SAMARKAND (dpa) — Zum ersten Mal seit der Invasi­on in die Ukrai­ne wollen die Präsi­den­ten Russlands und Chinas zusam­men­tref­fen. Ein Gipfel­tref­fen in Usbeki­stan solll demons­trie­ren, dass Moskau keines­wegs isoliert ist.

In den Spannun­gen mit den USA und dem Westen suchen Russland und China den Schul­ter­schluss. Erstmals seit dem russi­schen Einmarsch in die Ukrai­ne wollten die Präsi­den­ten Wladi­mir Putin und Xi Jinping in Usbeki­stan zusammentreffen.

Beide Staats­füh­rer trafen im usbeki­schen Samar­kand ein, um am zweitä­gi­gen Gipfel der Shang­hai­er Organi­sa­ti­on für Zusam­men­ar­beit (SCO) teilzu­neh­men. Die Gruppe der acht Staaten unter Führung Chinas und Russlands hat sich Sicher­heit und Zusam­men­ar­beit auf die Fahnen geschrie­ben und will eine Alter­na­ti­ve zu der aus ihrer Sicht westlich dominier­ten Weltord­nung schaffen.

Putins Gespräch mit Xi Jinping soll sich nach russi­schen Angaben um den Ukrai­ne-Konflikt drehen. Beide Präsi­den­ten hatten sich zuletzt kurz vor Beginn des Kriegs zur Eröff­nung der Olympi­schen Winter­spie­le Anfang Febru­ar in Peking getrof­fen und ihre «grenzen­lo­se» Freund­schaft beschwo­ren. China gibt Russland seither Rücken­de­ckung und stellt die USA und die Nato als Haupt­schul­di­ge des Krieges dar. Xi Jinping setzt auf die Partner­schaft mit Putin, um in den wachsen­den Spannun­gen mit dem Rivalen USA gemein­sam Front zu machen.

Putin trifft auch Raisi, Modi und Erdogan

Für den russi­schen Präsi­den­ten ist der Gipfel mit insge­samt 15 Staats- und Regie­rungs­chefs aus Image­grün­den wichtig. Die Bilder von dem Treffen sollen aus russi­scher Sicht demons­trie­ren, dass Russland nach dem Einmarsch in der Ukrai­ne inter­na­tio­nal nicht isoliert ist. Putin wollte auch den irani­schen Präsi­den­ten Ebrahim Raisi und den pakista­ni­schen Premier­mi­nis­ter Shehbaz Sharif treffen. Am Freitag will Putin mit Indiens Premier­mi­nis­ter Naren­dra Modi sowie mit dem türki­schen Präsi­den­ten Recep Tayyip Erdogan zusammenkommen.

Mit Erdogan will Putin über die Umset­zung des Getrei­de­ab­kom­mens sprechen. Die Türkei ist Vermitt­ler in dem Deal, der die ukrai­ni­schen Seehä­fen nach monate­lan­ger russi­scher Seeblo­cka­de entsperrt hat. Die Wieder­auf­nah­me ukrai­ni­scher Getrei­de­aus­fuh­ren soll die weltwei­te Lebens­mit­tel­kri­se entspan­nen. Nach russi­schen Angaben geht aller­dings ein Großteil des Getrei­des nicht in arme Länder, sondern nach Europa. Zudem bemän­gelt Moskau, dass die Sanktio­nen gegen die russi­sche Dünge- und Lebens­mit­tel­in­dus­trie zumin­dest indirekt weiter anhalten.

Putin hält Rede über seine Vision von der Zukunft der Organisation

Bei der Sitzung des Rates der SCO-Staats­füh­rer am Freitag werde Putin eine Rede über seine Vision von der Zukunft der Organi­sa­ti­on halten, berich­te­te die Nachrich­ten­agen­tur Tass. Der 2001 zunächst vor allem mit dem Blick auf den Kampf gegen Terro­ris­mus gegrün­de­ten Gruppe gehören heute außer Russland, China, Indien und Pakistan auch Kasach­stan, Kirgi­stan, Tadschi­ki­stan und Usbeki­stan an.

Auf ihrem Gipfel will sich die Gruppe vergrö­ßern: Als neuntes Mitglied wird der Iran aufge­nom­men, der bislang Beobach­ter­sta­tus hatte. Auch berät die Organi­sa­ti­on über die Aufnah­me von Belarus, das wie die Mongo­lei Beobach­ter­sta­tus hat. Als Partner­län­der einge­stuft sind Armeni­en, Aserbai­dschan, Kambo­dscha, Nepal, Sri Lanka und die Türkei. Nach chine­si­schen Angaben hoffen auch Saudi-Arabi­en, die Verei­nig­ten Arabi­schen Emira­te und Katar auf eine Mitgliedschaft.

Xi Jinping meldet sich auf inter­na­tio­na­ler Bühne zurück

Mit seiner ersten Auslands­rei­se seit mehr als zweiein­halb Jahren meldet sich Chinas Staats­chef auch wieder persön­lich auf der inter­na­tio­na­len Bühne zurück. Wegen der Corona-Pande­mie hatte Xi Jinping die Volks­re­pu­blik nicht mehr verlas­sen und auch in Peking kaum auslän­di­sche Staats­gäs­te empfan­gen. Im Novem­ber will er nach indone­si­schen Angaben auch am Gipfel der großen Indus­trie­na­tio­nen (G20) auf Bali teilnehmen.

Während China im Angriffs­krieg gegen die Ukrai­ne die russi­sche Argumen­ta­ti­on unter­stützt, fordert es gleich­zei­tig «alle Betei­lig­ten» zur Einstel­lung der Feind­se­lig­kei­ten auf. Die chine­si­sche Seite vermei­det Verstö­ße gegen inter­na­tio­na­le Sanktio­nen, um nicht selbst zur Zielschei­be von Straf­maß­nah­men zu werden. Gleich­wohl hat der Handel zwischen beiden Ländern stark zugenom­men. Chine­si­sche Produk­te füllen sankti­ons­be­ding­te Markt­lü­cken in Russland. Auch bezieht China mehr Energie, seit der Westen russi­sche Liefe­run­gen boykottiert.

In Samar­kand sollen auch Indiens Premier­mi­nis­ter Modi und Xi Jinping zusam­men­tref­fen — zum ersten Mal seit der tödli­chen Konfron­ta­tio­nen beider Seiten an der umstrit­te­nen Grenze im Himala­ya 2020.