MÜNCHEN (dpa) — Der Tod ist ein finste­rer Gesel­le. Dennoch hat Joseph Vilsmai­er über ihn eine Komödie gedreht, als er selbst schon sterbens­krank war. «Der Boandl­kra­mer und die Liebe» ist der letzte Film des Regisseurs.

In Bayern führt der Weg in den Himmel über die Berge — zumin­dest in der Komödie «Der Boandl­kra­mer und die ewige Liebe». Der letzte Film des 2020 gestor­be­nen Filme­ma­chers Joseph Vilsmai­er ist unter­halt­sam und von leiser Wehmut durchzogen.

Micha­el Bully Herbig gibt den perso­ni­fi­zier­ten Tod, der sich auf der Erde in eine Frau verliebt, gespielt von Hannah Herzsprung. Mit dabei sind auch Hape Kerke­ling als Teufel, Sebas­ti­an Bezzel und Götz Otto. Eigent­lich sollte die Komödie schon im Dezem­ber ins Kino kommen. Der Start wurde aber wegen der Corona-Pande­mie mehrmals verscho­ben. Nun läuft sie ab Freitag (14. Mai) beim Strea­ming­dienst Amazon Prime. Für so manche Kinobe­trei­ber eine herbe Enttäuschung.

«Der Boandl­kra­mer und die ewige Liebe» ist einer der schöns­ten Filme von Vilsmai­er («Comedi­an Harmo­nists»), ein Abschieds­ge­schenk an sein Publi­kum. Im Vorgän­ger­film «Die Geschich­te vom Brand­ner Kaspar» wollte ein Wilde­rer mit List und «Kersch­geist» weite­re Lebens­jah­re heraus­schla­gen. Dieses Mal hadert der Boandl­kra­mer selbst damit, dass er Menschen in den Himmel oder die Hölle beför­dern muss, so wie es sein Chef will — Gott höchstpersönlich.

Denn als er den kleinen Maxl holen soll, verliebt er sich in Gefi, die Mutter des Buben. Fortan versucht er alles, um den göttli­chen Plan zu durch­kreu­zen und Gefis Herz zu erobern. Damit er in Menschen­ge­stalt auf die Erde kann, lässt er sich gar auf einen Pakt mit dem Teufel ein.

Im realen Leben ist der Himmel im nieder­baye­ri­schen Kloster Metten — ein Ort barocker Pracht mit prunk­vol­ler Kloster­bi­blio­thek, Kirche und einem Rokoko-Festsaal, wo Rick Kavani­an als Himmels­pfört­ner Wache hält. Eine Behör­de, wo die Wichti­gen alle bairisch sprechen. Und wo Gott als obers­ter Chef auch mal schlecht gelaunt und wütend sein kann, wenn die Buchhal­tung der Leben­den und Toten durch­ein­an­der gerät.

Ganz anders die Hölle. Im blendend weißen Ambien­te wacht hier Nadja Auermann als Teufe­lin über die Pforte. Die Hölle selbst ist ein Spiegel­saal, ein Showpa­last und der Teufel ein singen­der, tanzen­der Enter­tai­ner. Kerke­ling spielt ihn als Verfüh­rer und Schmeich­ler, mit samtwei­cher Stimme, wittert er doch das Geschäft seines Lebens, wenn er dem Tod das ewige, irdische Leben anbietet.

Das Drehbuch von Herbig, Marcus H. Rosen­mül­ler und Ulrich Limmer ist witzig und charmant und bietet wunder­ba­re Dialo­ge und Szenen. Etwa, wenn der Boandl­kra­mer über sein wild klopfen­des Herz beim Anblick Gefis sinniert. «Da flatterts richtig, als ob da lauter Stuben­flie­gen drin wären». Oder wenn er den Heirats­schwind­ler Gumber­ger (Bezzel) im Himmel vom Putzen der Kirche abhält und ihn bittet, ihn die Kunst der Verfüh­rung zu lehren: «Wer eine Frau zum Lachen bringt, der hat ihr Herz erobert», rät Gumber­ger. Doch der Witz des Todes ist fast schon rührend unbehol­fen und so stellt der Boandl­kra­mer ernüch­tert fest: «Herrschafts­zei­ten, ist des kompli­ziert mit der Liebe!».

Es gibt viel zu lachen in diesem Film. Gleich­zei­tig steckt auch viel Melan­cho­lie darin, vielleicht auch, weil Sepp Vilsmai­er während des Drehs schon schwer an Krebs erkrankt war und ahnte, dass er bald sterben würde. Ein Geheim­nis, das nur wenige kannten.

Greif­bar wird diese Wehmut etwa, wenn der Boandl­kra­mer wie verzau­bert neben Gefi steht und sie bewun­dert, während sie ihn nicht mal sehen kann, weil er für Menschen erst in der Stunde ihres Todes sicht­bar wird. Ein lieben­der Blick von außen — wie der eines Sterben­den, der das Leben um sich herum betrach­tet, das bald ohne ihn statt­fin­den wird. Nah und doch schon entrückt. Hört sich rührse­lig an, ist es auch — aber nur ein Stück weit. Vilsmai­er insze­niert diese Momen­te zwar innig und ergrei­fend, vermei­det aber jede Schwüls­tig­keit und lockert die Stimmung auch wenig später wieder auf.

Einzi­ger Wermuts­trop­fen ist, dass der Film erst einmal nur gestreamt wird. Für Kinos mit entspre­chen­der Ausrich­tung wäre es wichtig gewesen, «das filmi­sche Vermächt­nis vom Sepp» spielen zu können, kriti­sier­te etwa die Gemein­schaft der Kinos in München und Umgebung. Nach Monaten des Still­stands wegen der Pande­mie hätte die promi­nent besetz­te Komödie wohl viele Zuschau­er in die darben­den Filmthea­ter gelockt. Auch Co-Produ­zent Herbig hatte im Winter erklärt, «der Film muss ins Kino, weil wir das dem Joseph einfach schul­dig sind». Im April warb er dann um Verständ­nis für den Amazon-Start und versprach: «Sobald es wieder möglich ist, wird man den Film auch auf der großen Leinwand sehen können.»

Von Cordu­la Dieck­mann, dpa