BERLIN (dpa) — Es wird das erste große Beschaf­fungs­pro­jekt für die Bundes­wehr nach Russlands Angriff auf die Ukrai­ne. Die Luftwaf­fe soll Kampf­flug­zeu­ge für das nuklea­re Abschre­ckungs­kon­zept der Nato bekommen.

Die Bundes­re­gie­rung will die Luftwaf­fe in einem milli­ar­den­schwe­ren Moder­ni­sie­rungs­pro­gramm mit F‑35-Tarnkap­pen­jets ausrüsten.

Die Maschi­nen des Herstel­lers Lockheed Martin sollen als Nachfol­ger der vor über 40 Jahren einge­führ­ten Torna­do-Flotte beschafft werden, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regie­rungs­krei­sen in Berlin erfuhr.

Die F‑35 gilt als moderns­tes Kampf­flug­zeug der Welt und wird auch für die sogenann­te Nuklea­re Teilha­be Deutsch­lands gekauft, ein Abschre­ckungs­kon­zept der Nato, bei dem Verbün­de­te Zugriff auf US-Atombom­ben haben. Wegen ihrer spezi­el­len Form und Außen­be­schich­tung ist die Maschi­ne für gegne­ri­sches Radar nur schwer zu entdecken.

Bis zu 50 neue Jets für die Bundeswehr

Vorge­se­hen ist nach dpa-Infor­ma­tio­nen, bis zu 35 der Tarnkap­pen­jets zu kaufen. Der bislang genutz­te und nur mit immer größe­ren Aufwand einsatz­fä­hig zu halten­de Torna­do wird in der Bundes­wehr bisher auch für den elektro­ni­schen Luftkampf einge­setzt — das Stören, Nieder­hal­ten und Bekämp­fen gegne­ri­scher Luftabwehrstellungen.

Für diese Aufga­be sollen nach Infor­ma­tio­nen der Deutschen Presse-Agentur weite­re Eurofigh­ter gekauft werden — nach dem Stand des Vorha­bens 15 Stück. Der Herstel­ler Airbus muss diese aber in den nächs­ten Jahren erst noch technisch ausstat­ten, was als überaus anspruchs­voll gilt.

Frühe­re Pläne des Vertei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums sahen vor, das US-Flugzeug F‑18 zu kaufen, das für einen Einsatz mit Atomwaf­fen erst noch hätte zerti­fi­ziert werden müssen. Nach einem Gespräch von Vertei­di­gungs­mi­nis­te­rin Chris­ti­ne Lambrecht mit Kanzler Olaf Scholz im Januar (beide SPD) war ein breiter angeleg­ter Prüfauf­trag erteilt worden. Dabei wurde auch die F‑35 in den Blick genom­men. Sie ist bereits für Atomwaf­fen zerti­fi­ziert sowie begrenzt den elektro­ni­schen Kampf ausgerüstet.

«Syner­gie­ef­fek­te» für die Nato-Partner

Frühe­re Beden­ken der Bundes­re­gie­rung, der Kauf der F‑35 könnte die gemein­sam mit Frank­reich betrie­be­nen Pläne für den Bau eines europäi­schen «Kampf­flug­zeugs der Zukunft» (FCAS/Future Combat Air System) konter­ka­rie­ren, sind nun in den Hinter­grund getre­ten und schei­nen aus Sicht Berlins weitge­hend entkräf­tet. Im Fall der F‑35 wurde zuletzt darauf verwie­sen, dass auch Nato-Partner in Europa die Maschi­ne nutzen und so «Syner­gie­ef­fek­te» im Betrieb möglich seien.

Die Ampel-Koali­tio­nä­re hatten die Beschaf­fung eines Torna­do-Nachfol­gers im Koali­ti­ons­ver­trag verein­bart. «Wir werden zu Beginn der 20. Legis­la­tur­pe­ri­ode ein Nachfol­ge­sys­tem für das Kampf­flug­zeug Torna­do beschaf­fen. Den Beschaf­fungs- und Zerti­fi­zie­rungs­pro­zess mit Blick auf die nuklea­re Teilha­be Deutsch­lands werden wir sachlich und gewis­sen­haft beglei­ten», hielten SPD, Grüne und FDP fest.

Thermo­nu­klea­re B61-Gravi­ta­ti­ons­bom­ben in der Eiffel

Offizi­ell nie bestä­tigt, aber eine Art offenes Geheim­nis: In Büchel in der Eifel sollen 20 thermo­nu­klea­re B61-Gravi­ta­ti­ons­bom­ben der US-Streit­kräf­te lagern, die bisher unter deutsche Torna­dos geklinkt werden können.

In Reakti­on auf den Ukrai­ne-Krieg und die Drohun­gen von Kreml-Chef Wladi­mir Putin gegen den Westen hatte Bundes­kanz­ler Scholz ein einma­li­ges «Sonder­ver­mö­gen» von 100 Milli­ar­den Euro und eine deutli­che Aufsto­ckung der jährli­chen Vertei­di­gungs­aus­ga­ben angekün­digt. Künftig sollen Jahr für Jahr mehr als zwei Prozent des Brutto­in­lands­pro­dukts in Vertei­di­gung inves­tiert werden.

Ende Febru­ar hatte die Vorsit­zen­de des Vertei­di­gungs­aus­schus­ses, Marie-Agnes Strack-Zimmer­mann, gefor­dert: «Als ersten Schritt gehört heute noch die Torna­do-Nachfol­ge auf den Tisch. Jetzt muss die F‑35 her, das moderns­te Kampf­flug­zeug der Welt und von vielen unserer Partner genutzt», sagte die FDP-Politi­ke­rin. Der Krieg in der Ukrai­ne zeige deutlich, «Angrif­fe werden aus der Luft geführt und müssen entspre­chend beant­wor­tet bezie­hungs­wei­se verhin­dert werden».