NEW YORK (dpa) — Ob «Becau­se of You» oder «I Left My Heart in San Francis­co»: Tony Bennett feiert seit rund 60 Jahren einen Erfolg nach dem anderen. Jetzt wird der US-Sänger 95 und tritt weiter auf.

«Das Leben ist ein Geschenk», verkün­de­te Tony Bennett jüngst per Twitter — «auch mit Alzhei­mer». 2015 habe der US-Sänger erstmals Sympto­me der Demenz-Krank­heit gezeigt, 2016 sei er offizi­ell diagnos­ti­ziert worden, hatte seine Familie Anfang des Jahres mitgeteilt.

Die Ärzte hätten Bennett aber dazu geraten, weiter Musik zu machen und aufzu­tre­ten — und so hat der von der «New York Times» zum «Schatz Ameri­kas» ernann­te Crooner, der an diesem Diens­tag (3. August) 95 Jahre alt wird, bereits mehre­re Konzer­te bis Ende des Jahres angekün­digt, nachdem er im Febru­ar seine zweite Dosis Corona-Impfstoff erhal­ten hatte. Seinen Geburts­tag will er gemein­sam mit Popdi­va Lady Gaga mit zwei Konzer­ten in der New Yorker Radio City Music Hall feiern.

Schon im Vorfeld seines Ehren­tags warb Bennett dafür, aus diesem Anlass die von ihm und seiner Frau Susan gegrün­de­te Wohltä­tig­keits­or­ga­ni­sa­ti­on «Explo­ring the Arts» zu unter­stüt­zen, die künst­le­ri­sche Bildung von Kindern unter­stützt. Geburts­ta­ge waren bei Bennett schon immer eine größe­re Sache: Zu seinem 90. gab es Galas mit Konfet­ti­re­gen, Konzer­te mit Billy Joel und für Hilla­ry und Bill Clinton und dazu eine Autobio­gra­fie mit dem Titel «Just getting started» (Auf Deutsch etwa: Ich fange gerade erst an).

Außer­dem kamen Glück­wün­sche von Stars wie Alec Baldwin, Bruce Willis, Carrie Under­wood, Clint Eastwood, Whoopi Goldberg, Celine Dion, Keith Richards, Keith Urban, Willie Nelson, Heidi Klum und Justin Bieber. «Du hast mein Leben von Schwarz zu Rosarot verän­dert», schwärm­te Sänge­rin Lady Gaga, mit der Bennett 2014 das Album «Cheek to Cheek» heraus­ge­bracht hatte, «Du bist meine Familie.» Bennett sei «der ultima­ti­ve Gentle­man». «Er hat mir so viel über den Jazz beigebracht. Über das Leben.» Auch zu Bennetts 94. Geburts­tag im vergan­ge­nen Jahr hatten zahlrei­che Stars ihm gratuliert.

Frank Sinatra hat sein Leben verändert
Zu verdan­ken habe er seine Karrie­re Frank Sinatra, sagte Bennett einmal in einem Inter­view. «Er hat mein Leben verän­dert. In einem Artikel im ‘Life Magazi­ne’ hat er betont, dass ich der beste Sänger sei, den er je gehört habe. Damals war ich so mittel­mä­ßig erfolg­reich und hatte hin und wieder eine millio­nen­fach verkauf­te Platte, aber für mich ging es darum, gut zu sein, nicht der berühm­tes­te. Dann hat er mich den besten genannt, den er je gehört hat. Und seitdem sind meine Konzer­te auf der ganzen Welt ausver­kauft.» Zum Dank gründe­te Bennett eine Schule für musika­lisch begab­te Jugend­li­che in New York und benann­te sie nach Sinatra.

Die Schule steht in seinem Heimat­be­zirk Astoria, im New Yorker Stadt­vier­tel Queens. Hier wurde Bennett 1926 als Antho­ny Dominick Benedet­to geboren. Sein Vater starb, als er noch ein kleiner Junge war. Die Mutter brach­te ihn und seine zwei Geschwis­ter als Schnei­de­rin durch. Schon als Teenager trat Bennett als Sänger auf.

Im Zweiten Weltkrieg diente er als Soldat, unter anderem in Deutsch­land und Frank­reich. Ein «Sitz in der ersten Reihe der Hölle» sei das gewesen, sagte er später. Zurück in den USA starte­te er seine Karrie­re mit Songs wie «Becau­se of You», «Rags to Riches» und dann dem Hit, der ihn sein ganzes Leben lang beglei­ten sollte, «I Left My Heart in San Francisco».

Malen im Central Park
Neben­bei hat Bennett immer gemalt, haupt­säch­lich Natur und den New Yorker Central Park. Gemein­sam mit seiner dritten, rund 40 Jahre jünge­ren Ehefrau Susan und dem Hund «Happy» lebt der Vater von vier Kindern direkt südlich des Parks. So oft er kann, setzt er sich dort auf eine Bank und malt.

«Die meisten Leute respek­tie­ren es, wenn sie mich malen sehen. Sie bleiben ruhig. Ich komme hier ganz früh morgens her. Später wird es dann inter­es­sant. An Wochen­en­den ist es unmög­lich.» Zwei Kunst­bü­cher hat Bennett schon veröf­fent­licht, und mehre­re seiner Werke sind in die Sammlung des Smith­so­ni­an Museums eingegangen.

Bennetts Musik­kar­rie­re hatte dagegen Höhen und Tiefen. Gegen den Rock in den 70ern konnte er nicht ankom­men, nahm Drogen und hatte Depres­sio­nen. «Ich hatte Augen­bli­cke der Unsicher­heit und Dunkel­heit, aber ich konnte mich wieder davon befrei­en.» Bennett wollte sich und seinen Stil nie verän­dern, trotz aller Tiefen. «Wenn etwas gut ist, ist es immer gut. Mann muss es nicht verändern.»

Comeback mit Lady Gaga
Im Alter schaff­te der vielfa­che Grammy-Gewin­ner dann noch einmal ein fulmi­nan­tes Comeback. Das Album «Cheek to Cheek» mit Lady Gaga brach­te ihn zurück in die Schlag­zei­len und machte ihn bei vielen jünge­ren Menschen überhaupt erst bekannt. Auch mit anderen jünge­ren Künst­lern wie Marc Antho­ny, Gloria Estefan, Chris­ti­na Aguilera oder Sheryl Crow sang Bennett.

Die Alzhei­mer-Krank­heit habe Bennett inzwi­schen verän­dert, sagte seine Ehefrau Susan Anfang des Jahres dem Magazin der Organi­sa­ti­on der US-Ruheständ­ler AARP. «Es gibt viel, was ich an ihm vermis­se. Denn er ist nicht mehr der alte Tony. Aber wenn er singt, dann ist er noch der alte Tony.»

Von Chris­ti­na Horsten, dpa