PEKING (dpa) — Nach massi­ven Protes­ten kündigt China bei Corona einen Kurswech­sel an: Quaran­tä­ne ist jetzt auch zuhau­se möglich. Außer­dem soll es weniger Lockdowns und PCR-Tests geben. Droht jetzt eine Infektionswelle?

Im Kampf gegen die Corona-Pande­mie hat China seine harten Null-Covid-Maßnah­men nach Protes­ten in der Bevöl­ke­rung etwas gelockert. Der Staats­rat des 1,4‑Milliarden-Einwohner-Landes verkün­de­te am Mittwoch in Peking einen neuen Zehn-Punkte-Plan. Dazu gehören Erleich­te­run­gen für Quaran­tä­ne, PCR-Tests und Lockdowns. Für asympto­ma­tisch Infizier­te und bei leich­ten Krank­heits­ver­läu­fen soll es «grund­sätz­lich» möglich sein, auch zuhau­se in Isola­ti­on zu gehen. Nach einer Woche Heimqua­ran­tä­ne sind dann zwei negati­ve PCR-Tests nötig, um sich wieder frei bewegen zu können. Enge Kontakt­per­so­nen sollen sich fünf Tage zuhau­se isolie­ren und dann freites­ten können.

Die anhal­ten­den strik­ten Beschrän­kun­gen nach inzwi­schen schon fast drei Jahren Pande­mie hatten in dem riesi­gen Land für Unmut gesorgt. Vor knapp zwei Wochen rollte die größte Protest­wel­le seit Jahrzehn­ten durch verschie­de­ne chine­si­sche Städte. Ein starkes Polizei­auf­ge­bot hatte danach weite­re Demons­tra­tio­nen verhin­dert. Der Protest richte­te sich gegen Ausgangs­be­schrän­kun­gen für Wohnan­la­gen oder ganze Stadt­vier­tel, Zwangs­qua­ran­tä­ne, zum Teil fast tägli­che Testpflicht und andere harte Null-Covid-Maßnahmen.

Nun sollen Lockdowns sich nur noch auf Gebäu­de, Wohnein­hei­ten, Stock­wer­ke oder Haushal­te bezie­hen — nicht «willkür­lich» auf Bezirk, Straße oder gesam­te Gegend ausge­wei­tet werden, wie der Staats­rat weiter mitteil­te. Gesund­heits­codes oder negati­ve PCR-Tests sollen auch nicht mehr notwen­dig sein, wenn Menschen zwischen Regio­nen reisen. Auch Zahl und Häufig­keit der Tests sollen verrin­gert werden.

Größte Welle von Infek­tio­nen seit Pandemie-Beginn

Ein negati­ver PCR-Test sei künftig nicht mehr generell nötig — außer für Perso­nal in Grund- und Mittel­schu­len, medizi­ni­sche Einrich­tun­gen, Pflege­hei­me oder auch Waisen­häu­ser, hieß es weiter. Wichti­ge Staats­or­ga­ne, große Unter­neh­men und andere spezi­el­le Einrich­tun­gen könnten trotz­dem nach ihren eigenen Vorbeu­gungs­plä­nen handeln.

Zuvor schon hatten die Behör­den erste «Optimie­run­gen» ihrer Null-Covid-Maßnah­men erlas­sen. Die jetzi­gen Erleich­te­run­gen gehen aber weit darüber hinaus. China wird seit ein paar Wochen von der größten Welle von Infek­tio­nen seit Beginn der Pande­mie heimge­sucht — auch wenn die absolu­ten Zahlen im inter­na­tio­na­len Vergleich niedrig sind. Befürch­tet wird nun, dass die Zahlen wieder deutlich steigen könnten. Exper­ten warnen, dass das schlecht entwi­ckel­te Gesund­heits­sys­tem überfor­dert sein könnte.

Die Gesund­heits­kom­mis­si­on berich­te­te am Mittwoch von rund 25 000 Neuin­fek­tio­nen an einem Tag. Die Zahlen sind seit Tagen rückläu­fig, nachdem Ende Novem­ber ein Höchst­stand von rund 40 000 erreicht worden war. Vize-Minis­ter­prä­si­den­tin Sun Chunlan hatte schon vergan­ge­ne Woche angedeu­tet, dass es zu einem Kurswech­sel kommen könnte. Sie sprach von einer neuen Phase, da die Omikron-Varian­te nicht mehr so krank­heits­er­re­gend sei und mehr Menschen geimpft seien.

Aller­dings soll die Impfung beson­ders älterer Menschen voran­ge­trie­ben werden, die in China unzurei­chend durch Vakzi­ne geschützt sind. Aus Angst vor Neben­wir­kun­gen wurden Ältere in dem 1,4‑Milliarden-Einwohner-Land bislang weniger geimpft. Nur 40 Prozent der Menschen über 80 Jahren haben eine Booster-Sprit­ze bekom­men. Es fehlt in der Bevöl­ke­rung auch an natür­li­cher Immuni­tät, da das abgeschot­te­te China bisher kaum Infek­tio­nen gesehen hat.