BERLIN (dpa) — Das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz ist gerade nachge­bes­sert worden. Doch das Corona-Virus wandelt sich gerade und wird womög­lich noch anste­cken­der. Exper­ten drängen nun auf Nachsteu­ern bei den Impfungen.

Die lange stocken­de Corona-Impfkam­pa­gne nimmt allmäh­lich Tempo auf, doch es zeich­net sich bereits ab, dass auch die derzei­ti­gen Auffri­schungs­imp­fun­gen nicht die letzten sein werden.

«Wir rechnen damit, dass im Sommer, spätes­tens im Herbst eine vierte Impfung nötig sein wird», sagte Hausärz­te­ver­band-Chefs Ulrich Weigeldt der «Bild»-Zeitung (Samstag). Er hoffe darauf, dass die vierte Corona-Impfung dann «schon in Verbin­dung mit der Grippe-Impfung» verab­reicht werden könne, «um den Schutz vor Corona in eine Routi­ne zu überführen».

Omikron womög­lich anste­cken­der als Delta

Nötig werden könnte das auch wegen der neuen Virus­va­ri­an­te Omikron, die womög­lich noch anste­cken­der ist als die derzeit dominie­ren­de hochin­fek­tiö­se Delta-Varian­te. Die Herstel­ler Biontech/Pfizer wollen bis März — unter Vorbe­halt der behörd­li­chen Geneh­mi­gung — einen an Omikron angepass­ten Impfstoff bereit­stel­len. Sie gehen aber davon aus, dass auch ihr derzei­tig verwen­de­ter Impfstoff weiter­hin vor einer schwe­ren Erkran­kung schützt — aller­dings auch davon, dass angesichts von Omikron zwei Dosen keine vollstän­di­ge Impfung mehr sind.

Exper­ten erwar­ten eine sehr schnel­len Ausbrei­tung der Omikron-Varian­te. «Wir rechnen damit, dass diese Mutati­on Anfang nächs­ten Jahres langsam die dominan­te Varian­te wird», sagte der Präsi­dent der Inten­siv­me­di­zi­ner-Verei­ni­gung Divi, Gernot Marx, der «Passau­er Neuen Press­se». Sein Kolle­ge Chris­ti­an Karagi­ann­idis hatte bereits von Ende Januar gesprochen.

Exper­ten empfeh­len frühe­ren Booster

Angesichts dessen drängen Fachleu­te wie der Vorsit­zen­de der Deutschen Gesell­schaft für Infek­tio­lo­gie, Bernd Salzber­ger, auf eine Verkür­zung des Abstands zwischen zweiter und dritter Impfung. Die Ständi­ge Impfkom­mis­si­on empfiehlt im Regel­fall bisher sechs Monate, je nach Bundes­land ist es auch schon früher möglich. Eine rasche­re Auffrisch­imp­fung könne die Ausbrei­tung sowohl der Delta- wie auch der Omikron-Varian­te beein­flus­sen, «das zeigen die Erfah­run­gen aus Israel sehr eindrück­lich», sagte Salzber­ger den Zeitun­gen der Funke-Mediengruppe.

Der Grünen-Gesund­heits­po­li­ti­ker Janosch Dahmen, der selbst Arzt ist, sagte der Düssel­dor­fer «Rheini­schen Post»: «Wir müssen nun in den Modus einer voraus­schau­en­den Pande­mie­po­li­tik kommen. Die Folgen von Omikron spüren wir noch nicht morgen, aber schon heute müssen wir uns dagegen wappnen. Das Boostern ist wirksam und entschei­dend, wie die aktuel­len Daten zeigen. Wir werden auch den Zeitpunkt der Booster-Impfun­gen vorzie­hen müssen.»

1,1 Millio­nen Impfun­gen binnen eines Tages

Nach den am Freitag veröf­fent­lich­ten Zahlen des Robert Koch-Insti­tuts (RKI) wurden am Vortag mehr als 950.000 Auffrisch­imp­fun­gen gesetzt, der zweit­höchs­te Wert bisher. Hinzu kamen gut 77.000 Erst- und ebenso viele Zweit­imp­fun­gen. Insge­samt waren es mit 1,1 Millio­nen Impfun­gen die zweit­meis­ten seit dem frühen Sommer. Damit haben derzeit gut 17 Millio­nen Menschen einen aufge­frisch­ten vollen Impfschutz. Bei 83 Millio­nen Einwoh­nern sind das in etwa 20 Prozent.

Die am Freitag von Bundes­tag und Bundes­rat beschlos­se­nen Nachbes­se­run­gen am Infek­ti­ons­schutz­ge­setz der Ampel-Regie­rung hält der Vorsit­zen­de der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz, Nordrhein-Westfa­len Regie­rungs­chef Hendrik Wüst (CDU), immer noch für unzurei­chend. «Wir hätten uns mehr gewünscht — gerade wegen der Omikron-Varian­te», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. «Wenn uns die deutlich infek­tiö­se­re Omikron-Varian­te weiter fordert, kann es sich als Fehler erwei­sen, dass durch den Bund eine Reihe von Maßnah­men von vornher­ein ausge­schlos­sen sind, die bis Novem­ber noch möglich waren.» Dazu gehöre notfalls die Unter­sa­gung nicht notwen­di­ger Reisen in Deutsch­land, vor allem in Regio­nen mit extrem vielen Infektionen.

Zu den beschlos­se­nen Regelun­gen gehört eine Testpflicht für Beschäf­tig­te etwa in Klini­ken, Pflege­hei­men und Arztpra­xen. Die Schlie­ßung der Gastro­no­mie wird nun wieder ausdrück­lich möglich, auch die Unter­sa­gung bestimm­ter Großveranstaltungen.