WEINGARTEN — Ein Unfall, ein Schlag­an­fall oder eine Beein­träch­ti­gung von Geburt an können dazu führen, dass ein Mensch seine Arbeits­kraft nicht am so genann­ten ersten Arbeits­markt erbrin­gen kann. Im geschütz­ten Umfeld der Integra­ti­ons-Werkstät­ten Oberschwa­ben gGmbH finden viele Menschen mit Behin­de­rung eine Arbeit, die ihnen Spaß macht, an der sie wachsen und sich persön­lich entwi­ckeln können.

2018 hat der direkt gewähl­te Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te für Oberschwa­ben und das Allgäu, Axel Müller, 30 Ganzta­ges-Prakti­ka in verschie­de­nen Betrie­ben absol­viert. Während seiner Sommer­tour war Müller unter anderem als Pfleger, Handwer­ker, Friseur­ge­sel­le, Maler- und Lackie­rer, Monteur und Gärtner im Einsatz.

Seitdem hat Axel Müller tagewei­se in weite­re Berufe und Branchen hinein­ge­schnup­pert, um sich ein eigenes Bild von der Situa­ti­on am Arbeits­markt zu machen. „Für mich sind diese Einsät­ze von großer Bedeu­tung. Ich bekom­me einfach ein anderes Empfin­den dafür, was geleis­tet wird, wenn ich es gesehen bzw. selbst mitge­ar­bei­tet habe“, beschreibt Axel Müller seine Praktika.

Über diese Arbeits­prak­ti­ka berich­tet Axel Müller norma­ler­wei­se nicht, doch sein Einsatz bei den Integra­ti­ons-Werkstät­ten Oberschwa­ben gGmbH (iwo) in Weingar­ten stellt eine Ausnah­me dar. Seit März 2022 ist Martin Fröhlich der Geschäfts­füh­rer der iwo und plant viele Aktio­nen für die iwo. Auch die bundes­wei­te Kampa­gne „Schicht­wech­sel“, die im Septem­ber 2022 statt­fin­det, wird von der iwo unter­stützt: Für einen Tag tauschen eine Person des allge­mei­nen Arbeits­mark­tes und ein Mensch mit Behin­de­rung ihre Arbeits­plät­ze, um sich ein Bild vom Arbeits­all­tag des anderen zu machen.

Da ein Tausch mit dem Bundes­tags­bü­ro von Axel Müller nicht möglich ist, hat Müller im Septem­ber 2022 zwei Tage lang ein Prakti­kum bei der iwo in Weingar­ten absol­viert. Am ersten Tag arbei­te­te er im Förder- und Betreu­ungs­be­reich von mehrfach behin­der­ten Menschen mit und schau­te beim Berufs­bil­dungs­be­reich zu. Den zweiten Tag verbrach­te Axel Müller in der Integra­ti­ons­werk­statt – und durfte kräftig mit anpacken.

Produk­ti­ons­lei­ter Stefan Barcze­feld führte Axel Müller zunächst durch die Werkstät­ten, in denen die Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter nach ihren Fähig­kei­ten und dem jewei­li­gen Betreu­ungs­be­darf einge­setzt werden.

Die Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter, die bei der iwo arbei­ten, sind zwischen 18 und 60 Jahre alt und werden in verschie­de­ne Arbeits­grup­pen einge­teilt. Der Perso­nen­schlüs­sel variiert hier zwischen 1:3 und 1:12. Je nach Grad der Beein­träch­ti­gung erhal­ten drei Menschen mit Behin­de­rung eine Betreu­ung, oder zwölf Perso­nen werden von einer Person im Arbeits­all­tag betreut.

Im Arbeits­be­reich 2, in dem Axel Müller mitar­bei­te­te, ist Sandra Schäd­ler die Gruppen­lei­te­rin. Sie arbei­tet seit 2014 bei der iwo und ist Arbeits­er­zie­he­rin. Sie genie­ße das spannen­de Spektrum, das ihr die Arbeit in der iwo biete, sagte sie.

Die iwo übernimmt als Partner von Indus­trie, Handwerk und Kommu­nen zahlrei­che Dienst­leis­tun­gen. Die Menschen mit Behin­de­rung werden bei der Produk­ti­on von Fachkräf­ten wie Werkzeug­ma­chern, Maschi­nen­bau­tech­ni­kern, Schrei­ner- und Elektri­ker­meis­tern angeleitet.

In der Integra­ti­ons­werk­statt werden zum Beispiel Kalen­der und Sitzpols­ter verpackt, oder alte Notebooks und Bücher für den Wieder­ver­kauf aufbe­rei­tet. Im Arbeits­be­reich 2 werden unter anderem Bautei­le zusam­men­ge­setzt, für die viel handwerk­li­ches Geschick gefragt ist. Axel Müller durfte hier unter realen Bedin­gun­gen mitarbeiten.

Zunächst durfte Müller Shampoo­fla­schen für einen Advents­ka­len­der in grünes Geschenk­pa­pier einpa­cken. Dabei kam es darauf an, dass die Päckchen nicht nur gleich­mä­ßig verpackt werden, sondern auch alle die gleiche Höhe haben.

Der Mitar­bei­ter Lukas zeigte Axel Müller, wie er ein Bauteil mit einem Karabi­ner verbin­det – und zwar mit den Füßen. Dies nachzu­ma­chen war für den Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten Müller schon ein kniff­li­ges Unter­fan­gen, das Lukas begeis­tert beobachtete.

Schließ­lich baute Axel Müller eine Seilrol­le und ein Bauteil für einen Handhe­be­zug mit nur einer Hand zusam­men. Da aller­dings gerade nach einem Unfall die ursprüng­lich stärke­re Seite betrof­fen ist, dufte Müller hier nur seine linke Hand einsetzen.

Die Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­ter mit Behin­de­rung schau­ten gespannt zu, wie Axel Müller die Arbeits­pro­zes­se bewäl­tig­te. Hinter­her hatten sie auch noch die Möglich­keit mit dem Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­ten Müller ins Gespräch zu kommen und ihm direkt Fragen zu stellen. Dabei ging es dann um Themen wie die Masken­pflicht im Zug, den Krieg in der Ukrai­ne und natür­lich auch, ob Axel Müller das Prakti­kum in der iwo Spaß gemacht habe.

Das Ziel der iwo ist es, dass alle Menschen, unabhän­gig von einer Behin­de­rung, am Arbeits­le­ben und der Gesell­schaft teilha­ben können. Jeder Mensch hat daher auch ein Recht auf lebens­lan­ges Lernen und Bildung. Auf diesem Grund­satz basiert die Arbeit der iwo.

Axel Müllers Fazit zum Besuch bei der iwo: „Natür­lich kannte ich die iwo und die Werkstät­ten bereits. Doch ich bin sehr dankbar für dieses Prakti­kum. Es ist beein­dru­ckend, welche Fertig­kei­ten jemand mit Einschrän­kun­gen entwi­ckeln kann.“ Seine Eindrü­cke aus dem Prakti­kum nimmt Axel Müller als wertvol­len Impuls für seine Arbeit im Deutschen Bundes­tag mit und der Bundes­tags­ab­ge­ord­ne­te ergänz­te: „Ich danke der iwo sehr, dass mir die Möglich­keit gegeben wurde, ein Prakti­kum in der Integra­ti­ons­werk­statt zu absolvieren.“