BERLIN (dpa) — Die Corona-Zahlen müssen sinken, darin sind sich fast alle einig. Die bundes­ein­heit­li­che Notbrem­se soll das bewerk­stel­li­gen, wird aber seit Tagen heftig kriti­siert. Auch die Landkrei­se bringen mehre­re Argumen­te vor.

Angesichts weiter steigen­der Corona-Zahlen will die Bundes­re­gie­rung trotz anhal­ten­der Kritik an der einheit­li­chen «Notbrem­se» festhalten.

Mehre­re Minis­ter vertei­dig­ten am Wochen­en­de auch die beson­ders umstrit­te­nen Pläne für Ausgangs­be­schrän­kun­gen abends und in der Nacht. Wirtschafts­mi­nis­ter Peter Altmai­er (CDU) sagte der «Frank­fur­ter Allge­mei­nen Zeitung», man wolle sich das Vorha­ben nicht wieder «zerre­den» lassen. Bundes­tag und Bundes­rat wollen in den nächs­ten Tagen darüber entschei­den. Kriti­ker drohen bereits mit dem Gang vors Bundesverfassungsgericht.

Nachdem es keine Einigung zwischen Bund und Ländern gab, hatte die Bundes­re­gie­rung das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz geändert. Künftig soll es bundes­ein­heit­li­che Regelun­gen geben: Falls die Sieben-Tage-Inzidenz in einer Stadt oder einem Landkreis drei Tage hinter­ein­an­der über 100 liegt, sollen dort die meisten Geschäf­te geschlos­sen bleiben. Zudem sollen zwischen 21.00 und 5.00 Uhr Ausgangs­be­schrän­kun­gen gelten. Baden-Württem­berg, Branden­burg und Mecklen­burg-Vorpom­mern wollen damit schon an diesem Montag beginnen.

Vizekanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte der «Welt am Sonntag», wichtig seien einheit­li­che und lebens­na­he Regelun­gen: «Es muss für jede und jeden nachvoll­zieh­bar sein, was gilt.» Altmai­er ergänz­te, bei den Ausgangs­be­schrän­kun­gen gehe es darum, «dass man sich nicht unter Verlet­zung der Kontakt­re­geln abends gegen­sei­tig besucht und feiert». Der CDU-Politi­ker fügte hinzu: «Überall auf der Welt, wo eine Infek­ti­ons­wel­le erfolg­reich gebro­chen wurde, hat man das mit dem Instru­ment eines harten Lockdowns geschafft.»

Die Gesprä­che zwischen den Exper­ten von CDU/CSU und SPD über Änderun­gen am Gesetz­ent­wurf liefen am Sonntag weiter. Eine Einigung zeich­ne­te sich am Vormit­tag noch nicht ab. Am Montag wollen beide Fraktio­nen in Video­kon­fe­ren­zen beraten (beide 11.30 Uhr). Die Verab­schie­dung im Bundes­tag ist dann für Mittwoch vorge­se­hen. Der Bundes­rat will sich am Donners­tag damit befas­sen. Scholz sagte, er erwar­te «keine wesent­li­chen Änderungen».

Dessen ungeach­tet hielt die Kritik an. «Der Gesetz­ent­wurf muss an vielen Stellen korri­giert werden», sagte der Präsi­dent des Landkreis­ta­ges, Reinhard Sager, den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. Die geplan­ten Ausgangs­be­schrän­kun­gen wären «ein unver­hält­nis­mä­ßi­ger Eingriff in die Freiheits­rech­te der Menschen, weil dem kein überle­ge­ner Effekt zur Verhin­de­rung von Neuin­fek­tio­nen gegen­über­steht». Ähnlich äußer­te sich bereits andere Kriti­ker. Die FDP drohte abermals mit einer Verfassungsklage.

SPD-Frakti­ons­chef Rolf Mützenich wieder­hol­te in der «Bild am Sonntag» die Forde­rung seiner Frakti­on, Abend­spa­zier­gän­ge grund­sätz­lich zu erlau­ben. «Es muss möglich sein, dass sich Erwach­se­ne auch trotz aller Beschrän­kun­gen die Beine vertre­ten.» Befür­wor­ter der «Notbrem­se» — insbe­son­de­re Inten­siv­me­di­zi­ner — drängen darauf, angesichts der dritten Corona-Welle keine weite­re Zeit zu verlieren.