BERLIN (dpa) — Ein Podcast als Maßnah­me zur Pande­mie­be­kämp­fung: Auch damit ist der Virolo­ge Chris­ti­an Drosten in den vergan­ge­nen zwei Jahren bundes­weit bekannt gewor­den. Jetzt ist Schluss, zumin­dest vorerst.

Mehr als zwei Jahre nach dem Start des Podcasts «Das Corona­vi­rus-Update» bei NDR-Info sind die Virolo­gen Sandra Ciesek und Chris­ti­an Drosten vorerst zum letzten Mal in einer regulä­ren Folge zu hören.

Die Wissen­schaft­ler vom Univer­si­täts­kli­ni­kum Frank­furt am Main und von der Chari­té in Berlin sprechen am Diens­tag laut NDR-Ankün­di­gung noch einmal mit Wissen­schafts­re­dak­teu­rin­nen über die Pande­mie. Die beiden Fachleu­te waren zuletzt im Wechsel in dem Format zu Gast. Bisher sind mehr als 100 Folgen erschie­nen. Die Zahl der Abrufe beläuft sich auf rund 135 Millio­nen, wie der NDR auf Anfra­ge mitteil­te. Es seien im Podcast auch noch Sonder­fol­gen geplant.

Mehr Zeit zum Forschen

Als Zeichen für das Ende der Pande­mie will das Podcast-Team den Ausstieg von Drosten und Ciesek nicht verstan­den wissen. Vorerst sei nicht mehr viel zu sagen — die Wissen­schaft habe ihren Teil beigetra­gen, jetzt sei die Politik am Zug, hieß es vielmehr. Vor einigen Monaten hatte Drosten schon einmal aufhö­ren wollen, doch dann wurde überra­schend in Südafri­ka die Omikron-Varian­te entdeckt, die für die jüngs­ten Rekord-Anste­ckungs­wel­len sorgte.

«Ich geste­he, ich war derje­ni­ge, der gesagt hat: Ich schaf­fe es nicht mehr», sagte Drosten kürzlich in einem Inter­view der Wochen­zei­tung «Die Zeit». Er brauche Zeit zum Forschen und für die Leitung seines Insti­tuts. Sollten sich große Proble­me auftun, wolle er sich etwa in Inter­views zu Wort melden. Oder auf Twitter: Dort folgen ihm über 900.000 Menschen. In der letzten Folge, in der Drosten allein zu Gast war, hieß es auch, dass die Redak­ti­on ihn in Zukunft bei gravie­ren­den Entwick­lun­gen anfra­gen wolle.

Mit dem Folgen­ti­tel «Wir können die Ausbrei­tung verlang­sa­men» hatte «Das Corona­vi­rus-Update» Ende Febru­ar 2020 begon­nen — in einer Zeit großer Verun­si­che­rung. Drosten gab damals auch alltags­taug­li­che Verhal­tens­hin­wei­se, etwa sich viel draußen aufzu­hal­ten, nicht hinter jeder Ecke einen Infizier­ten zu vermu­ten und besser Bier aus der Flasche zu trinken als aus unzurei­chend gespül­ten Gläsern. Infor­mie­ren, damit Menschen zur Eindäm­mung der Pande­mie beitra­gen können — das gab er wieder­holt als sein Ziel an.

Vielfach ausge­zeich­net

Vor allem in der ersten Phase spiegel­te der Podcast auch das sich schnell ändern­de Wissen wider, etwa wenn es um die Sinnhaf­tig­keit von Masken oder den Schul­be­trieb ging. Manche der Folgen, die durch­aus mal zwei Stunden lang sein konnten, widme­ten sich komple­xen wissen­schaft­li­chen Sachver­hal­ten. Für Stamm­hö­rer dürften Begrif­fe wie ACE2-Rezep­to­ren, ELISA-Tests und IgG-Antikör­per daher keine Fremd­wor­te mehr sein. Der Podcast wurde vielfach ausgezeichnet.

Drosten und Ciesek widme­ten sich der Einord­nung von Studi­en und Medien­be­rich­ten und kommen­tier­ten das Infek­ti­ons­ge­sche­hen. Auch wenn insbe­son­de­re Drosten in der Öffent­lich­keit häufig als Mahner wahrge­nom­men wurde, gab er doch in vielen Fällen auch Entwar­nung — etwa, wenn verkürzt oder verzerrt wieder­ge­ge­be­ne Forschungs­er­geb­nis­se bei Hörerin­nen und Hörern zu Verun­si­che­rung geführt hatten. Die Kehrsei­te der großen öffent­li­chen Präsenz: Für einige Maßnah­men­kri­ti­ker wurde Drosten zum Feindbild.

Eine ordent­li­che Porti­on Selbst­iro­nie bewies Drosten vor einigen Monaten mit einem Auftritt in einem satiri­schen Jahres­rück­blick fürs ZDF — darin ging es um ein fikti­ves Pande­mie-Ende im Jahr 2022. Dass er Virolo­ge sei, inter­es­sie­re «nieman­den mehr, seit meine Pande­mie vorbei ist», sagt er in dem Video, in dem er mit der Einblen­dung «War mal wichtig» vorge­stellt wird. «Ich habe die Pande­mie ja erfun­den, das wissen ja inzwi­schen alle», sagte er. Sein Motiv: «Es ging nur um den Podcast. Ich wollte halt einfach mal einen erfolg­rei­chen Podcast machen. Aber jetzt will den ja keiner mehr hören seit März.»