BERLIN (dpa/tmn) — Bahnrei­sen­de brauchen jetzt starke Nerven: Die Lokfüh­rer­ge­werk­schaft streikt — zwei Tage lang. Welche Züge fahren noch? Und gibt es Geld zurück für bereits gekauf­te Tickets? Fragen und Antworten.

Jetzt herrscht Gewiss­heit: Die Gewerk­schaft Deutscher Lokomo­tiv­füh­rer (GDL) ruft ihre Mitglie­der zu Streiks auf. Seit Mittwoch­mor­gen, 2.00 Uhr, wird im Perso­nen­ver­kehr 48 Stunden lang die Arbeit nieder­ge­legt. Bahnrei­sen­den drohen Verzö­ge­run­gen und Zugausfälle.

Fahrgäs­te der Deutschen Bahn sollten sich angesichts des Streiks recht­zei­tig infor­mie­ren, ob ihre gewünsch­te Verbin­dung zur Verfü­gung steht. Falls nicht, sollten sie sich zügig um ein anderes Verkehrs­mit­tel bemühen. Wichti­ge Fragen und Antworten:

Ab wann wird gestreikt?

Die GDL hat ihre Mitglie­der bereits für Diens­tag zum Streik bei der Deutschen Bahn aufge­ru­fen. Der Güter­ver­kehr soll ab 19.00 Uhr bestreikt werden. Im Perso­nen­ver­kehr soll der Arbeits­kampf von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 2.00 Uhr andauern.

Der Streik richte sich dabei nur gegen die Deutsche Bahn, sagt GDL-Presse­spre­che­rin Gerda Seibert. Andere Eisen­bahn­un­ter­neh­men seien nicht betrof­fen. Trotz­dem kann es aber nach Angaben der Schlich­tungs­stel­le für den öffent­li­chen Perso­nen­nah­ver­kehr (söp) auch bei Mitbe­wer­bern der Bahn zu Beein­träch­ti­gun­gen kommen, zum Beispiel wenn stehen­ge­blie­be­ne Züge die Schie­nen blockieren.

Was bedeu­tet das für den Bahnverkehr?

Zugaus­fäl­le sind unver­meid­bar. Laut der Deutschen Bahn soll das bundes­wei­te Angebot im Fernver­kehr auf rund ein Viertel reduziert werden. Nach Angaben des Unter­neh­mens haben beson­ders stark nachge­frag­te Verbin­dun­gen etwa zwischen Berlin und der Rhein-/Ruhr-Region, zwischen Hamburg und Frank­furt am Main sowie die Anbin­dung wichti­ger Bahnhö­fe und Flughä­fen Vorrang. Auf ausge­wähl­ten Haupt­ach­sen sollen zumin­dest im Zwei-Stunden-Takt Züge mit größt­mög­li­cher Sitzplatz­ka­pa­zi­tät verkehren.

Auch im Regio­nal- und S‑Bahnverkehr wird es Einschrän­kun­gen geben. Laut Bahn geht es darum, in den Metro­pol­re­gio­nen und im ländli­chen Raum ein Grund­an­ge­bot für Schul­kin­der und Pendler sowie wichti­ge Zubrin­ger zu Fernver­kehrs­zü­gen oder Flughä­fen aufrechtzuerhalten.

Gibt es einen Notfallfahrplan?

Der Ersatz­fahr­plan steht Fahrgäs­ten der Deutschen Bahn online in der Fahrplan­aus­kunft sowie in der DB Naviga­tor App zur Verfügung.

Wo erfah­ren Reisen­de, ob ihr Zug ausfällt oder Verspä­tung hat?

Infor­ma­tio­nen darüber speist die Deutsche Bahn schritt­wei­se in die Fahrplan­aus­kunft und die App ein. Zudem will das Unter­neh­men Hunder­te zusätz­li­che Beschäf­tig­te einset­zen, die Reisen­de an den Bahnhö­fen infor­mie­ren. Auch eine Streik­hot­line steht Fahrgäs­ten unter der Telefon­num­mer 08000–996633 zur Verfügung.

Wie bekom­men Betrof­fe­ne das Geld für ihre Fahrkar­te zurück?

Die Bahn zeigt sich während des Streiks kulant: Bereits gebuch­te Fernver­kehrs-Tickets für den Streik­zeit­raum behal­ten bis zum 20. August ihre Gültig­keit und können flexi­bel einge­setzt werden. Die Zugbin­dung bei Sparprei­sen entfällt. Außer­dem können für die Weiter­fahrt auch andere Züge als die auf der Fahrkar­te angege­be­nen genutzt werden. Das gilt auch für Züge des Nahverkehrs.

Wer nicht zu einem späte­ren Zeitpunkt reisen möchte, kann sich die Fahrkar­te über ein Kulanz­for­mu­lar auf der DB-Websei­te oder in der DB-Verkaufs­stel­le kosten­frei erstat­ten lassen.

Grund­sätz­lich gelten aber auch während des Arbeits­kamp­fes die Fahrgast­rech­te der EU-Fahrgast­ver­ord­nung, erklärt Beatrix Kaschel von der Schlich­tungs­stel­le Nahver­kehr in Düssel­dorf. Das bedeu­tet, dass die Bahn auch bei Verspä­tun­gen mindes­tens ein Teil des Fahrprei­ses zurück­be­zah­len muss.

Die Höhe der Entschä­di­gung richtet sich dabei nach der Länge der Verzö­ge­rung. «Kommen Fahrgäs­te mindes­tens 60 Minuten später als geplant an, haben sie Anspruch auf 25 Prozent Erstat­tung, bei mehr als 120 Minuten sind es 50 Prozent», sagt die Exper­tin. Diese Ansprü­che können mit dem Fahrgast­rech­te-Formu­lar online, im Zug, oder in einem DB-Büro geltend gemacht werden.

Wie können Fahrgäs­te Verbin­dungs­stö­run­gen nachweisen?

Die Verbrau­cher­zen­tra­le Nordrhein-Westfa­len rät, Belege für Verspä­tun­gen oder Zugaus­fäl­le zu sammeln. Im Ideal­fall lassen sich Reisen­de die Störung von DB-Beschäf­tig­ten am Bahnhof bescheinigen.

Alter­na­tiv können Betrof­fe­ne aber auch Fotos von Anzei­ge­ta­feln oder Screen­shots von einer Infor­ma­ti­on in der DB-App oder auf der Inter­net­sei­te des Eisen­bahn­un­ter­neh­mens machen, auf denen die Verspä­tung oder der Ausfall des Zugs stehen.

Welche Alter­na­ti­ven zur Bahn haben Reisende?

Mit dem Taxi weiter­fah­ren: «Im Nahver­kehr hat die Deutsche Bahn in der Vergan­gen­heit bereits Taxifahr­ten von größe­ren Bahnhö­fen aus organi­siert und entspre­chen­de Gutschei­ne ausge­teilt», sagt Schlich­te­rin Beatrix Kaschel. «Falls Reisen­de auf eigene Faust nach einem Taxi suchen, gibt es aller­dings Einschrän­kun­gen — nicht jede Taxirech­nung muss das Unter­neh­men nachträg­lich überneh­men. Nur wenn die geplan­te Ankunft am Ziel zwischen 00.00 Uhr und 05.00 Uhr nachts liegt und Reisen­de mindes­tens 60 Minuten später per Zug ankom­men würden, muss das Bahnun­ter­neh­men die Kosten für eine Taxifahrt bis maximal 80 Euro erstat­ten. Das gleiche gilt, wenn der letzte planmä­ßi­ge Zug des Tages ausfällt und Reisen­de ihr Ziel bis Mitter­nacht nicht anders erreichen.»

Mit dem Fernver­kehr weiter­fah­ren: «Wenn sich abzeich­net, dass Fahrgäs­te ihr Ziel mit Nahver­kehrs­zü­gen erst mit mehr als 20 Minuten Verspä­tung errei­chen, können sie ohne Aufpreis mit einem Zug des Fernver­kehrs fahren», so Kaschel. Bevor Fahrgäs­te jedoch in den Fernver­kehrs­zug einstei­gen, müssen sie ein gülti­ges Ticket lösen. «Den entste­hen­den Mehrauf­wand können sie sich später von dem Bahnun­ter­neh­men zurück­er­stat­ten lassen. Dieses Recht besteht aller­dings nur dann, wenn die ursprüng­li­che Route nicht mehr als 50 Kilome­ter lang ist oder nicht länger als eine Stunde dauert. Auch bei einer erheb­lich ermäßig­ten Fahrkar­te, also beispiels­wei­se einem Länder-Ticket oder Semes­ter­ti­cket, gilt diese Regelung nicht.»

Mit dem eigenen Auto weiter­fah­ren: Kosten für Fahrten mit dem priva­ten Pkw werden von der Bahn nicht erstattet.

Umstieg auf Mietwa­gen, Fernbus oder Flugzeug: Reisen­de, die noch keine Fahrkar­te der Deutschen Bahn gebucht haben, können auf andere Verkehrs­mit­tel zurück­grei­fen. Zum Beispiel Flixbus, Eurowings und der Bundes­ver­band der Autover­mie­ter Deutsch­lands bemer­ken nach eigenen Angaben aktuell eine gestie­ge­ne Nachfra­ge. Damit werden tenden­zi­ell die Kapazi­tä­ten knapper, die Preise steigen.

Was gilt für Berufspendler?

Grund­sätz­lich müssen Arbeit­neh­me­rin­nen und Arbeit­neh­mer auch bei einem Streik alle Möglich­kei­ten ausschöp­fen, um pünkt­lich bei der Arbeit zu sein. Wenn Proble­me im Perso­nen­ver­kehr abseh­bar sind, können Beschäf­tig­te sich also nicht auf die Bahn verlas­sen, sondern müssen sich Alter­na­ti­ven suchen. Bei einer Verspä­tung sollten Arbeit­neh­mer den Arbeit­ge­ber recht­zei­tig infor­mie­ren. Im schlimms­ten Fall droht sonst eine Abmahnung.

Von Chris­toph Jänsch, dpa