BAMBERG (dpa) — Mit dieser Tragwei­te hätten sie nicht gerech­net: Drei Schüler klauen aus dem Tresor eines Bamber­ger Gymna­si­ums Abi-Aufga­ben. Nun ist das Urteil gefallen.

Wegen gestoh­le­ner Abitur-Prüfungs­auf­ga­ben haben drei ehema­li­ge Schüler eines Bamber­ger Gymna­si­ums Bewäh­rungs­stra­fen von zwei Jahren erhal­ten. Es sei eine geplan­te Tat mit «krimi­nel­ler Energie» gewesen, sagte der Richter bei der Urteils­ver­kün­dung vor dem Amtsge­richt Bamberg.

Zwei der Beschul­dig­ten waren im Mai 2020 vor ihren Abi-Prüfun­gen in das Büro des Direk­tors einge­drun­gen, hatten den Tresor aufge­bro­chen und Aufga­ben in den Fächern Deutsch, Englisch und Latein entnom­men. Dafür bekamen die 19-Jähri­gen wegen Sachbe­schä­di­gung und Diebstahl eine Jugend­stra­fe von neun Monaten, ausge­legt auf zwei Jahre Bewäh­rung. Zudem müssen sie an einem Projekt für gemein­nüt­zi­ge Tätig­kei­ten teilnehmen.

Einer der beiden hatte darüber hinaus sensi­ble Daten von einem Schul-Compu­ter geklaut, darun­ter Passwort­lis­ten und Daten mit denen er Zugriff auf Leistungs­nach­wei­se und Unter­richts­ma­te­ria­li­en bekam. Deshalb muss er sich zudem einer Maßnah­me zur Verhin­de­rung erneu­ter Straf­fäl­lig­keit unterziehen.

Auch der dritte Angeklag­te muss dem Richter zufol­ge an dieser Maßnah­me teilneh­men. Da er das Schul­ge­bäu­de vor dem Entwen­den der Aufga­ben verlas­sen hatte, erhielt dieser wegen Sachbe­schä­di­gung eine Jugend­stra­fe von sechs Monaten, ausge­legt auf zwei Jahre Bewäh­rung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Schüler waren nach Überzeu­gung des Gerichts mehrfach in das Kaiser-Heinrich-Gymna­si­um Bamberg einge­drun­gen, erstmals im Sommer 2019. Später lieh sich einer der Beschul­dig­ten unter einem Vorwand einen General­schlüs­sel aus dem Sekre­ta­ri­at. Mittels eines Knetgum­mi-Abdrucks und Fotos bestell­ten sie im Inter­net einen nachge­mach­ten Schlüssel.

«Am Anfang war es Abenteu­er­lust», sagte einer der Angeklag­ten. «Anerken­nung» sei ebenso ein Grund gewesen. Von den schuli­schen Leistun­gen hätten die jungen Männer dies nach Angaben ihrer Vertei­di­ger nicht nötig gehabt.

Bei einem der nächt­li­chen Streif­zü­ge durch die Schule sollen die drei Beschul­dig­ten den Plan gefasst haben, die Aufga­ben­tex­te und Lösun­gen der Prüfun­gen zu kopie­ren und abzufo­to­gra­fie­ren und dann wieder zurück­zu­le­gen, so dass niemand davon etwas mitbekommt.

Nachdem zwei der Angeklag­ten im Mai 2020 den Safe aus dem Wandschrank im Büro des Direk­tor gelöst und im Werkstatt­raum des Hausmeis­ters, zu dem sie wegen des Generals­schlüs­sels Zugang hatten, aufge­sägt hatten, seien ihnen die Siegel an den Kuverts aufge­fal­len. Darauf­hin entwen­de­ten sie die Umschlä­ge mit den Prüfungen.

Rund 33.000 Prüflin­ge hatten nach Angaben des Bayeri­schen Kultus­mi­nis­te­ri­ums anschlie­ßend Ersatz­auf­ga­ben gestellt bekom­men. Die zur Tatzeit 18-Jähri­gen wären sich der eskalie­ren­den Dynamik nicht bewusst gewesen. Vor Gericht entschul­dig­ten sie sich bei den geschä­dig­ten Schülern, der Schule, dem Direk­tor und dem Kultusministerium.

Nachdem die Ermitt­ler den Schülern auf die Schli­che gekom­men waren, mussten diese sich einem Diszi­pli­nar­ver­fah­ren unter­zie­hen und einen Geldbe­trag zur Schadens­wie­der­gut­ma­chung leisten. Zudem wurde das bestan­de­ne Abitur aberkannt. Zwei der Angeklag­ten holen das Abitur nun nach. Dafür mussten sie die Schule wechseln.