BERLIN (dpa) — Was wird er über seine dunkels­ten Tage hinter Gittern sagen? Wie wird er nach monate­lan­ger Haft ausse­hen? Viele TV-Zuschau­er sind neugie­rig auf Boris Beckers ersten Fernseh-Auftritt am Abend.

Mit großer Spannung wird heute Abend (20.15 Uhr) das erste Inter­view des frühe­ren Tennis­stars Boris Becker nach seiner Freilas­sung aus der Haft in Großbri­tan­ni­en erwar­tet. Modera­tor Steven Gätjen führt für den Privat­sen­der Sat.1 ein Exklu­siv­ge­spräch mit dem 55-Jährigen.

Becker war Ende April von einem Gericht in London zu einer Gefäng­nis­stra­fe verur­teilt worden, weil er Teile seines Vermö­gens in seinem Insol­venz­ver­fah­ren nicht ordnungs­ge­mäß angege­ben hatte. Er war dann am Donners­tag freigekommen.

Gätjen, der ihn zur Vorbe­rei­tung bereits getrof­fen hat, sagte: «Als ich ihn im Gefäng­nis besuch­te, hat mich ein sehr schlan­ker Boris Becker mit einem Lächeln im Gesicht begrüßt.» Sein persön­li­cher Eindruck: Die Gefäng­nis­zeit habe Becker «wirklich mitgenommen».

Wie Gätjen in einer Sender­mit­tei­lung vom Montag schil­der­te, ist ihm vor allem Beckers Beschrei­bung der ersten Tage im Gefäng­nis Wands­worth in Erinne­rung geblie­ben. «Dort sitzen ja nicht nur Menschen ein, die finan­zi­el­le Straf­ta­ten began­gen haben, sondern auch Sexual­straf­tä­ter, Mörder und Menschen, die große Raubüber­fäl­le began­gen haben. Boris Becker erzähl­te mir, dass er große Angst davor hatte, in einer Sammel­zel­le zu landen», so Gätjen.

Becker im April: «Ich habe meinen Tiefpunkt erreicht»

Noch kurz vor seiner Inhaf­tie­rung im April hatte sich Becker im Inter­view mit dem Strea­ming­dienst Apple TV+ emotio­nal gezeigt. «Ich habe meinen Tiefpunkt erreicht. Ich werde sehen, was ich damit anfan­ge», sagte er damals unter Tränen. Wenige Tage später musste er ins Gefängnis.

Begon­nen hatte Beckers Misere in London damit, dass er 2017 von einem Gericht für insol­vent erklärt wurde. Eigent­lich können solche Verfah­ren in Großbri­tan­ni­en recht schnell beendet werden. Doch bei Becker zog es sich in die Länge. Es folgten demüti­gen­de Episo­den: Unter anderem wurden ein Teil seiner Trophä­en und andere persön­li­che Erinne­rungs­stü­cke öffent­lich versteigert.

Doch es kam noch schlim­mer: Sein Insol­venz­ver­wal­ter warf Becker vor, Vermö­gens­be­stand­tei­le in Millio­nen­hö­he verschlei­ert zu haben. Die Tennis-Legen­de musste vor Gericht. In dem Prozess im Frühjahr plädier­te Becker in allen Punkten auf unschul­dig. Sein Anwalt stell­te ihn als einen Mann dar, der oft mit dem Leben als Star außer­halb des Tennis­plat­zes überfor­dert war, Entschei­dun­gen oft anderen überließ und sich kaum um die Konse­quen­zen seines eigenen Handelns kümmer­te. Doch die Geschwo­re­nen nahmen ihm das nur zum Teil ab und befan­den Becker in mehre­ren Ankla­ge­punk­ten für schuldig.

Er habe als Repor­ter das Gefühl gehabt, «dass jemand vor mir sitzt, der einen Neuan­fang anstrebt», sagte Gätjen über seinen Besuch im Gefäng­nis. Die Öffent­lich­keit wird sich bald ihr eigenes Urteil bilden können.