BERLIN (dpa) — Wer wird Europa­meis­ter? Itali­en, Spani­en, England oder Dänemark? Vier Teams mit eigenen Geschich­ten, starken Trainern und beson­de­ren Momenten.

Die vier besten Teams des Konti­nents stehen fest. Itali­en, Spani­en, Dänemark und England stehen im Halbfi­na­le der Fußball-Europa­meis­ter­schaft an diesem Diens­tag und Mittwoch im Wembley-Stadion.

Der Weg nach London war strapa­zi­ös. Es gibt diese spezi­el­len Augen­bli­cke, es gibt aber auch ganz entschei­den­de Perso­nen. Ein Überblick über das Halbfinal-Quartett.

Itali­en

DER EM-MOMENT: Es war die erste «magische Nacht» bei dieser EM. Mit einem 3:0 gegen die Türkei im Eröff­nungs­spiel legte die Squadra Azzur­ra einen Traum­start hin und feier­te mit Tausen­den begeis­tern­den Fans in Rom zum WM-Hit 1990 «Un’esta­te italia­na». Es folgten weite­re mitrei­ßen­de Auftrit­te, mit ihrem offen­si­ven und mutigen Stil spiel­ten sich die Italie­ner mehr und mehr in die Rolle des Turnierfavoriten.

DER SPIELER: 36 Jahre ist er alt, hat über 100 Länder­spie­le — und ist inmit­ten der neuen jungen Squadra Azzur­ra dennoch kaum wegzu­den­ken: Giorgio Chiel­li­ni ist Kapitän und Anfüh­rer der Italie­ner. Gegen Belgi­en beein­druck­te er im Viertel­fi­na­le mit Zweikampf­stär­ke und Einstel­lung, auch als Vorbild und Führungs­fi­gur ist er unersetzlich.

DER TRAINER: Rober­to Manci­ni übernahm die Azzur­ri nach der verpass­ten WM 2018 und erschuf in drei Jahren aus den Trümmern der damali­gen Elf einen Titel­kan­di­da­ten. Er gab Talen­ten eine Chance und traf auch unpopu­lä­re Entschei­dun­gen. Seit inzwi­schen 32 Partien sind die Azzur­ri unter dem 56-Jähri­gen ungeschla­gen. Auch Wertschät­zung und Anerken­nung für den charis­ma­ti­schen Coach sind enorm gestiegen.

Spani­en

DER EM-MOMENT: 0:0, 1:1. Der Druck wuchs, das Aus drohte. Spani­en spiel­te den Fußball, den Trainer Luis Enrique sehen will. Ballbe­sitz als Erstin­stru­ment gegen Gegen­to­re. Das Problem: Trotz unglaub­li­cher Passquo­ten und sonsti­ger Statis­ti­ken fielen keine Tore. Und dann das: 5:0 gegen die Slowa­kei. Die Flasche Sekt war geöff­net (Luis Enrique). Und es sprudel­te weiter mit dem 5:3 gegen Kroatien.

DER SPIELER: 18 Jahre und so jung wie noch kein anderer Spani­er bei einer EM. Hochbe­gabt, dieser Pedri. Spielt beim FC Barce­lo­na und wurde dort von Verein­si­ko­ne und Super­star Lionel Messi schon mehrfach im Spiel geadelt. Fein am Ball und einer, der Kilome­ter macht: 61,5 in den bishe­ri­gen fünf Spielen. Prädi­kat: Beson­ders wertvoll.

DER TRAINER: Luis Enrique. 51 Jahre alt, ehema­li­ger Offen­siv­spie­ler vor allem beim FC Barce­lo­na. Ein Ausdau­er­sport­ler an der Seiten­li­nie. Hat einen klaren Plan, wie er Spani­en zurück in die europäi­sche und auch Welt-Spitze führen will. Kritik schert ihn nicht beson­ders, der Erfolg bisher gibt ihm recht. Stellt sich stets vor seine Spieler und hält an ihnen fest. Justier­te seine Start­elf aber bisher immer nach.

England

DER EM-MOMENT: 55 Jahre mussten die Englän­der auf diese Erlösung warten. Seit der WM 1966 hatten sie bei großen Turnie­ren jedes K.o.-Spiel gegen Deutsch­land verlo­ren, im Achtel­fi­na­le dieser EM gelang ihnen schließ­lich ein histo­ri­scher 2:0‑Sieg. Während damit die Zeit von Joachim Löw als Bundes­trai­ner endete, könnte der Erfolg für die Three Lions der Start­schuss für ein großes Turnier gewesen sein.

DER SPIELER: Harry Kane hat es immer gewusst. Nach der Vorrun­de war der Kapitän noch ohne Treffer, was vielen seiner Lands­leu­te gar nicht gefiel. Doch die Kritik prall­te an ihm ab. In der entschei­den­den Turnier­pha­se liefert der Stürmer nun ab. Nach zwei K.o.-Spielen stehen bereits drei Tore auf seinem Konto. Schießt er seine Mannschaft nun auch zum Titel?

DER TRAINER: Was hat Gareth South­ga­te nicht für tolle Spieler zur Verfü­gung: Sancho, Foden, Kane, Sterling, Grealish oder Rashford — wohl kein anderer Natio­nal­coach verfügt über mehr Offen­siv­qua­li­tät. Trotz­dem setzt der Coach nicht auf Spekta­kel, sondern auf Ergeb­nis­se. South­ga­te formte eine perfekt geölte Turnier­ma­schi­ne aus dieser Mannschaft. Die Chance auf den EM-Titel ist so groß wie nie zuvor.

Dänemark

DER EM-MOMENT: Beim Kollaps von Chris­ti­an Eriksen im ersten Spiel bangten alle um das Leben des Führungs­spie­lers. Seitdem wird das Team von einer Woge der Zunei­gung emotio­nal durch das Turnier getra­gen — und die Mannschaft schöpf­te Kraft aus dem Schock­mo­ment. «Ich denke jeden Tag an Chris­ti­an, vor dem Spiel und nach dem Spiel», sagte Trainer Kasper Hjulmand nach dem Halbfinal-Einzug.

DER SPIELER: Kapitän Simon Kjaer geht immer voran. Bei Eriksens Zusam­men­bruch leiste­te er als Erster Hilfs­maß­nah­men und tröste­te dessen Freun­din. Im weite­ren Turnier­ver­lauf hielt der 32-Jähri­ge vom AC Mailand die Abwehr zusam­men. «Wir hatten ein Ziel, als wir in dieses Turnier gingen, wir wollten nach Wembley. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, wir sind mit dem Halbfi­na­le jetzt zufrie­den», sagt Kjaer vor dem England-Spiel.

DER TRAINER: Beim FSV Mainz 05 schei­ter­te Kasper Hjulmand einst als Bundes­li­ga-Coach, mit Dänemark geht der 49-Jähri­ge bei diesem Turnier auf eine wunder­sa­me Reise und verzückt nicht nur die Menschen in seiner Heimat. «Wir sind ein Symbol für Basis­wer­te des Fußballs», sagt der Sport­wis­sen­schaft­ler und dreifa­che Vater, dem ein überschwäng­li­cher Empfang nach der EM-Rückkehr sicher ist.

Von Miriam Schmidt, Ulrike John, Jens Marx und Nils Bastek, dpa