WOLFSBURG (dpa) — Schon länger hatte er in seiner Positi­on nicht nur Freun­de: Beson­ders beim mächti­gen Betriebs­rat eckte Herbert Diess als VW-Chef an. In wenigen Wochen soll er einen Nachfol­ger bekom­men — von Porsche.

Herbert Diess tritt als Vorstands­chef des Volks­wa­gen-Konzerns ab. Der 63-Jähri­ge habe sich mit dem Aufsichts­rat darauf verstän­digt, zum 1. Septem­ber auszu­schei­den, teilte das Unter­neh­men überra­schend mit. Sein Nachfol­ger soll Porsche-Chef Oliver Blume werden. Die Entschei­dung hierüber sei «einver­nehm­lich» gefallen.

Blume hat die Rücken­de­ckung der Eigen­tü­mer­fa­mi­li­en Porsche und Piëch. «Oliver Blume genießt seit vielen Jahren unser ausdrück­li­ches Vertrau­en», erklär­ten die Famili­en­spre­cher Wolfgang Porsche und Hans Michel Piëch in einer Mittei­lung der VW-Dachhol­ding Porsche SE. «Wir sind überzeugt, dass er die erfolg­rei­che Entwick­lung des Volks­wa­gen-Konzerns fortset­zen und die dafür erfor­der­li­chen Maßnah­men kraft­voll umset­zen wird.»

Blume werde gleich­zei­tig Vorstands­vor­sit­zen­der der Porsche AG bleiben, erklär­te der Konzern. Die Kontrol­leu­re hätten zudem beschlos­sen, dass VW-Finanz­chef Arno Antlitz ihn «im opera­ti­ven Tages­ge­schäft» für die Gesamt­grup­pe unter­stüt­zen soll. Eine von Blumes Aufga­ben war bereits die Vorbe­rei­tung des bis zum Jahres­en­de geplan­ten Porsche-Börsengangs.

Aufsichts­rats­chef Hans Dieter Pötsch dankte Diess. Dieser habe «sowohl in seiner Zeit als Vorstands­vor­sit­zen­der der Marke Volks­wa­gen als auch des Konzerns die Trans­for­ma­ti­on maßgeb­lich voran­ge­trie­ben». Der frühe­re BMW-Manager schob den Umbau von VW in der E‑Mobilität und auch die Auswei­tung des Geschäfts auf Mobili­täts­dienst­leis­tun­gen maßgeb­lich voran. Aller­dings gab es zuletzt etliche Proble­me, vor allem bei der stocken­den und sich nochmals deutlich verteu­ern­den Entwick­lung eigener Software.

Blume seite länge­rem als Nachfol­ger gehandelt

Blume hatte schon länger als mögli­cher Nachfol­ger Diess’ gegol­ten. Sein Name fiel hinter den Kulis­sen mehrmals, als sich im vergan­ge­nen Jahr ein erneu­ter Konflikt zwischen dem VW-Chef und dem mächti­gen Betriebs­rat um Sparpro­gram­me hochschau­kel­te. Davor hatte es schon hefti­ge Meinungs­ver­schie­den­hei­ten mit Teilen des Aufsichts­rats über die weite­re Strate­gie und über einen mögli­chen drasti­schen Arbeits­platz­ab­bau beim größten Autoher­stel­ler Europas gegeben. Mit seinem Führungs- und Kommu­ni­ka­ti­ons­stil eckte Diess immer wieder an.

Nieder­sach­sens Minis­ter­prä­si­dent Stephan Weil, der das Land als zweit­wich­tigs­ten Eigner im Aufsichts­rat vertritt, zollte Diess Respekt. Er habe dem Unter­neh­men den Anstoß für wesent­li­che neue Vorha­ben gegeben. Über Blume sagte Weil: «Ich bin zuver­sicht­lich, dass er den Konzern mit Umsicht und Weitblick im Team mit dem Vorstand, in guter Koope­ra­ti­on mit dem Betriebs­rat und mit sehr viel Wertschät­zung gegen­über den Mitar­bei­te­rin­nen und Mitar­bei­tern führen wird.»

Der IG-Metall-Vorsit­zen­de und Vizechef des Aufsichts­rats, Jörg Hofmann, beton­te, Volks­wa­gen müsse «neben seiner techno­lo­gi­schen Favori­ten­rol­le auch der sozia­len Vorbild­rol­le gerecht werden». Ähnlich äußer­te sich Betriebs­rats­chefin Danie­la Cavallo. Der Umbruch in der Branche sei schwie­rig. VW müsse gestärkt aus ihm hervor­ge­hen. «Unser Anspruch ist es aber ebenso, dass dabei trotz der großen Heraus­for­de­run­gen Beschäf­ti­gungs­si­che­rung und Wirtschaft­lich­keit gleich­ran­gi­ge Unter­neh­mens­zie­le bleiben.»

Blume ist seit 1994 im Konzern. Er arbei­te­te auch schon für Audi und Seat. 2015 wurde er Chef der rendi­te­star­ken Tochter Porsche. 2018 bekam er einen Sitz im Konzern­vor­stand. Der 54-Jähri­ge ist Exper­te für Produk­ti­on und hat enge Kontak­te sowohl zu den Eigen­tü­mer­fa­mi­li­en Porsche/Piëch als auch zur Belegschaftsvertretung.