In Freiheit: Der ehema­li­ge Tennis-Star Boris Becker ist aus dem Gefäng­nis in Großbri­tan­ni­en entlas­sen worden und nach Deutsch­land ausge­reist. Das bestä­tig­te Beckers Anwalt Chris­ti­an-Oliver Moser der Deutschen Presse-Agentur am Donners­tag. Der 55-jähri­ge gebür­ti­ge Leime­ner hat demnach seine Haftstra­fe verbüßt und ist ein freier Mann. Über seine Freilas­sung hatte zuvor auch die «Bild»-Zeitung berichtet.

«Unser Mandant Boris Becker wurde aus der Haft in England entlas­sen und ist heute nach Deutsch­land ausge­reist. Damit hat er seine Strafe verbüßt und ist in Deutsch­land keiner­lei straf­recht­li­chen Restrik­tio­nen unter­wor­fen», hieß es in einer Mittei­lung des Anwalts.

Über den Zeitpunkt und Ort seiner Ankunft in Deutsch­land gibt es nur Speku­la­tio­nen. Presse­fo­to­gra­fen und Journa­lis­ten versuch­ten an verschie­de­nen Flughä­fen in Deutsch­land bis zum Nachmit­tag vergeb­lich, einen Blick auf die Tennis-Legen­de zu erhaschen.

Becker war Ende April von einem Gericht in London zu zweiein­halb Jahren Gefäng­nis verur­teilt worden, weil er Teile seines Vermö­gens in seinem Insol­venz­ver­fah­ren nicht ordnungs­ge­mäß angege­ben hatte. Seitdem saß er ein. Zuerst im berüch­tig­ten Wands­worth-Gefäng­nis, später im etwas komfor­ta­ble­ren Hunter­com­be Prison.

Wieso ist Boris Becker auf freiem Fuß?

Dass Becker nun Weihnach­ten mit seiner Familie in Deutsch­land verbrin­gen kann, verdankt er einer Sonder­re­gel für straf­fäl­li­ge Auslän­der in Großbri­tan­ni­en, wonach deren Haftstra­fe nach einer bestimm­ten Zeit erlas­sen wird, wenn sie das Land umgehend verlas­sen. Eine Rückkehr ins Verei­nig­te König­reich dürfte ihm zunächst verwehrt bleiben.

Den schlimms­ten Teil seiner Insol­venz-Misere hat der dreifa­che Wimble­don-Sieger damit wohl hinter sich gebracht. Doch laut briti­schem Insol­venz­re­gis­ter ist er noch immer nicht Herr über seine eigenen Finan­zen. Der Abschluss seines Insol­venz­ver­fah­rens wurde auf unbestimm­te Zeit verscho­ben. Einige Aufla­gen, wie zum Beispiel das Verbot, ohne gericht­li­che Erlaub­nis in Großbri­tan­ni­en ein Unter­neh­men zu leiten, gelten noch bis 2031. In einem Podcast im vergan­ge­nen Jahr hatte Becker erzählt, er müsse die Hälfte seiner Einkünf­te abgeben. Wie das in Zukunft sein wird, war zunächst aber unklar.

Doch wie konnte es überhaupt gesche­hen, dass der einsti­ge Wunder­kna­be, der schon als 17-Jähri­ger auf dem «heili­gen Rasen» in Wimble­don einen unver­gess­li­chen Triumph feier­te, so tief sank? Alles begann damit, dass er 2017 von einem Gericht in London für privat­in­sol­vent erklärt wurde. Eigent­lich können solche Verfah­ren in Großbri­tan­ni­en recht schnell beendet werden. Doch bei Becker zog es sich in die Länge. Es folgten demüti­gen­de Episo­den: Unter anderem wurden ein Teil seiner Trophä­en und andere persön­li­che Erinne­rungs­stü­cke öffent­lich versteigert.

Was war der Vorwurf?

Doch es kam noch schlim­mer: Sein Insol­venz­ver­wal­ter warf Becker vor, Vermö­gens­be­stand­tei­le in Millio­nen­hö­he verschlei­ert zu haben. Die Tennis-Legen­de musste vor Gericht. In dem Prozess im Frühjahr plädier­te Becker in allen Punkten auf unschul­dig. Sein Anwalt stell­te ihn als einen Mann dar, der oft mit dem Leben als Star außer­halb des Tennis­plat­zes überfor­dert war, Entschei­dun­gen oft anderen überließ und sich kaum um die Konse­quen­zen seines eigenen Handelns kümmer­te. Doch die Geschwo­re­nen nahmen ihm das nur zum Teil ab und befan­den Becker in mehre­ren Ankla­ge­punk­ten für schuldig.

In einem Inter­view, das er Apple TV+ wenige Tage vor der Verkün­dung des Straf­ma­ßes gab, sagte er unter Tränen: «Ich habe meinen Tiefpunkt erreicht. Ich werde sehen, was ich damit anfange.»

Die Reali­tät traf ihn hart: Er konnte nicht einmal Abschied nehmen von seiner Partne­rin Lilian de Carval­ho Montei­ro und seinem ältes­ten Sohn Noah, die zusehen mussten, wie er nach dem Richter­spruch in dem fenster­lo­sen Gerichts­saal in London abgeführt wurde. Eine gepack­te Tasche stand damals bereits neben ihm. Seitdem war von dem sonst so mitteil­sa­men Becker kaum mehr etwas zu hören.

Wie geht es weiter für Boris Becker?

Verein­zelt gab es Berich­te über das Befin­den Beckers oder seine Aktivi­tä­ten im Gefäng­nis. Als sich seine Noch-Ehefrau Lilly zu Wort melde­te und ihm den Rücken stärk­te, wurde sie von seinem Anwalt mit harschen Worten in die Schran­ken gewie­sen. Doch ansons­ten herrsch­te weitge­hend Funkstille.

Wie Beckers Zukunft ausse­hen wird, war zunächst unklar. Der Vizeprä­si­dent des Deutschen Tennis Bunds (DTB), Dirk Hordoff, hatte Becker bereits vor Wochen eine Stelle in Aussicht gestellt. «Salopp gesagt: Boris kann sich den Job aussu­chen!», hatte er der Sport Bild gesagt.

Von Chris­toph Meyer, dpa