BERLIN (dpa) — Seit dem Antise­mi­tis­mus-Skandal bei der Documen­ta gibt es viel Unmut über Kultur­staats­mi­nis­te­rin Roth. Bei einer jüdischen Veran­stal­tung schlägt ihr das nun offen entgegen.

Kultur­staats­mi­nis­te­rin Claudia Roth ist bei einem jüdischen Musik­wett­be­werb mit Buhru­fen konfron­tiert worden — nimmt das aber betont gelassen.

Ein Sprecher der Grünen-Politi­ke­rin sagte dem «Tages­spie­gel» (Sonntag), sie habe auf Einla­dung des Präsi­den­ten des Zentral­ra­tes der Juden, Josef Schus­ter, am «Jewrovision»-Wettbewerb am Freitag in Frank­furt am Main teilge­nom­men. Während ihres Grußwor­tes hätten einige, die mit ihrer Politik und Ausrich­tung nicht einver­stan­den seien, dies «lautstark zum Ausdruck gebracht».

Der Zentral­rat der Juden sprach von «lange aufge­stau­tem Frust», der sich bei der Veran­stal­tung deutlich entla­den habe. «Das ist die Konse­quenz der Entwick­lun­gen im deutschen Kultur­be­trieb der vergan­ge­nen Jahre», teilte er dem «Tages­spie­gel» mit. Es müsse sich «jetzt erkenn­bar etwas ändern, damit jede Form von Antise­mi­tis­mus aus dem deutschen Kultur­be­trieb nachhal­tig verbannt wird», zitier­te die Zeitung aus einer Stellung­nah­me des Zentralrats.

Vorwür­fe wegen Antise­mi­tis­mus-Eklat bei der Documenta

Hinter­grund dürfte der Antise­mi­tis­mus-Eklat bei der Documen­ta-Ausstel­lung im vergan­ge­nen Jahr in Kassel sein, bei dem ein Werk abgehängt wurde. Die Kunst­aus­stel­lung war aus Roths Budget mitfi­nan­ziert. Ihr wurde vorge­wor­fen, vorhe­ri­ge Warnun­gen vor antise­mi­ti­schen Tenden­zen der indone­si­schen Ausstel­lungs­ma­cher ignoriert zu haben.

Einer der Vize-Präsi­den­ten der Deutsch-Israe­li­schen Gesell­schaft (DIG), Marcus Faber (FDP), erklär­te im «Tages­spie­gel», Roths «relati­vie­ren­de Haltung» bei der Documen­ta sei «nur das i‑Tüpfelchen auf etliche fragwür­di­ge Positio­nen und Entschei­dun­gen» gewesen. «Das Verhält­nis zwischen Frau Roth und den Juden in Deutsch­land ist gestört.» Faber forder­te Roth auf, das Gespräch mit den jüdischen Verbän­den zu suchen.

Der Vorsit­zen­de des Jungen Forums in der DIG, Constan­tin Ganss, sagte der Zeitung: «Es reicht nicht, sich nur um tote Juden zu kümmern. Um das deutlich zu machen haben die jungen jüdischen Menschen gegen Frau Roth protestiert.»

Auf einem Video, das eine der DIG-Vize-Präsi­den­tin­nen, Anna Staro­sel­ski, bei Twitter verbrei­te­te, ist zu sehen, wie Roth angesichts der Protes­te ihre Rede unter­brach und rief: «Das ist Demokra­tie. Ich nehme diese Kritik an, weil wir eine starke und eine bunte und eine mutige Demokra­tie sind.» Staro­sel­ski schrieb zu dem Video: «Missi­on Reinwa­schen ist gescheitert.»

Roths Sprecher beton­te, vor dem Vorfall habe sich die Politi­ke­rin mit Schus­ter und teilneh­men­den Jugend­li­chen ausge­tauscht. Das sei aus ihrer Sicht «sehr gut und spannend» gewesen. Roth habe auch «ein sehr gutes Verhält­nis zu sehr vielen Menschen, die das jüdische Leben in Deutsch­land heute reprä­sen­tie­ren und prägen, und pflegt einen engen Austausch mit ihnen.»