Deutsch­land will wie viele andere Länder in den nächs­ten drei Jahrzehn­ten klima­neu­tral werden. Viele Autoher­stel­ler haben die Abkehr von Verbren­nungs­mo­to­ren schon beschlos­sen. Doch wie sieht die Zukunft aus: Wasser­stoff oder Batterie?

NÜRNBERG (dpa) — Wasser­stoff als Antrieb für Autos und Lastwa­gen auf deutschen Straßen wird nach Ansicht der «Wirtschafts­wei­sen» Veroni­ka Grimm in den kommen­den Jahrzehn­ten unent­behr­lich sein. «Es ist utopisch zu glauben, dass die batte­rie­ge­stütz­te Elektro­mo­bi­li­tät die allei­ni­ge Lösung sein wird», sagte die Nürnber­ger Volks­wirt­schafts­pro­fes­so­rin, die auch Vorstän­din des Wasser­stoff­zen­trums Bayern ist, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zuletzt hatte es Berich­te gegeben, wonach europäi­sche Autoher­stel­ler nicht mehr auf den Wasser­stoff als Antriebs­art der Zukunft setzen wollen.

Beson­ders im Schwer­last­ver­kehr könne die Wasser­stoff­tech­nik vergleichs­wei­se früh effizi­ent einge­setzt werden, sagte Grimm. Ziel müsse sein, ein Tankstel­len­netz für Wasser­stoff­fahr­zeu­ge zu errich­ten, von dem später auch der Pkw-Verkehr profi­tie­ren könne. In der Schweiz fahren bereits 50 Lastwa­gen des korea­ni­schen Herstel­lers Hyundai mit Wasser­stoff, bis 2025 sollen es 1600 solcher Fahrzeu­ge werden. «Der Aufbau kann zum Beispiel zunächst über regio­na­le Verbün­de erfol­gen, die dann später sukzes­si­ve ausge­baut werden können», sagte Grimm.

Die CO2-Emissio­nen im Verkehr seien seit 1990 nicht gesun­ken, im Lastver­kehr sogar gestie­gen, hielt Grimm fest. Die Elektri­fi­zie­rung im Schwer­last­ver­kehr gehe aber aufgrund des Reich­wei­ten­pro­blems nicht über Batte­rie­tech­nik. «Die Alter­na­ti­ve wären Oberlei­tun­gen, damit müsste man dann aber alle europäi­schen Haupt­tras­sen ausstat­ten», sagte Grimm. Im Vergleich dazu sei Wasser­stoff, mit Strom aus erneu­er­ba­ren Energien in Gegen­den der Welt produ­ziert, wo dies günstig und hochef­fi­zi­ent möglich sei, die wahrschein­lich auch kosten­güns­ti­ge­re Alter­na­ti­ve — Trans­port­kos­ten fielen kaum mehr ins Gewicht.

Die deutsche Automo­bil­in­dus­trie einschließ­lich Zulie­fe­rern sei gut beraten, ihre bereits vorhan­de­nen Fähig­kei­ten beim Thema Wasser­stoff nicht leicht­fer­tig aufzu­ge­ben. Langfris­tig werde die weltwei­te Nachfra­ge deutlich steigen. «Ein Verzicht auf den schnel­len Hochlauf von Wasser­stoff würde bedeu­ten, wichti­ge Export­märk­te aufs Spiel zu setzen — denn deutsche Unter­neh­men sind exzel­lent aufge­stellt, Schlüs­sel­kom­po­nen­ten für die Wasser­stoff­wirt­schaft zu produ­zie­ren, wie Fahrzeu­ge, Brenn­stoff­zel­len, Logis­tik- und Tankstel­len­in­fra­struk­tur», sagte die Wissenschaftlerin.

Der Freistaat Bayern genau­so wie die Bundes­re­gie­rung haben inzwi­schen eine eigene Wasser­stoff­stra­te­gie formu­liert. Die Bundes­re­gie­rung fördert die Entwick­lung des Energie­trä­gers bis 2023 mit 300 Millio­nen Euro. Bayern will bis 2023 ein Netz von 100 Wasser­stoff-Tankstel­len aufbau­en, vorwie­gend für Lkw-Flotten. Der Freistaat stellt dafür 50 Millio­nen Euro bereit.