BERLIN (dpa) — Es soll ein hartes Signal Richtung Moskau sein: Die Bundes­re­gie­rung weist eine große Anzahl von Mitar­bei­tern der russi­schen Botschaft aus. Es dürfte sich um Mitar­bei­ter von Geheim­diens­ten handeln.

Die Bundes­re­gie­rung hat 40 russi­sche Diplo­ma­ten zu in Deutsch­land «unerwünsch­ten Perso­nen» erklärt.

Man habe am Montag entschie­den, «eine erheb­li­che Zahl von Angehö­ri­gen der russi­schen Botschaft zu unerwünsch­ten Perso­nen zu erklä­ren, die hier in Deutsch­land jeden Tag gegen unsere Freiheit, gegen den Zusam­men­halt unserer Gesell­schaft gearbei­tet haben», teilte Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock (Grüne) in Berlin mit. Werden Diplo­ma­ten zu unerwünsch­ten Perso­nen erklärt, kommt dies einer Auswei­sung gleich.

Die Arbeit der betrof­fe­nen russi­schen Diplo­ma­ten «ist eine Bedro­hung für dieje­ni­gen, die bei uns Schutz suchen», erklär­te Baerbock zur Begrün­dung. «Dies werden wir nicht weiter dulden. Das haben wir dem Botschaf­ter Russlands heute Nachmit­tag mitgeteilt.»

Diplo­ma­ten sind russi­schem Nachrich­ten­dienst zuzuweisen

Die zu unerwünsch­ten Perso­nen erklär­ten russi­schen Diplo­ma­ten arbei­ten nach Angaben der Bundes­re­gie­rung alle den Geheim­diens­ten ihres Landes zu. «Wir haben 40 Perso­nen ausge­wählt, die wir den russi­schen Nachrich­ten­diens­ten zurech­nen», sagte Bundes­in­nen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben entschie­den, dass diese 40 Perso­nen nun schnells­tens unser Land verlas­sen müssen», fügte sie hinzu. Dies sei «ein weite­rer konse­quen­ter Schritt gegen die russi­sche Führung, die einen entsetz­lich bruta­len Krieg gegen die ukrai­ni­sche Zivil­be­völ­ke­rung führt».

Die deutschen Sicher­heits­be­hör­den hätten genau im Blick, welche nachrich­ten­dienst­li­chen Mittel die russi­sche Regie­rung nutze, sagte Faeser. Es gehe darum, Deutsch­land gegen russi­sche Spiona­ge, Einfluss­nah­me­ver­su­che, Lügen und Kriegs­pro­pa­gan­da zu schüt­zen. «Wir lassen nicht zu, dass dieser verbre­che­ri­sche Angriffs­krieg auch als Infor­ma­ti­ons­krieg in Deutsch­land ausge­tra­gen wird», sagte die SPD-Politikerin.

Der russi­sche Botschaf­ter Sergej Netscha­jew war von Staats­se­kre­tär Andre­as Michae­lis ins Auswär­ti­ge Amt einbe­stellt und über die Auswei­sung infor­miert worden. Die betrof­fe­nen Perso­nen haben fünf Tage Zeit, um Deutsch­land zu verlas­sen. Bei den Russen handelt es sich nach diesen Infor­ma­tio­nen um Perso­nal, bei dem von einer Zugehö­rig­keit zu russi­schen Nachrich­ten­diens­ten auszu­ge­hen ist.

Die Spreche­rin des russi­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums, Maria Sacha­rowa, sagte der Agentur Inter­fax: «Wir werden auch auf diesen böswil­li­gen Akt der deutschen politi­schen Maschi­ne antwor­ten.» Immer wieder reagiert Russland in solchen Fällen mit der Auswei­sung einer ähnlich hohen Zahl an Diplomaten.

«Unglaub­li­che Bruta­li­tät der russi­schen Führung»

Baerbock sagte zu Gräuel­ta­ten in der ukrai­ni­schen Stadt Butscha, diese Bilder «zeugen von einer unglaub­li­chen Bruta­li­tät der russi­schen Führung» und derer, die ihrer Propa­gan­da folgten, «von einem Vernich­tungs­wil­len, der über alle Grenzen hinweg­geht». Ähnli­che Bilder seien noch aus vielen anderen Orten zu befürch­ten, die russi­sche Truppen in der Ukrai­ne besetzt hätten. «Dieser Unmensch­lich­keit müssen wir die Stärke unserer Freiheit und unserer Mensch­lich­keit entge­gen­set­zen», erklär­te die Minis­te­rin. «Dabei muss aber auch klar sein, dass wir für unsere Freiheit einste­hen und bereit sein müssen, sie zu verteidigen.»

Nach dem Abzug der russi­schen Truppen aus dem Vorort von Kiew waren in Butscha Hunder­te Leichen entdeckt worden. Die Ukrai­ne macht für das Massa­ker russi­sche Truppen verant­wort­lich, die die Klein­stadt bis vor kurzem besetzt hatten. Moskau bestrei­tet das.

Weite­re Sanktionen

Die Bundes­re­gie­rung werde weite­re Reaktio­nen gemein­sam mit den Partnern Deutsch­lands auf den Weg bringen, beton­te Baerbock. «Wir werden die bestehen­den Sanktio­nen gegen Russland weiter verschär­fen, wir werden unsere Unter­stüt­zung der ukrai­ni­schen Streit­kräf­te entschie­den ausbau­en und auch die östli­che Flanke der Nato stärken.»

Die Bundes­re­gie­rung hatte zuletzt mehrfach russi­sche Diplo­ma­ten als Sankti­on ausge­wie­sen. Im Dezem­ber hatte sie als Konse­quenz aus einem Berli­ner Mordur­teil gegen einen Russen zwei Mitar­bei­ter der russi­schen Botschaft zu «unerwünsch­ten Perso­nen» erklärt. Belgi­en hatte vergan­ge­ne Woche wegen des Vorwurfs der Spiona­ge 21 russi­sche Diplo­ma­ten ausge­wie­sen. Auch das nieder­län­di­sche Außen­mi­nis­te­rin hatte mitge­teilt, 17 russi­sche Diplo­ma­ten wegen des Vorwurfs der Spiona­ge auszu­wei­sen. Tsche­chi­en hatte ebenfalls einen russi­schen Diplo­ma­ten des Landes verwiesen.