KARLSRUHE (dpa) — Alle reden über Corona — dabei ist eine Impfung auch bei anderen Krank­hei­ten wichtig. Seit 2020 gibt es eine Masern-Impfpflicht. Das ist zumut­bar, entschei­det nun Karlsruhe.

Die vor rund zweiein­halb Jahren einge­führ­te Masern-Impfpflicht unter anderem für Kita-Kinder bleibt in Kraft. Das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt wies mehre­re Klagen betrof­fe­ner Famili­en zurück, wie die Karls­ru­her Richte­rin­nen und Richter am Donners­tag mitteil­ten. Die Grund­rechts­ein­grif­fe seien nicht unerheb­lich, aber derzeit zumut­bar. «Ohne Verstoß gegen Verfas­sungs­recht hat der Gesetz­ge­ber dem Schutz durch eine Masern­in­fek­ti­on gefähr­de­ter Menschen den Vorrang vor den Inter­es­sen der beschwer­de­füh­ren­den Kinder und Eltern einge­räumt.» (Az. 1 BvR 469/20 u.a.)

Die Impfpflicht soll dazu beitra­gen, die Masern eines Tages ganz auszu­rot­ten. Exper­ten gehen davon aus, dass das hochan­ste­cken­de Virus erst dann keine Chance mehr hat, wenn flächen­de­ckend mindes­tens 95 Prozent der Bevöl­ke­rung geimpft sind. Das ist noch nicht erreicht.

Im Fokus stehen vor allem Gemein­schafts­ein­rich­tun­gen wie Kitas und Schulen. Seit 1. März 2020 dürfen Kitas Kinder ab einem Jahr nur noch aufneh­men, wenn sie geimpft sind oder schon die Masern hatten. Bei Tages­müt­tern gelten diesel­ben Regeln. Eltern bereits betreu­ter Kinder hatten bis 31. Juli 2022 Zeit, den Nachweis vorzu­le­gen. Von der Schule wird wegen der Schul­pflicht zwar kein Kind ausge­schlos­sen. Den Eltern drohen aber Bußgel­der von bis zu 2500 Euro.

Kein unver­hält­nis­mä­ßi­ger Eingriff in Grundrechte

Die vier Eltern­paa­re mit ungeimpf­tem Klein­kind hatten geklagt, weil sie darin einen unver­hält­nis­mä­ßi­gen Eingriff in das Grund­recht auf körper­li­che Unver­sehrt­heit und ihr Erzie­hungs­recht sehen.

Exper­ten warnen vor dem Trugschluss, die Masern seien nur eine harmlo­se Kinder­krank­heit. Es kann zu Kompli­ka­tio­nen kommen, und das Immun­sys­tem bleibt für länge­re Zeit geschwächt. Eine selte­ne Spätfol­ge ist eine Gehirn­ent­zün­dung, die fast immer tödlich endet. Eine möglichst hohe Impfquo­te schützt auch Menschen, die nicht geimpft werden können, wie Säuglin­ge oder Schwangere.

Die Impfpflicht gilt auch noch in anderen Einrich­tun­gen, in denen viele Menschen zusam­men­kom­men, etwa in Flücht­lings­un­ter­künf­ten. Umfasst sind auch die Beschäf­tig­ten, also zum Beispiel Lehre­rin­nen und Erzie­her. Das Perso­nal in Kranken­häu­sern oder Arztpra­xen muss ebenfalls gegen die Masern geimpft oder immun sein.

Ausge­nom­men sind alle, die vor 1971 geboren sind. Bei den Älteren geht man davon aus, dass sie höchst­wahr­schein­lich sowie­so einmal die Masern hatten. Denn die Impfung wird in der Bundes­re­pu­blik erst seit 1974 empfoh­len. In der DDR war sie seit 1970 für Kinder Pflicht.

Seit März gibt es in Deutsch­land außer­dem eine Corona-Impfpflicht für Gesund­heits- und Pflege­per­so­nal. Diese hatte das Verfas­sungs­ge­richt noch im Frühjahr überprüft und ebenfalls gebilligt.