Der Deutsche Comedy­preis hatte sein Thema schon gefun­den, bevor die erste Trophäe — ein lachen­des Ei — verteilt war: Frauen in der Comedy. Während die Gender­de­bat­te bei der Gala verwit­zelt wird, rüttelt das Publi­kum zu Hause die Spaß-Gesell­schaft ordent­lich durch.

Beim Deutschen Comedy­preis, einem über Jahre hinweg recht klar sortier­ten Herrschafts­ge­biet, ist das offen­kun­dig nicht anders. Der Beweis steht bei der Preis­ver­lei­hung in Köln auf der Bühne: Es ist die 26 Jahre alte Komike­rin Hazel Brugger. «Ich habe wirklich nicht damit gerech­net», sagt die Schwei­ze­rin. «Sonst hätte ich mir auch was Anstän­di­ges angezogen.»

Brugger, bekannt aus der «heute-show», gewinnt an diesem Abend die Königs­ka­te­go­rie «Beste Komike­rin» — gegen ihre namhaf­ten Konkur­ren­tin­nen Carolin Kebekus (40) und Marti­na Hill (46). Gerade Kebekus hatte in dieser Sparte — um im Bild zu bleiben — jahre­lang durch­re­giert. Diesmal geht sie leer aus. Bei den Männern ein ähnli­ches Bild: Hier trium­phiert der Comedi­an Felix Lobrecht (31), der nicht wirklich zum Witze-Stamm­per­so­nal gehört, das die großen Fernseh-Shows bespaßt. Er hat sich sein Publi­kum im Stand-up und über seinen Podcast «Gemisch­tes Hack» erschlos­sen, für den er ebenfalls ausge­zeich­net wird. Der im TV nahezu omniprä­sen­te Luke Mockridge (31) guckt in der Katego­rie «Bester Komiker» dagegen in die Röhre.

Dass die Verhält­nis­se so ins Tanzen gebracht werden, dürfte mit dem neuen Abstim­mungs­mo­dus zu tun haben. Jahre­lang hatte in den meisten Katego­rien eine Jury das Sagen, was dazu führte, dass sich Jahr für Jahr diesel­ben Comedi­ans gegen­sei­tig einen Preis überreich­ten. 2020 wurde — mit dem Wechsel der Gala von RTL zu Sat.1 — eine Zuschau­er-Abstim­mung für alle Katego­rien einge­führt. Die Stimm­ab­ga­ben erfolg­te unter anderem im Vorlauf über das Internet.

Ob das nun gerech­ter ist, ist wohl Ansichts­sa­che. Der Modus dürfte vor allem jene bevor­tei­len, die über viele treue Follower und Online-Präsenz verfü­gen, die Währun­gen der Neuzeit. Zu beobach­ten ist das etwa in der Katego­rie «Beste Comedy-Show», in der sich völlig überra­schend das kleine Format «World Wide Wohnzim­mer» aus dem öffent­lich-recht­li­chen Content-Netzwerk Funk durch­setzt — gegen Dickschif­fe wie «Die Carolin Kebekus Show» (ARD) oder «Luke! Die Great­night­show» (Sat.1).

Bei der Gala bleibt weitest­ge­hend unklar, ob die Betrof­fe­nen die Entschei­dun­gen ihres Publi­kums nun lustig oder nicht finden. Es wird nicht groß thema­ti­siert. Dafür wird ein anderes Thema dauer­ver­wit­zelt: Die Gender­de­bat­te um Frauen in der Comedy, die schon vor der Gala ausge­bro­chen war. Gleich zu Beginn äußert sich Klaas Heufer-Umlauf (37) zu den Verhält­nis­sen in der Branche: «Hier ist man als Frau auf Augen­hö­he und kann stets auf tosen­den Jubel hoffen», sagt er. «Zumin­dest, wenn man von Bülent Ceylan darge­stellt wird.»

Hinter­grund: In der neuen Katego­rie «Bester Comedy-Podcast» waren zunächst nur Produk­tio­nen mit männli­cher Beset­zung nominiert worden — etwa «Fest & Flauschig» mit Jan Böhmer­mann und Olli Schulz. Als es darauf­hin in der Branche rumor­te, wurde die Katego­rie nachträg­lich geteilt: In «Bester Comedy-Podcas­ter» für die Männer und «Beste Comedy-Podcas­te­rin» für die Frauen, die nachno­mi­niert wurden.

Richtig glück­lich waren die Gewin­ner am Ende mit der ganzen Sache nicht. «Das ist so wie früher bei Erwach­se­nen­par­tys, weißt du, als wir noch klein waren, dieser Katzen­tisch», sagt Laura Larsson von «Herren­ge­deck — Der Podcast», der bei den Frauen gewinnt. Auch Komike­rin Maria Clara Gropp­ler, die zur «Besten Newco­me­rin» gekürt wird, widmet sich dem Thema. «Als Frau ist man tatsäch­lich in der Comedy eine Randgrup­pe», sagt sie. «90 Prozent sind Männer und nur 10 Prozent sind Carolin Kebekus.»

Vielleicht wird man irgend­wann diesen Gag nicht mehr so machen müssen. Vielleicht dann, wenn Hazel Bruggers Kind erwach­sen ist. Dass sie schwan­ger ist, hatte die Komike­rin am Donners­tag publik gemacht. Nun sagt sie über die Comedy­preis-Trophäe, ein lachen­des Ei: «Mein Baby ist fast so groß wie dieser Preis jetzt. Es bedeu­tet mir auch beina­he so viel.»