BERLIN (dpa) — Gemüse, Milch, selte­ner Fleisch: Beim Einkauf gehört «bio» inzwi­schen für viele dazu — zumin­dest ab und zu und wenn nicht so viel teurer. Den Markt hat das beflü­gelt. Gilt das noch für Zeiten der Inflation?

Das Geschäft mit Biole­bens­mit­teln in Deutsch­land hat nach Branchen­an­ga­ben in diesem Jahr wohl einen ungewohn­ten Dämpfer erhal­ten. «Der deutsche Öko-Markt schrumpf­te 2022 zum ersten Mal in seiner Geschich­te», heißt es in einem Markt­be­richt des Deutschen Bauern­ver­bands zum Jahreswechsel.

Bis Ende Oktober sei der Öko-Umsatz um 4,1 Prozent gesun­ken. Dennoch werde er 2022 mit voraus­sicht­lich 15 Milli­ar­den Euro immer noch 2,7 Milli­ar­den Euro über dem Niveau von 2019 liegen. Damit habe der Bio-Markt das hohe Umsatz­wachs­tum aus der Anfangs­zeit der Corona-Pande­mie in der jetzi­gen Krise halten können.

Umsatz in anderen Supermärkten

Auch bei Biopro­duk­ten seien aber die Discoun­ter Gewin­ner eines «Trends zum Billig-Einkauf» gewor­den, heißt es in dem Bericht, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In anderen Super­märk­ten sei der Öko-Umsatz nach Markt­for­schungs­da­ten in etwa gleich geblie­ben, dagegen beim Natur­kost­fach­han­del und im Direkt­ver­kauf aber drama­tisch gesun­ken. Dazu erläu­ter­ten die Exper­ten: «Viele Öko-Produk­te sind im Discoun­ter nur gering­fü­gig preis­wer­ter oder gleich teuer, aber das Preisimage lenkt den Konsum offen­bar mehr als echte Preiskenntnis.»

Insge­samt seien die kurzfris­ti­gen Aussich­ten für den Ökoland­bau auch für 2023 verhal­ten zu beurtei­len. Bei einem Wieder­an­sprin­gen der Konjunk­tur oder wieder besse­ren Verbrau­cher­ein­kom­men dürfe aber mit einem Nachfra­ge­wachs­tum gerech­net werden, heißt es im Bericht. Im Jahr 2021 war der Bio-Umsatz nach Angaben des Bundes Ökolo­gi­sche Lebens­mit­tel­wirt­schaft auf fast 16 Milli­ar­den Euro gestie­gen, das war ein Plus von knapp sechs Prozent im Vergleich zum Rekord­jahr 2020.

Für den gesam­ten deutschen Agrar­markt zieht der Bauern­ver­band «eine durch­wach­se­ne Bilanz» des Jahres 2022. Trotz überwie­gend verbes­ser­ter Unter­neh­mens­er­geb­nis­se gebe es in vielen Betrie­ben eine nach wie vor heraus­for­dern­de wirtschaft­li­che Situa­ti­on, beton­te Bauern­prä­si­dent Joachim Rukwied. «Beispiel­los explo­dier­te Preise» für Dünge­mit­tel und Energie schla­gen demnach auf die Bilan­zen durch.

Ein Überblick über einige Marktentwicklungen:

Schwei­ne: Bei ohnehin gebeu­tel­ten Schwei­ne­hal­tern seien eigent­lich ordent­li­che Preise für Schlacht­schwei­ne durch enorme Kosten­sprün­ge mehr als aufge­fres­sen worden, heißt es im Markt­be­richt. Angesichts dessen müsste für Mäster und Sauen­hal­ter der Schwei­ne­preis im neuen Jahr deutlich steigen. Es sei zu befürch­ten, dass sich der aktuell drama­ti­sche Rückgang der Schwei­ne­hal­tung in Deutsch­land verstärke.

Getrei­de: Die Erzeu­ger­prei­se seien nach wie vor extrem volatil. Ausschlä­ge in jede Richtung seien wegen der knappen Versor­gungs­la­ge und der unsiche­ren politi­schen Lage nicht auszu­schlie­ßen. Aus heuti­ger Sicht bleibe das derzeit höhere Preis­ni­veau bestehen.

Milch: Für Milch­vieh­hal­ter sei 2022 außer­ge­wöhn­lich gewesen, heißt es im Bericht. Kosten etwa für Futter und Energie lägen im Moment deutlich höher als üblich, die Erlöse aber auch: Bis Ende Novem­ber habe der durch­schnitt­li­che Erzeu­ger­preis für konven­tio­nel­le Kuhmilch bei 51,6 Cent pro Kilogramm gelegen — nach 36,3 Cent im Jahr 2021.

Obst: Die Apfel­ern­te fiel mit geschätzt einer Milli­on Tonnen größer aus als im Vorjahr. Wegen einer eher schwa­chen Nachfra­ge der Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­cher sei der Preis­druck aber hoch. Insge­samt dürfte die deutsche Obstern­te 2022 nach vorläu­fi­ger Schät­zung mit 1,3 Millio­nen Tonnen ein leich­tes Plus erreichen.

Gemüse: Anbau­flä­chen für Zwiebeln und Möhren wurden verklei­nert. Auch bei Spargel halte diese Tendenz an, zumal die Vermark­tung 2022 im Umfeld der Infla­ti­on «extrem schwie­rig» gewesen sei. Trocken­heit und Hitze im Sommer hätten Erträ­ge erneut gedrückt. Die Ernte­men­gen an Frisch­ge­mü­se würden daher deutlich niedri­ger geschätzt als 2021. Bei Wein gebe es eine quali­ta­tiv und quanti­ta­tiv gute Ernte.