BERLIN (dpa) — Borus­sia Dortmund spielt eine Halbzeit wie im Rausch — und holt den Pokal. Gegen RB Leipzig brillie­ren insbe­son­de­re die Jungstars, aber auch Anfüh­rer Marco Reus. Julian Nagels­mann verlässt dagegen die Leipzi­ger ohne Pokal.

BVB-Kapitän Marco Reus küsste den golde­nen DFB-Pokal und reckte ihn unter dem Jubel der Dortmun­der Titel­hel­den in den Berli­ner Nacht­him­mel. Etwas abseits strahl­te Trainer Edin Terzic, ehe der 38-Jähri­ge die ersehn­te Trophäe selbst zu packen bekam.

Nach einem DFB-Pokal­fi­na­le teils wie im Rausch beim 4:1 (3:0) gegen RB Leipzig berei­te­ten sich die glück­se­li­gen BVB-Profis auf eine inten­si­ve Nacht vor. Den geschla­ge­nen Sachsen blieb dagegen nur die frustrie­ren­de Heimfahrt, Trainer Julian Nagels­mann verab­schie­det sich in ein paar Wochen ohne Titel zum FC Bayern.

«Das war ein unglaub­li­cher Moment», sagte Reus in der ARD zum Moment der Pokal­über­ga­be um 22.56 Uhr. «Ich bin unheim­lich stolz. Wir haben den Pott, das ist für die Fans.» Clubchef Hans-Joachim Watzke freute sich «sehr», auch wenn die Partie nicht «so ein deutli­ches Ding» gewesen sei. «Wir wussten, dass es ein sehr wichti­ges Spiel wird», sagte Jadon Sancho. «Ich bin sehr glücklich.»

Der Englän­der (5./45.+1 Minute) und Wunder­stür­mer Erling Haaland (28./87.) trafen im 78. Pokal­fi­na­le im verreg­ne­ten Berli­ner Olympia­sta­di­on für Dortmund. Das Tor von Dani Olmo (71.) kam trotz mutiger Schluss­pha­se für die Leipzi­ger zu spät. «Insge­samt macht es ein Rückstand so früh im Finale nicht leich­ter», sagte Nagels­mann. «Dortmund hatte drei Situa­tio­nen, schießt drei Tore.» Wie schon vor zwei Jahren schei­ter­ten die Sachsen krachend im Endspiel. «Wir sind das zweite Mal in drei Jahren da und bekom­men das zweite Mal auf den Sack, das ist natür­lich bitter», sagte RB-Vorstands­chef Oliver Mintzlaff in der ARD.

Fünf Tage nach dem Dortmun­der 3:2‑Sieg in der Bundes­li­ga hatte sich Nagels­mann für seine letzte Titel­chan­ce mit RB viel vorge­nom­men. In schwar­zer Winter­ja­cke stand der 33-Jähri­ge zumin­dest zu Beginn energie­ge­la­den an der Seiten­li­nie. Er hader­te, als Marcel Sabit­zer seinen Schuss in den Anfangs­mi­nu­ten etwas zu hoch ansetz­te (4.) — und noch viel mehr, als die BVB-Profis die Leipzi­ger mit ihrem ersten schnel­len Angriff überrannten.

Nach starkem Zweikampf des glänzend aufspie­len­den Marco Reus gegen Kevin Kampl ging der Ball über Stürmer­star Haaland und Mahmoud Dahoud zu Sancho. Der junge Englän­der traf überlegt von der Straf­raum­gren­ze mit einem Rechts­schuss ins lange Eck. BVB-Trainer Edin Terzic ballte die Hand jubelnd zur Faust. Sancho erziel­te sein fünftes Pokal­tor in dieser Saison.

Auf der Tribü­ne im fast leeren Olympia­sta­di­on schau­te bei ungemüt­li­chem Wetter auch Bundes­trai­ner Joachim Löw als einer der wenigen Zuschau­er zu. Der vor dem Rücktritt stehen­de DFB-Präsi­dent Fritz Keller hatte sich die Reise nach Berlin trotz der tiefen Krise im Verband ebenfalls nicht nehmen lassen, am Freitag muss Keller wegen seines Nazi-Vergleichs vor dem Sport­ge­richt erschei­nen. Dass die Pokal­über­ga­be aber statt des 64-Jähri­gen zwei Jugend­li­che aus dem Nachwuchs­fuß­ball überneh­men, hatte der DFB schon vor der Partie mitgeteilt.

Auf dem Rasen erhol­te sich Leipzig zwar recht schnell von dem frühen Rückstand und versuch­te, den Bundes­li­ga­vier­ten mit frühem Pressing unter Druck zu setzen. Die Dortmun­der, die ihre voraus­ge­gan­ge­nen sieben Spiele gegen Leipzig nicht verlo­ren hatten, konter­ten aber enorm clever — und sie hatten Haaland. Der 20 Jahre alte Norwe­ger setzte sich mit einer ganz starken Einzel­ak­ti­on gegen den künfti­gen Bayern-Profi Dayot Upame­ca­no durch und traf mit Links zum 2:0. Der kanti­ge Stürmer schrie seinen Jubel in den Berli­ner Abend­him­mel. Terzic gab an der Seiten­li­nie schon wieder Anwei­sun­gen an Mats Hummels weiter.

Der Dortmun­der Trainer, der in der kommen­den Saison von Marco Rose ersetzt wird und — Stand heute — wieder auf die Positi­on des Assis­ten­ten zurück­keh­ren soll, hatte den BVB in den vergan­ge­nen Wochen wieder zum Sieger­team geformt. «Wir sind sehr zuver­sicht­lich und selbst­be­wusst», hatte der 38-Jähri­ge vor der Partie bei Sky gesagt und alle Diskus­sio­nen über seine Zukunft abgeblockt. Für den BVB-Coach lief alles nach Plan — erst recht nach dem 3:0.

Wieder ein schnel­ler Angriff nach schwa­chem Leipzi­ger Zweikampf­ver­hal­ten, wieder war Reus betei­ligt. Der 31-Jähri­ge legte nach einem Sprint in den Straf­raum auf Sancho, der den Leipzi­ger Träumen vom ersten Titel der Vereins­ge­schich­te den nächs­ten herben Dämpfer verpass­te. Nagels­mann stapf­te in der Halbzeit frustriert Richtung Kabine. «Das Ergeb­nis ist schon auch brutal für Leipzig», sagte Löw in der Halbzeit in der ARD. «Drei Tore aufzu­ho­len, wird richtig schwer.»

Leipzig versuch­te unmit­tel­bar nach Wieder­an­pfiff alles. Der zur zweiten Halbzeit einge­wech­sel­te Chris­to­pher Nkunku wurde von Nordi Mukie­le bedient, schei­ter­te aber an der Latte (46.). Es folgten teils wüten­de Angrif­fe des Tabel­len­zwei­ten. Sabit­zer prüfte BVB-Torwart Roman Bürki (48.), Olmo versuch­te es mehrmals mit Fernschüs­sen — der knapp 20 Minuten vor Schluss aus zentra­ler Positi­on passte perfekt.

Leipzig hoffte wieder. Zumal kurz zuvor Thorgan Hazard das vierte BVB-Tor nach einem Konter verpasst hatte, als er die Vorar­beit von Reus nicht verwer­ten konnte (66.). Die Dortmun­der konnten sich nur noch selten dem Leipzi­ger Druck entzie­hen — und Sancho vertän­del­te nach einem Konter die nächs­te große Chance für den BVB (84.). Haaland machte es dann besser und sorgte für wilden Jubel unter den Dortmun­der Profis.

Von Heinz Büse, Tom Bachmann und Jan Mies, dpa