FRANKFURT/BERLIN (dpa) — Nach der Warnstreik­ab­sa­ge pocht die Bahn-Gewerk­schaft EVG auf rasche Gesprä­che: Schon für diesen Diens­tag fordert sie die Deutsche Bahn zu einem Treffen auf — und droht mit einem neuen Warnstreik.

Nach der überra­schen­den Absage des Zwei-Tage-Warnstreiks im Bahnver­kehr kommt Bewegung in den Tarif­kon­flikt bei der Deutschen Bahn: Die Eisen­bahn- und Verkehrs­ge­werk­schaft (EVG) hat den bundes­ei­ge­nen Konzern für diesen Diens­tag zu Gesprä­chen in kleiner Runde aufge­for­dert, wie sie am Montag mitteil­te. Dabei wolle die Gewerk­schaft schnell die Grund­la­gen legen für die offizi­el­le nächs­te Tarif­run­de in etwa einer Woche in Fulda. Die Bahn äußer­te sich am Montag zunächst nicht zu der Einla­dung. Offen blieb, wo das mögli­che Treffen statt­fin­den könnte.

Weitge­hend reibungs­lo­ser Bahnverkehr

Auf der Schie­ne lief es trotz der kurzfris­ti­gen Absage des Arbeits­kamp­fes bereits am Montag wieder weitge­hend reibungs­los. «Wir hatten ja schon begon­nen, den Zugver­kehr runter zu fahren und mussten ihn dann wieder hochfah­ren», sagte ein Bahnspre­cher. «Eine solche Situa­ti­on hat es bisher noch nie gegeben.» Im Fernver­kehr seien am Montag nahezu alle Züge unter­wegs gewesen. An diesem Diens­tag sollen es dann 100 Prozent sein. Im DB-Regio­nal­ver­kehr habe es bereits am Montag keine Einschrän­kun­gen mehr gegeben.

Der Warnstreik sollte am Sonntag um 22.00 Uhr begin­nen und am Diens­tag um 24.00 Uhr enden. Nachdem unter Vermitt­lung des Arbeits­ge­richts Frank­furt ein Vergleich zwischen der EVG und der Deutschen Bahn beim umstrit­te­nen Thema Mindest­lohn zustan­de gekom­men war, hatte die Gewerk­schaft den Arbeits­kampf bei dem bundes­ei­ge­nen Konzern am Wochen­en­de kurzfris­tig abgesagt.

Darauf­hin musste die Bahn den bereits abgesag­ten Zugver­kehr «praktisch neu organi­sie­ren», sagte der Sprecher. «Wir haben am Wochen­en­de Tausen­de Mitar­bei­ten­de kontak­tiert, um möglichst viele Schich­ten zu beset­zen.» Schicht­plä­ne seien neu gestal­tet worden und Fahrzeu­ge hätten an andere Orte gebracht werden müssen. Der «Kraft­akt» sei gelungen.

Nächs­te Verhand­lungs­run­de am 23. und 24. Mai

Bereits am Montag drohte die EVG mit dem nächs­ten Warnstreik­auf­ruf: «Die Deutsche Bahn hat vor dem Arbeits­ge­richt unmiss­ver­ständ­lich erklärt, unsere Forde­run­gen zum Mindest­lohn zu erfül­len», teilte Verhand­lungs­füh­rer Kristi­an Loroch mit. «Vor diesem Hinter­grund können wir nun in die Verhand­lun­gen eintre­ten – sofern der Arbeit­ge­ber Wort hält. Ansons­ten sind wir jeder­zeit in der Lage, wieder zu einem Streik aufzu­ru­fen und das auch schon ab Mittwoch.»

Die nächs­te Verhand­lungs­run­de ist für den 23. und 24. Mai in Fulda angesetzt. Es ist die vorerst letzte geplan­te Runde im laufen­den Tarif­streit. Mit dem Vergleich vor dem Frank­fur­ter Arbeits­ge­richt konnten beide Seiten einen großen Knack­punkt bei den Verhand­lun­gen weitge­hend ausräu­men: Bei rund 2000 Bahn-Beschäf­tig­ten, die den gesetz­li­chen Mindest­lohn bislang nur über Zulagen erhal­ten haben, wird dieser nun rückwir­kend zum 1. März in die Tarif­ta­bel­len aufge­nom­men. Damit bezie­hen sich zukünf­ti­ge Tarif­stei­ge­run­gen auf diese höhere Basis.

Bei vielen anderen Punkten liegen Arbeit­ge­ber und Arbeit­neh­mer aller­dings noch weit ausein­an­der. Die EVG fordert in den Verhand­lun­gen mit der Bahn mindes­tens 650 Euro mehr pro Monat oder 12 Prozent für die oberen Einkom­men. Die Laufzeit soll 12 Monate betra­gen. Die Bahn hat neben einer Infla­ti­ons­aus­gleichs­prä­mie bislang prozen­tua­le Steige­run­gen angebo­ten sowie eine Laufzeit von 27 Monaten.

Verhand­lun­gen für 230.000 Beschäftigte

Die EVG verhan­delt neben der Bahn mit Dutzen­den weite­ren Eisen­bahn­un­ter­neh­men über höhere Tarife für insge­samt rund 230.000 Beschäf­tig­te. Auch dort gab es bislang keinen Durch­bruch. Während die EVG ihren Warnstreik bei der Bahn diese Woche zunächst absag­te, hielt sie bei anderen Unter­neh­men daran fest.

Dazu gehör­te etwa das Unter­neh­men Trans­dev, das unter anderem in Bayern die Bayeri­sche Oberland­bahn und die Bayeri­sche Regio­nal­bahn betreibt. Auch Abellio Mittel­deutsch­land war weiter­hin vom Warnstreik betrof­fen. Das Unter­neh­men ist als Anbie­ter insbe­son­de­re in Thürin­gen und Sachsen-Anhalt unter­wegs. Bei der Norddeut­schen Eisen­bahn­ge­sell­schaft, der Nordwest­bahn oder der Westfa­len­bahn blieb die EVG ebenfalls beim Arbeitskampf.

Von Matthi­as Arnold, dpa