BERLIN (dpa) — König Charles III. und Queen Camil­la werden zum Staats­be­such in Deutsch­land erwar­tet. Es ist die erste Auslands­rei­se des neuen briti­schen Königs. Im Schloss Belle­vue ist die Vorfreu­de groß.

Staats­be­su­che sind nichts Ungewöhn­li­ches in Berlin — dieser aber wird beson­ders werden. Das zeich­net sich schon ab, bevor König Charles III. und Queen Camil­la an diesem Mittwoch nach Deutsch­land kommen. Ihre Gastge­ber, Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er und seine Frau Elke Büden­ben­der, messen der Visite heraus­ra­gen­de Bedeu­tung zu. Aus Stein­mei­ers Sicht geht es um nicht weniger als darum, ein «neues Kapitel in den deutsch-briti­schen Bezie­hun­gen aufzu­schla­gen», wie es im Bundes­prä­si­di­al­amt heißt.

Charles gilt zwar als sehr guter Kenner Deutsch­lands, wo er bereits rund 40 Mal war. Erstmals kommt er jedoch in seiner neuen Rolle als König — und das noch vor seiner Krönung am 6. Mai. «Dieser frühe Besuch unter­streicht die enge und herzli­che Freund­schaft zwischen unseren Ländern und unseren Bürge­rin­nen und Bürgern», sagte Stein­mei­er schon bei der Bekannt­ga­be der Reise Anfang März in einer Video­bot­schaft. Es wird auch die erste Auslands­rei­se von Charles nach seiner Ernen­nung zum König im Septem­ber sein. Dass Frank­reich, das ursprüng­lich als erste Stati­on vorge­se­hen war, wegen der dorti­gen Protest­wel­le kurzfris­tig vom Reise­plan gestri­chen wurde, macht den Besuch in Deutsch­land aus Sicht der Gastge­ber nochmals bedeutender.

21 Schuss Salut bekom­men nur ganz wenige

Schon der Empfang am Flugha­fen wird ungewöhn­lich sein: 21 Schuss Salut bekommt nur selten ein Gast. Eine Premie­re wird im Anschluss die Begrü­ßung mit militä­ri­schen Ehren direkt nach der Fahrt in die Haupt­stadt. Nicht wie üblich vor dem Schloss Belle­vue oder dahin­ter im Park soll diese statt­fin­den, sondern am Wahrzei­chen Berlins, dem Branden­bur­ger Tor. Dort wurde noch nie ein Staats­gast begrüßt.

Das Zeremo­ni­ell aber wird wie üblich sein: Das Stabs­mu­sik­korps der Bundes­wehr wird beide Natio­nal­hym­nen spielen, Gast und Gastge­ber werden die angetre­te­ne Ehren­for­ma­ti­on des Wachba­tail­lons abschrei­ten. Bürger und Besucher der Stadt werden hier eine gute Gelegen­heit haben, einen Blick auf die royalen Gäste zu werfen.

Das Programm

Das Programm des Staats­be­suchs werde Vergan­gen­heit, Gegen­wart und Zukunft der beider­sei­ti­gen Bezie­hun­gen wider­spie­geln, heißt es im Schloss Belle­vue. Der erste inhalt­li­che Programm­punkt zielt auf die Zukunft ab: Charles wird an einem Empfang im Schloss Belle­vue zum Thema Energie­wen­de und Nachhal­tig­keit teilneh­men, zu dem Akteu­re aus Politik, Forschung, Wirtschaft und Zivil­ge­sell­schaft einge­la­den sind.

Festlich wird es später am Abend, wenn Stein­mei­er und Büden­ben­der beim Staats­ban­kett im Schloss Belle­vue rund 130 Gäste empfan­gen. Ihnen wird ein Vier-Gänge-Menü serviert werden, das vorab geheim gehal­ten wird. Zu erfah­ren war so viel: Koch Jan-Göran Barth teile mit dem König die Vorlie­be für regio­na­le und saiso­na­le Küche. Und auf den Tellern werde sich mit Sicher­heit auch das eine oder andere Produkt aus dem branden­bur­gi­schen Ökodorf Brodo­win wieder­fin­den, das Charles am Donners­tag­nach­mit­tag besuchen will. Seine Tisch­re­de will der König dem Verneh­men nach teilwei­se in Deutsch halten.

Rede im Bundes­tag am Donnerstag

Dies gilt auch für die Rede im Deutschen Bundes­tag am Donners­tag. Um die Mittags­zeit, zwischen Debat­ten über die Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen und über den Bundes­wehr-Einsatz im Südsu­dan, wird Charles III. zu den Abgeord­ne­ten sprechen. Der Plenar­saal im Reichs­tag ist ihm wohlbe­kannt. Im Novem­ber 2020 hielt er hier beim zentra­len Geden­ken zum Volks­trau­er­tag eine bewegen­de Rede, in der er die tiefe Partner­schaft zwischen Großbri­tan­ni­en und Deutsch­land beschwor. «Wir werden immer Freun­de, Partner und Verbün­de­te sein», sagte er damals.

Dieser Gedan­ke liegt auch über dem ganzen Besuch jetzt. Die Stimmung zwischen Großbri­tan­ni­en und der Europäi­schen Union — und damit auch mit Deutsch­land — war wegen des Brexits zeitwei­se erheb­lich einge­trübt. Doch mit diesem Besuch lasse man die «Wirren der Trennung» in den Hinter­grund treten und schaue gemein­sam wieder nach vorn, heißt es im Schloss Bellevue.

Als Beleg dafür wird auch die gemein­sa­me Hilfe für die Ukrai­ne angeführt. Stein­mei­er weist immer wieder darauf hin, dass Deutsch­land und Großbri­tan­ni­en in Europa die größten militä­ri­schen Unter­stüt­zer des von Russland angegrif­fe­nen Landes seien. Auch zum Schutz der Nachbarn arbei­ten sie eng zusam­men. Soeben hat sich Stein­mei­er in Estland die gemein­sa­me Überwa­chung des Luftraums über dem Balti­kum durch deutsche und briti­sche Eurofigh­ter angeschaut.

Besuch bei Soldaten

Jetzt wird er am Donners­tag zusam­men mit König Charles in Finow­furt nördlich von Berlin Solda­tin­nen und Solda­ten des deutsch-briti­schen Pionier­brü­cken­ba­tail­lons 130 besuchen. Gerade sicher­heits­po­li­tisch stehe man enger denn je seit dem Brexit zusam­men, heißt es im Bundespräsidialamt.

Steht dieser Programm­punkt für die Gegen­wart der Bezie­hun­gen, so folgt am dritten Tag ein Blick in die — dunkle — Vergan­gen­heit. Gäste und Gastge­ber werden am Freitag zunächst mit einem regulä­ren ICE der Deutschen Bahn nach Hamburg fahren. Erster Besuchs­punkt dort: das Denkmal «Kinder­trans­port – der letzte Abschied». Die Bronze­plas­tik am Bahnhof Hamburg Dammtor erinnert an die Trans­por­te deutscher, als jüdisch einge­stuf­ter Kinder in der NS-Zeit nach Großbritannien.

Anschlie­ßend will Charles an der Ruine von St. Nikolai einen Kranz nieder­le­gen. Die im Zweiten Weltkrieg im alliier­ten Bomben­ha­gel weitge­hend zerstör­te Kirche ist heute Hamburgs zentra­le Gedenk­stät­te für die Opfer des NS-Regimes.

Auf Tuchfüh­lung in Hamburg

Auch die Hambur­ge­rin­nen und Hambur­ger werden Gelegen­heit bekom­men, mit dem briti­schen Königs­paar etwas auf Tuchfüh­lung zu gehen. Charles und Camil­la wollen sich im Rathaus ins Golde­ne Buch der Hanse­stadt eintra­gen. Am Rathaus­markt soll es die Möglich­keit für eine Begeg­nung mit ihnen geben. Bei der anschlie­ßen­den Hafen­rund­fahrt soll es auch um das Thema nachhal­ti­ge Wirtschaft gehen. Ein Empfang auf Einla­dung der briti­schen Botschaft rundet das Programm ab.

Gastge­ber Stein­mei­er wird Charles alle drei Tage beglei­ten — auch dies alles andere als üblich bei Staats­be­su­chen. Und ein Zeichen für die «Sympa­thie und persön­li­che Zunei­gung» zwischen beiden Staats­ober­häup­tern, von der vorab im Schloss Belle­vue die Rede war.

Von Ulrich Stein­kohl, dpa