BERLIN (dpa) — In Kanada und einzel­nen US-Bundes­staa­ten ist Canna­bis bereits legal. Die Ampel-Regie­rung plant das auch für Deutsch­land. Nun will das Bundes­ka­bi­nett den nächs­ten Schritt gehen.

Das Bundes­ka­bi­nett befasst sich heute mit der geplan­ten Canna­bis-Legali­sie­rung in Deutsch­land. Es geht noch nicht um ein konkre­tes Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren, sondern zunächst um die Verab­schie­dung sogenann­ter Eckpunk­te, also um Grund­zü­ge des Vorha­bens. Ein konkre­ter Gesetz­ent­wurf soll erst kommen, wenn sich abzeich­net, dass es von der EU gegen die geplan­te Canna­bis-Freiga­be keine recht­li­chen Einwän­de gibt — was keines­falls sicher ist.

Das von Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD) vorge­leg­te und in der Regie­rung intern abgestimm­te Eckpunk­te­pa­pier liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.

Die Einzel­hei­ten:

  • Canna­bis und der Wirkstoff Tetra­hy­dro­can­na­bi­nol (THC) sollen künftig recht­lich nicht mehr als Betäu­bungs­mit­tel einge­stuft werden.
  • Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm «Genus­scan­na­bis» zum Eigen­kon­sum sollen straf­frei sein unabhän­gig vom konkre­ten THC-Gehalt. Auf eine THC-Grenze soll wegen zu großen Aufwands bei mögli­cher Straf­ver­fol­gung verzich­tet werden.
  • Priva­ter Eigen­an­bau wird in begrenz­tem Umfang erlaubt — «drei weibli­che blühen­de Pflan­zen pro volljäh­ri­ger Person». Diese müssen vor dem Zugriff von Kindern und Jugend­li­chen geschützt werden.
  • Der Verkauf soll in «lizen­zier­ten Fachge­schäf­ten» — Zutritt erst ab 18 — und eventu­ell Apothe­ken ermög­licht werden. Werbung für Canna­bis­pro­duk­te wird unter­sagt. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Einen Versand­han­del soll es zunächst nicht geben. Der Handel ohne Lizenz bleibt strafbar.
  • «Wegen des erhöh­ten Risikos für canna­bis­be­ding­te Gehirn­schä­di­gun­gen in der Adoles­zenz» soll geprüft werden, ob es für unter 21-Jähri­ge Käufer eine THC-Obergren­ze geben soll.
  • Neben der Umsatz­steu­er auf Verkäu­fe ist eine geson­der­te «Canna­bis­steu­er» geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Ziel ist ein Endver­brau­cher­preis, «welcher dem Schwarz­markt­preis nahekommt».
  • Canna­bis-Produk­te zum Rauchen und Inhalie­ren oder zur Aufnah­me in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen sollen zum Verkauf zugelas­sen werden. Sogenann­te Edibles, also etwa Kekse oder Süßig­kei­ten mit Canna­bis, zunächst nicht.
  • Aufklä­rung, Präven­ti­on, Beratung und Behand­lungs­an­ge­bo­te sollen ausge­baut werden. Es sei insbe­son­de­re notwen­dig, «niedrig­schwel­li­ge und flächen­de­cken­de Frühin­ter­ven­ti­ons­pro­gram­me zur Konsum­re­flek­ti­on für konsu­mie­ren­de Jugend­li­che einzu­füh­ren», heißt es in den Eckpunkten.
  • Beglei­tend sollen Daten erhoben und analy­siert werden zu den gesell­schaft­li­chen Auswir­kun­gen der Canna­bis-Freiga­be. Nach vier Jahren sollen die Regelun­gen bewer­tet und gegebe­nen­falls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits‑, Kinder- und Jugend­schutz sowie mit Blick auf die Straßenverkehrssicherheit.
    Die Eckpunk­te sind nur ein erster Schritt. Im Zuge der europäi­schen Abstim­mung und in einem mögli­chen Gesetz­ge­bungs­ver­fah­ren zum Canna­bis-Gesetz können sich viele Details noch ändern. Lauter­bach will sich heute in Berlin zu den Einzel­hei­ten äußern.

Kriti­ker sprechen von «gefähr­li­chem Signal»

Die bayeri­sche Landes­re­gie­rung bekräf­tig­te ihre Kritik an dem Vorha­ben der Ampel-Koali­ti­on. «Die Legali­sie­rungs­plä­ne der Bundes­re­gie­rung stellen nicht nur für Deutsch­land, sondern auch für ganz Europa ein gefähr­li­ches Signal dar», sagte Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek (CSU) der «Augsbur­ger Allgemeinen».

«Canna­bis besitzt eine starke stimmungs- und wahrneh­mungs­ver­än­dern­de Wirkung», warnte er. Der Konsum berge «wesent­li­che und teils irrever­si­ble gesund­heit­li­che und sozia­le Risiken». Holet­schek äußer­te auch die Befürch­tung, dass eine Legali­sie­rung in Deutsch­land auch Canna­bis-Fans aus anderen europäi­schen Ländern anlockt. «Deshalb muss die Bundes­re­gie­rung sicher­stel­len, dass keine Anrei­ze für einen Drogen­tou­ris­mus nach Deutsch­land geschaf­fen werden.»