Bad Waldsee – „Verantwortung für Menschen“ lautet seit jeher das Credo von Omnibus Müller aus Bad Waldsee. 1923 gegründet, können die Geschwister Elke und Franz Müller mit ihrem Team auf 100 Jahre Firmengeschichte zurückblicken. Gefeiert wird am 9. September mit der Belegschaft und geladenen Gästen.
Mit seiner 100-jährigen Firmengeschichte gehört Omnibus Müller zu den Bad Waldseer Traditionsunternehmen. Nach Standorten am Schwanenberg und auf dem Frauenberg, hat das Unternehmen seit 1986 seinen Sitz im Gewerbegebiet Gaisbeuren. Von hier starten täglich 30 Busse, um die Menschen aus Bad Waldsee und Umgebung auf ihren alltäglichen Wegen oder ins Freizeitvergnügen zu begleiten. Das ist heute wie damals so – und doch hat sich im Laufe der Jahrzehnte vieles verändert und an der Entwicklung des Omnibusunternehmens lässt sich das gesellschaftliche Mobilitätsverhalten ablesen.
Die erste Fahrt der „Omnibusvermietung Franz Müller“ startete am 13. August 1923 ins knapp 40 Kilometer entfernte Ausnang bei Leutkirch. Von Anfang an gehörte auch der Linienverkehr zum Geschäftsfeld. Ein sicheres Einkommen bescherte ab 1937 der Linienverkehr nach Friedrichshafen, der Mitarbeiter aus Oberschwaben zu den Firmen ZF und Rostan brachte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gestaltete sich der Neuanfang schwierig, denn es fehlte an Fahrzeugen, Ersatzteilen und Treibstoff. Erst Mitte der 1950er-Jahre kam der Busverkehr wieder ins Rollen. 1958 nahmen der Linienverkehr und der Schichtverkehr zu ZF den Betrieb wieder auf. Weit über 1000 Schichtarbeiter täglich nutzten das Angebot. Aus Erzählungen weiß Geschäftsführerin Elke Müller, dass „kein anderes Unternehmen bereit war, die Schichtarbeiter zu befördern – aus Angst, die Männer im blauen Anton könnten die Sitze verschmutzen“. Die Zunahme des Individualverkehrs und die Flexibilisierung der Arbeitszeiten führten dazu, dass dieser Dienst 1998 eingestellt wurde.
Seit den 1960er-Jahren nahm der Reiseverkehr Schwung auf. Halb- und Tagesfahrten für Bad Waldseer Kurgäste standen ebenso im Programm wie Kurfahrten nach Abano Therme und Reisen durch ganz Europa.
Die Geschwister erinnern sich auch an die wöchentlichen Fahrten an die Costa Brava in den 1980er-Jahren. Mit dem verstärkten Angebot günstiger Flugreisen und Pauschalangebote nahm das Interesse an den Spanien-Tripps per Bus Ende der 1990er-Jahre allerdings ab.
Gesellschafter Franz Müller, der seit 1993 ein Reisebüro führt, hat die Veränderungen in der Branche ebenfalls hautnah mitbekommen. Als die Lebensmittel-Discounter vor etwa 20 Jahren Reisen in ihr Angebot aufnahmen, sei es ebenso zu einem Rückgang bei Reisebuchungen gekommen wie mit dem Aufkommen der Billigflieger Anfang der 2000er-Jahre.
„Aber immer, wenn etwas wegfiel, hat sich etwas Neues aufgetan“, erinnert sich Elke Müller, die 2014 die Geschäftsführung von dem nach 35 Jahren in Ruhestand getretenen Wolfgang Pfefferle übernommen hat. Momentan bietet der Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs eine neue Chance. Nach wie vor ist das Busunternehmen in Gaisbeuren ein gefragter Ansprechpartner für Schulen und Vereine und wird gerne für Klassenfahrten und Vereinsausflüge gebucht. Das wichtigste Standbein ist heute jedoch der Schulbus- und der Linienverkehr. Apropos Linienverkehr: Die gemeinsamen Fahrten zur Arbeit mit der Linie 31 von Bergatreute nach Ravensburg brachte ein Paar zusammen. Als die beiden 2017 heirateten, überraschte Elke Müller die Brautleute und lud die Hochzeitsgesellschaft nach Standesamt zu einer kleinen Rundfahrt mit dem Bus ab.
Soziales Engagement
Der Slogan „Verantwortung für Menschen“ kommt auch durch das vielfältige soziale Engagement des Unternehmens zum Ausdruck. So rief Geschäftsführer Wolfgang Pfefferle 2002 den jährlichen „Vereinenachmittag“ ins Leben. Hier erhalten ehrenamtliche Vereinsverantwortliche kostenlose Informationen zu Themen wie Steuern, Marketing oder Versicherungen, und können sich bei Kaffee und Kuchen austauschen.
Auch die jährliche Verleihung des Sozialen Förderpreises seit 25 Jahren an Waldseer Schülerinnen und Schüler legt den Fokus auf die frühe Stärkung sozialen Engagements, hier bereits bei den Jüngeren.
Omnibus Müller ist Gründungsmitglied der 2008 ins Leben gerufenen Bildungsstiftung Bad Waldsee, die beispielsweise das Schulmilchprojekt am Schulzentrum Döchtbühl sponsert. Seit 2018 ist das Busunternehmen Bildungspartner der Gemeinschaftsschule Bergatreute, seit 2020 im Ausbildungsforum der Döchtbühlschule. In einem Kooperationsvertrag wurde vereinbart, durch enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Schule die Berufsorientierung und die Ausbildungsreife der Schüler zu verbessern und zu unterstützen.
Immer wieder werden auch Schulabbrecher für Praktika aufgenommen, um ihnen eine Perspektive aufzuzeigen. Außerdem unterstützt Omnibus Müller die Suppenküche Bad Waldsee e.V. und ist Zustifter der Bürgerstiftung Bad Waldsee.
Corona beutelt das Unternehmen
Eine der schwersten Zeiten der Firmengeschichte erlebte Omnibus Müller durch die Corona-Pandemie. Während der Lock-Downs ab Mitte März 2020 fiel der Schülerverkehr komplett weg, im Linienverkehr brachen die Fahrgastzahlen ein, das Reisegeschäft lag am Boden. „Corona hat die gesamte Branche schwer getroffen und wir hatten Glück, dass es die Rettungsschirme gab“, sagt Elke Müller.
Allerdings orientierten sich die 20 Aushilfsfahrer, denen sie damals kündigen musste, anderweitig oder waren ohnehin schon im Rentenalter und setzten sich endgültig zur Ruhe. Der Mangel an Busfahrern verschärfte sich dadurch weiter. Deshalb chauffiert Chefin Elke Müller persönlich die Fahrgäste auf den verschiedensten Linien. Ihr Bruder Franz ist für eine Schulbuslinie eingeteilt.
Auch an anderer Stelle wird deutlich, dass Omnibus Müller ein Familienbetrieb ist: Unterstützung bekommt Elke Müller von ihren Söhnen Johannes als Werkstattleiter und Thomas, der nach seiner Ausbildung im Betrieb als Bürokaufmann arbeitet sowie ihrer Tochter Felicitas, die neben dem Studium bei der Disposition hilft. Sohn Sasha springt neben seinem Studium als Busfahrer ein. Die beiden jüngsten Töchter gehen noch zur Schule. Bis vor einem Jahr arbeitete Mutter Astrid im Büro mit und kümmerte sich um das tägliche Frühstück für die Belegschaft. „Der familiäre Zusammenhalt ist sehr ermutigend und lässt uns auch schwierige Zeiten meistern“, freut sich Elke Müller.
Welche Herausforderungen durch gesetzliche Vorgaben auf sie zukommen – die Landesregierung sieht beim Vergabeverfahren grundlegende Änderungen für die gesamte Branche vor – kann Elke Müller in letzter Konsequenz noch nicht abschätzen. Jetzt steht erstmal das 100-jährige Firmenjubiläum mit einem Mitarbeiterfest am 9. September bevor.
Historie auf einen Blick
1923: Franz Müller gründet ein Beförderungsunternehmen am Schwanenberg in Bad Waldsee.
1947: Nach dem Tod des Firmengründers übernimmt Sohn Josef mit Ehefrau Elisabeth den Betrieb.
1963: Das neue Betriebsgebäude auf dem Frauenberg wird eröffnet.
1968: Josef Müller stirbt. Seine Frau Elisabeth leitet das Unternehmen bis zu ihrem Tod im Jahr 1974.
1974 geht der Betrieb direkt an die Enkel Elke und Franz über, damals 6 und 4 Jahre alt, weswegen über viele Jahre Fremdgeschäftsführer für die Betriebsleitung eingesetzt wurden. Astrid Müller fungierte bis 2022 Jahre als „gute Seele“ der Firma, bereitete jeden Morgen im „Tankstüble“ ein Frühstück für die Mitarbeitenden zu und hatte stets ein offenes Ohr für deren Sorgen und Nöte.
1980 trat Wolfgang Pfefferle als Geschäftsführer ins Unternehmen ein und setzte sich 35 Jahre für die Geschicke ein.
1986 wird der heutige Betriebshof in der Industriestraße 1 in Bad Waldsee-Gaisbeuren eingeweiht.
2014: Nach dem Ausscheiden von Wolfgang Pfefferle übernimmt Elke Müller, Urenkelin des Firmengründers die Geschäftsleitung.
2023: Im Jubiläumsjahr beschäftigt die Omnibus Müller GmbH & Ko.KG 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und hat 30 Busse.