo­se Corona-Warn-App nutzen. Ob das für eine klare Dokumen­ta­ti­on über den Status der Besucher ausreicht, wird von manchen Exper­ten bezwei­felt. Zuletzt war bei einer Anhörung im Südwes­ten heraus­ge­kom­men, dass viele Gesund­heits­äm­ter die Luca-App für überflüs­sig halten.

Die Luca-App war vor gut einem Jahr mit großen Erwar­tun­gen gestar­tet worden. An dem System entzün­de­te sich aber immer wieder hefti­ge Kritik. Luca-Skepti­ker stören sich vor allem am Konzept einer zentra­len Daten­spei­che­rung. Außer­dem bezwei­feln sie, dass das Luca-System die Gesund­heits­äm­ter tatsäch­lich wirkungs­voll unter­stüt­zen kann. Die Verträ­ge mit 13 Bundes­län­dern (alle außer Sachsen, Thürin­gen und Nordrhein-Westfa­len) hatten bislang ein Jahres­vo­lu­men von 20 Millio­nen Euro inklu­si­ve Mehrwert­steu­er. Schles­wig-Holstein hat schon gekün­digt, am Mittwoch kündig­te kurz nach Baden-Württem­berg auch Hessen an, die Zusam­men­ar­beit nicht zu verlängern.

Lucha sagte nun, bis Ende März könne die Luca-App weiter­ver­wen­det werden. Diese Zeit könne von Anwen­dern genutzt werden, sich auf die neue Situa­ti­on einzu­stel­len. Der Minis­ter vertei­dig­te die Entschei­dung der Regie­rung von vor einem Jahr, die Luca-App angeschafft zu haben. Damit sei den Menschen mehr Freiraum ermög­licht worden, weil sie etwa wieder ins Restau­rant oder Theater konnten.

Doch die Pande­mie­la­ge habe sich verän­dert. «Mehr als 70 Prozent der Menschen in Baden-Württem­berg sind geimpft, gleich­zei­tig sind die Inziden­zen durch die Omikron-Varian­te exponen­ti­ell gestie­gen, und die Kontakt­per­so­nen­nach­ver­fol­gung der Gesund­heits­äm­ter konzen­triert sich nunmehr auf gefähr­de­te Gruppen und große Ausbrü­che.» Dadurch würden die Luca-Daten kaum mehr durch die Gesund­heits­äm­ter abgefragt.

Die indivi­du­el­le Kontakt­ver­fol­gung schei­ne nicht mehr zwingend erfor­der­lich und auch nicht mehr leist­bar zu sein, sagte der Minis­ter. Der Blick richte sich jetzt auf die Gesamt­be­völ­ke­rung. «Diese Strate­gie kann auch mit Hilfe der kosten­frei­en Corona-Warn-App des Bundes, die anony­me Warnun­gen ausspielt und auf eigen­ver­ant­wort­li­ches, umsich­ti­ges Handeln der Nutzen­den abzielt, unter­stützt werden.»

Die Landes­re­gie­rung werde nun beraten, ob man weite­re Hilfs­mit­tel für die Kontakt­ver­fol­gung brauche. «Bis zu einer Änderung der weiter­hin gülti­gen Regelun­gen zur Daten­er­fas­sung, beispiels­wei­se in der Gastro­no­mie, wird Luca aller­dings weiter genutzt werden können.»