DÜSSELDORF (dpa) — Die Corona-Pande­mie hat vielen Plänen zum Beuys-Jubilä­ums­jahr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und auch zum 100. Geburts­tag von Joseph Beuys am Mittwoch läuft einiges anders als gedacht.

Glocken­ge­läut in Öster­reich, Beuys-Radio im Netz und Gedenk­ta­feln in Düssel­dorf: Trotz Corona-Pande­mie wird der 100. Geburts­tag des Univer­sal­künst­lers Joseph Beuys am morgi­gen Mittwoch gebüh­rend gefeiert.

Die meisten Ausstel­lun­gen zu Ehren des Künst­lers sind wegen der Corona-Beschrän­kun­gen zwar zur Zeit nicht live zu sehen. Dafür ist im Netz eine Fülle digita­ler Aktio­nen zu erleben. Joseph Beuys (1921–1986), der die Nachkriegs­kunst revolu­tio­nier­te, wäre am 12. Mai 100 Jahre alt geworden.

Zum Geburts­tag des Bildhaue­rei-Profes­sors, der Fett und Filz in die Kunst brach­te, startet am Mittwoch das «beuys­ra­dio» — eine Online­ra­dio- und Podcast­platt­form zur kriti­schen Begeg­nung mit dem Künst­ler. Zum Auftakt wird ein 24-stündi­ges Programm unter dem Titel «Making Waves» geboten: 100 Stimmen aus Kunst, Musik, Wissen­schaft und Politik kommen­tie­ren in Inter­views und kurzen State­ments die Bedeu­tung, die Beuys heute hat.

«Joseph Beuys ist einer der weltweit bedeu­tends­ten Künst­ler des 20. Jahrhun­derts», sagte NRW-Minis­ter­prä­si­dent Armin Laschet, der Schirm­herr des Jubilä­ums­jah­res «beuys2021», am Diens­tag. «Von Nordrhein-Westfa­len aus hat er Kunst­ge­schich­te geschrie­ben und als Bildhau­er, Aktions­künst­ler und Zeich­ner den Kunst­be­griff revolutioniert.»

Trotz der Einschrän­kun­gen durch die Corona-Pande­mie habe das Beuys-Jubilä­um einen erfolg­rei­chen Auftakt gefun­den, sagte NRW-Kultur­mi­nis­te­rin Isabel Pfeif­fer-Poens­gen. Die Museen, die bereits ihre Beuys-Ausstel­lun­gen in Düssel­dorf, Krefeld, Wupper­tal, Lever­ku­sen, Bedburg-Hau und zuletzt in Bergisch-Gladbach und Essen eröff­ne­ten, hätten digita­le Möglich­kei­ten geschaf­fen, um Beuys zu seinem Geburts­tag trotz aller Heraus­for­de­run­gen erfahr­bar zu machen.

Die Kunst­samm­lung Nordrhein-Westfa­len streamt am Mittwoch­abend (19.00 Uhr) in der digita­len Gesprächs­rei­he «Für den Hasen­kom­plex» ein Gespräch des Theater­ma­chers Matthi­as Lilien­thal mit dem inter­na­tio­nal renom­mier­ten Fotogra­fen Wolfgang Tillmans über die Verbin­dung von Kunst und politi­schem Engage­ment. «Beuys verste­hen» ist der Titel einer virtu­el­len Galerie der Goethe-Insti­tu­te Warschau und Prag, die in Koope­ra­ti­on mit dem Berli­ner Unter­neh­men Zaubar produ­ziert wurde und ebenfalls am Mittwoch online geht.

Aber auch «in Präsenz» gibt es Aktio­nen: In Düssel­dorf will der Heimat­ver­ein «Düssel­dor­fer Jonges» am Mittwoch Bronze­ta­feln an Beuys’ frühe­rem Wohn- und Atelier­haus am Drakeplatz sowie an einer Eiche mit Basalt­stein anbrin­gen, die Teil der Aktion «7000 Eichen» für die Documen­ta in Kassel 1982 war.

Eine beson­de­re Ehre wird Beuys in Öster­reich zuteil: Am Mittwoch um 12 Uhr mittags läutet die Josephs­glo­cke der Pfarr­kir­che Koller­schlag im oberös­ter­rei­chi­schen Mühlvier­tel fünf Minuten lang. Gestal­tet hatte die Glocke Beuys’ Mitar­bei­ter Heinz Baumül­ler, der aus Koller­schlag stammt und in Düssel­dorf lebt. Das Geläut zeigt die unver­kenn­ba­re Silhou­et­te des hocken­den Beuys mit Filzhut, der eine Axt in den Händen hält.

Verscho­ben werden musste ein am Geburts­tag des Künst­lers geplan­ter Beuys-Parcours in Düssel­dorf. Auch ein 24-stündi­ges Happe­ning, bei denen Pianis­ten aus aller Welt in der Kunst­samm­lung NRW Musik von Beuys’ Lieblings­kom­po­nis­ten Erik Satie spielen sollen, erklingt nun erst im Herbst. Digital läuft auch das Perfor­mance-Festi­val des Kultur­bü­ros in Wupper­tal. Vom 2. bis 6. Juni können auf der Kultur­platt­form stew.one insge­samt zwölf künst­le­ri­sche Beiträ­ge verfolgt werden. Wupper­tal war Schau­platz einiger früher Aktio­nen von Beuys.

Weltweit wird der 100. Geburts­tag von Beuys gefei­ert. Zu den Aktio­nen in Nordrhein-Westfa­len kommen Program­me in zahlrei­chen Städten in 18 Ländern — von Tokio über Warschau und Barce­lo­na bis Melbourne. Beuys, der «Pseudo-Demokrat», «Weltver­bes­se­rer» und «deutsche Heiland»? Die Brisanz, mit der die aktuel­le Diskus­si­on um Beuys geführt werde, spiege­le die Komple­xi­tät und Strit­tig­keit seiner Person wider, so Eugen Blume und Cathe­ri­ne Nichols, die künst­le­ri­schen Leiter von «beuys2021». Seit Jahren liefern sich Kunst­his­to­ri­ker Debat­ten, ob Beuys’ Werk vom Natio­nal­so­zi­al­so­zia­lis­mus und von völki­scher Ideolo­gie durch­drun­gen war.