Das Kopfschüt­teln über die UEFA ist groß — auch bei Hansi Flick. Ausge­rech­net im Corona-Risiko­ge­biet erleben die Triple-Bayern ihr Comeback vor Publi­kum. Das sport­li­che Ziel lautet: «Quadru­ple».

In Budapest dürfen — oder besser gesagt sollen — die Münch­ner Triple-Champi­ons nach dem Willen der UEFA und des ungari­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Viktor Orban am Donners­tag (21.00 Uhr/Sky und DAZN) gegen den FC Sevil­la vor bis zu 20.000 Zuschau­ern um den europäi­schen Super­cup spielen. Auch mehre­re hundert Bayern-Fans wollen trotz verschärf­ter Quaran­tä­ne-Aufla­gen bei der Rückkehr aus Ungarn und eindring­li­cher Appel­le des bayeri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten Markus Söder (CSU) zu einem Reise­ver­zicht ihr Team in der über 60.000 Besucher fassen­den Puskás Arena anfeuern.

Trainer Hansi Flick will sich nach seinem deutlich geäußer­ten Unver­ständ­nis für das UEFA-Experi­ment in einem Risiko­ge­biet beim kurzen Aufent­halt in Ungarn notge­drun­gen auf den Sport konzen­trie­ren. Die irrwit­zig anmuten­de Missi­on des streng abgeschirm­ten Teams lautet, den nächs­ten Titel zu holen. «Das wäre eine schöne Abrun­dung für den inter­na­tio­na­len Wettbe­werb», sagte Flick zur angestreb­ten Verede­lung des Champi­ons-League-Trium­phes vom August in Lissabon.

«Sevil­la ist eine starke Mannschaft. Die sind sehr gut mit dem Ball», sagte Leroy Sané, der nach seinem tollen Debüt beim 8:0 gegen Schal­ke auch auf der inter­na­tio­na­len Bühne zusam­men mit Flügel-Partner Serge Gnabry auftrump­fen will. «Wir müssen wieder unsere Topleis­tung abrufen, um den nächs­ten Titel einzu­fah­ren», meinte Gnabry.

Dass die Bayern das Presti­ge­du­ell mit dem Europa-League-Champi­on trotz der äußeren Umstän­de profes­sio­nell angehen, beweist der von Flick nominier­te Kader: Torjä­ger Robert Lewan­dow­ski stieg nach einer Blessur am Fuß ebenso am Mittwoch in den Bayern-Flieger wie Javi Martí­nez. Der Spani­er soll kurz vor einer Rückkehr zu seinem Ex-Club Athle­tic Bilbao stehen. «Wir wollen jeden Titel mitneh­men», beton­te Karl-Heinz Rumme­nig­ge: «Nach dem Triple käme das Quadru­ple.» Am Ende des Super­jah­res 2020 «wollen wir so viel Silber­wa­re wie nur möglich in unserem Museum stehen haben», sagte Bayerns Vorstandschef.

Das Kopfschüt­teln über die an ihrem «Pilot­test» mit Zuschau­ern konse­quent festhal­ten­de UEFA ist groß. Söder fürch­tet, Bayern-Fans könnten infiziert zurück­keh­ren und eine Gefahr darstel­len. Er warnte plaka­tiv vor einem «Fußball-Ischgl». Der FC Bayern reagier­te auf die Lage in Budapest, wo die Infek­ti­ons­wer­te doppelt so hoch sind wie in München, wo gegen Schal­ke am Ende keine Fans ins Stadi­on durften.

«Wir haben uns entschlos­sen, nur mit der absolu­ten Minimal­be­set­zung nach Budapest zu gehen», sagte Präsi­dent Herbert Hainer bei der Veran­stal­tung «Bild100» in Frank­furt. Der 66-Jähri­ge stornier­te den Trip auch für sich. Hainer will nun vorm Fernse­her mitfie­bern. Die TV-Sender Sky und DAZN schicken keine Repor­ter nach Ungarn.

Budapests Oberbür­ger­meis­ter Gerge­ly Karac­so­ny votier­te wegen der Corona-Lage vergeb­lich für ein Geister­spiel. «Hätte ich die recht­li­chen Möglich­kei­ten, das zu entschei­den, würde ich das Match hinter geschlos­se­nen Toren statt­fin­den lassen», sagte der grün-libera­le Politi­ker der opposi­tio­nel­len Tages­zei­tung «Nepza­va» (Mittwoch). «Die Verant­wor­tung liegt bei denen, die die Entschei­dungs­ge­walt haben», fügte er mit Blick auf die rechts­na­tio­na­le Regie­rung von Minis­ter­prä­si­dent Orban hinzu.

Die UEFA will mit einer 30-Prozent-Auslas­tung der Stadi­on­sit­ze den Super­cup als Probe­lauf für ihre anderen Wettbe­wer­be nutzen. In vier Wochen beginnt die neue Champi­ons-League-Saison. «Die UEFA will wieder ein Stück Norma­li­tät in den Fußball bringen», sagte Hainer. Eine Absage oder Spiel­ver­le­gung wäre «nicht einfach» gewesen.

Einfach dürfte es auch auf dem Spiel­feld nicht werden. «Der FC Sevil­la ist im Moment vielleicht die gefähr­lichs­te spani­sche Mannschaft, gegen die man spielen kann», meinte Rumme­nig­ge. Er habe Sevil­las 3:2 im Europa-League-Finale gegen Inter Mailand gesehen: «Das war Spitzen­klas­se.» Der ehema­li­ge Gladba­cher Luuk de Jong erziel­te dabei in Köln zwei Tore.

Aus dem corona­ge­plag­ten Sevil­la werden übrigens nur wenige Fans ihr Team vor Ort unter­stüt­zen. Trainer Julen Lopete­gui ernann­te die Bayern zum Favori­ten: «Es ist so, dass wir auf das momen­tan beste Team der Welt treffen. Aber wir wollen nicht einfach nur Spalier stehen.»

Voraus­sicht­li­che Aufstellungen:

Bayern München: Neuer — Pavard, Süle, Alaba, Davies — Kimmich, Goretz­ka — Sané, Müller, Gnabry — Lewandowski

FC Sevil­la: Bono — Jesus Navas, Koundé, Diego Carlos, Escude­ro — Rakitic, Fernan­do, Jordán — Suso, De Jong, Ocampos

Schieds­rich­ter: Taylor (England)