HAMBURG (dpa) – Sie war die erste Spreche­rin der «Tages­schau» und gehört zu Deutsch­lands bekann­tes­ten TV-Gesich­tern. Zu ihrem 80. Geburts­tag erzählt die Hambur­ge­rin Dagmar Berghoff von den Hürden auf ihrem Weg.

Dagmar Berghoff hat Fernseh­ge­schich­te geschrie­ben. Als erste Frau verlas sie am 16. Juni 1976 die Nachrich­ten der ARD-«Tagesschau». Sie blieb für 23 Jahre bis zu ihrem Abschied am Silves­ter­abend 1999 eine belieb­te und geschätz­te Spreche­rin der meist­ge­se­he­nen Sendung im deutschen Fernsehen.

Jahrzehn­te­lang war die souve­rä­ne blonde Hambur­ge­rin auch an anderer Stelle im TV zu sehen. Etwa war sie von 1982 bis 1984 Gastge­be­rin der «NDR Talk Show» oder führte von 1984 bis 1992 mit Max Schau­t­zer durchs «Wunsch­kon­zert» der ARD. Eine Publikums-«Goldene Kamera» und zwei «Bambis» würdi­gen ihr Werk. Am 25. Januar feiert sie ihren 80. Geburtstag.

Eine schwie­ri­ge Kindheit

Der Lebens­weg der in Ahrens­burg bei Hamburg aufge­wach­se­nen Berghoff war zu Beginn sehr steinig. Einiges Leidvol­le hat sie kürzlich in ihrem mit Constan­tin Schrei­ber vorge­leg­ten Buch «Guten Abend, meine Damen und Herren» (Hoffmann und Campe Verlag) erzählt. So hielten die Eltern, die im Krieg Stellung und Vermö­gen verlo­ren hatten, ihr dickes Baby, das mit leich­ter Missbil­dung einer Hand zur Welt kam, für vertauscht — und verhiel­ten sich oft lieblos. Als die depres­si­ve Mutter sich das Leben nahm, war Dagmar Berghoff sieben. Das in einer Baracken­sied­lung wohnen­de Kind musste auch mit Gesund­heits­stie­feln, einer dicken Zahnspan­ge und starkem Haaraus­fall fertig werden.

«Ich glaube, im Laufe der Zeit sind meine Wider­stands­kräf­te in mir gewach­sen», sagt Berghoff beim Inter­view der Deutschen Presse-Agentur in ihrer mit klassi­scher Kunst und Antiqui­tä­ten stilvoll einge­rich­te­ten Wohnung an einem Kanal der Hanse­stadt. Die Medien­da­me mit der erotisch-rauchi­gen Stimme, die Kaffee und Kekse serviert, antwor­tet sachlich und profes­sio­nell – und wirkt zugleich aufrich­tig und mensch­lich. Beson­ders am Wider­stand des Vaters, der eine kommen­de Chefse­kre­tä­rin in ihr sah, sei sie gereift, sagt Berghoff. Denn ihr Berufs­wunsch war Schau­spie­le­rin, seit sie mit neun Jahren gegen zehn Pfennig Eintritt selbst­ver­fass­te Stücke aufge­führt hatte. So schrieb sie mit 15 Jahren heimlich dem Schau­spiel­star Joseph Offen­bach (1904–1971, «Die Unver­bes­ser­li­chen») — und sprach ihm vor.

Sie wollte ans Theater gehen

Offen­bach fand sie begabt. Also ging Berghoff nach dem Abitur 1962 als Au-pair nach London und Paris, um Sprachen zu lernen. Und um dann mit dem Ziel einer Bühnen­lauf­bahn die staat­li­che Schau­spiel­schu­le in Hamburg zu besuchen. Mit Putzen und Post austra­gen, Geschirr­ab­wasch nachts im Bahnhof sowie in einer Käsefa­brik und hinter dem Tresen einer Bar verdien­te sie sich ihren Lebens­un­ter­halt. Doch nach ihrem Examen kam vieles anders als geplant. Trotz eines Angebots an das Theater in Münster machte Berghoff zunächst eine Sprecher­kar­rie­re beim damali­gen Südwest­funk (SWF) in Baden-Baden – und ging 1975 der Liebe wegen zurück nach Hamburg. Dort kam bald ein Anruf vom Norddeut­schen Rundfunk (NDR) – der Rest ist Fernsehgeschichte.

Gecas­tet wurde sie vom damali­gen Chefspre­cher Karl-Heinz Köpcke (1922–1991). Der stand auch bei ihrem ersten Auftritt in der 20-Uhr-Ausga­be dicht neben ihr. «Ich dachte, das machen die immer so. Aber er hat wohl gemeint, dass ich als Frau vielleicht doch die Nerven verlie­re und zusam­men­bre­che», erinnert sich Berghoff lächelnd. Als Quoten­frau habe sie sich nie gefühlt, das Wort habe es noch nicht gegeben. «Von Feminis­tin­nen wurde ich ja ein wenig als Vorrei­te­rin einge­nom­men. Doch das war nie meine Inten­ti­on. Ich bekam nur einen tollen Job angebo­ten — und den habe ich gemacht.» Dennoch sieht sich die Frau, die mit 47 Jahren den Arzt Peter Matthaes gehei­ra­tet hat, auf der Seite der Frauen­recht­le­rin­nen – aber eher entspannt.

Erst Verspre­cher, dann Lachanfall

Legen­där wurde 1988 ein Berghoff’scher Verspre­cher: die angeb­li­che «WC»-Tennismeisterschaft in Dallas, die Boris Becker gewon­nen habe – anstel­le von WTC. Worauf die Spreche­rin noch einen Lachan­fall bekam. Ihre Arbeit bei der «Tages­schau» beende­te die zur Chefspre­che­rin aufge­stie­ge­ne Berghoff auf eigenen Wunsch zum Ende des Jahrtau­sends. «Ich hatte mir dafür die Silves­ter­aus­ga­be 1999 überlegt», erzählt sie der dpa. Mehr Zeit für ihren Mann, der in Pensi­on gegan­gen war, wollte sie haben. Doch leider starb Matthaes nur ein Jahr später.

Berghoff lebt im Hier und Heute. Mit Freun­den kulti­viert sie gern die schönen Seiten des Daseins: Essen gehen, Kunst­mu­se­en besuchen, Reisen – gern nach Frank­reich. Aus dem Plan, eine Alters-WG zu gründen, kann leider nichts mehr werden, da viele ihrer Freun­de früh gestor­ben sind. Den Medien widmet sie sich täglich — aber selek­tiv, um nicht dem heuti­gen Dauer­feu­er an Infor­ma­tio­nen auszu­set­zen. Auch Arbeit gehört nach wie vor zu ihrem Leben. Gerade hat sie etwa Lesun­gen und weite­re Termi­ne mit ihrem aktuel­len Buch absol­viert. Dazu steht am 5. Febru­ar auch ein Auftritt in der MDR-Talkshow «River­boat» an.

Von Ulrike Cordes, dpa