CARCASSONNE (dpa) — Der vierte Streich! Mark Caven­dish stellt bei der Tour de France einen über vier Jahrzehn­te alten Rekord ein. Der einge­hol­te Eddy Merckx wird deshalb nicht unruhig.

Mark Caven­dish hat sich endgül­tig in den Geschichts­bü­chern der Tour de France verewigt und den Uralt-Rekord von Radsport-Legen­de Eddy Merckx eingestellt.

Der 36 Jahre alte Brite gewann die 219,9 Kilome­ter lange 13. Etappe von Nimes nach Carcas­son­ne und holte damit seinen insge­samt 34. Tages­sieg beim größten Radren­nen der Welt. Der Belgi­er Merckx, der die gleiche Anzahl an Tages­sie­gen zwischen 1969 und 1975 einge­fah­ren hatte, muss die presti­ge­träch­ti­ge Bestmar­ke nun teilen. Zumin­dest solan­ge, bis Caven­dish mit einem 35. Sieg endgül­tig vorbeizieht.

«Es gibt kein Problem, wenn Caven­dish meinen Rekord holt. Ich werde deshalb keinen Schlaf verlie­ren. Wenn er es schafft, gratu­lie­re ich, denn es ist nicht einfach, 34 Sprints zu gewin­nen», hatte der fünfma­li­ge Gesamt­sie­ger aus Belgi­en schon vorab der «Gazzet­ta dello Sport» gesagt. Merckx verwies dabei noch einmal dezent auf seine 96 Tage im Gelben Trikot, seine Titel und seine Vielsei­tig­keit, mit der er verschie­dens­te Etappen gewon­nen hatte.

Kein Tag für Ausreißer

Caven­dish, der eine lange Durst­stre­cke hinter sich hat, trumpft 2021 wieder auf wie in jungen Jahren. Der Coup in Carcas­son­ne war bereits sein vierter Tages­sieg, alle Massen­sprints im stark dezimier­ten Sprin­ter­feld gingen bislang an den Routi­nier. Sein dänischer Anfah­rer Micha­el Mörköv und der Belgi­er Jasper Philip­sen lande­ten am Freitag auf den Rängen zwei und drei. Auch ein Radwech­sel rund 35 Kilome­ter vor dem Ziel konnte den Briten nicht ausbremsen.

Anders als am Vortag in Nimes, als Nils Politt für den ersten deutschen Sieg gesorgt hatte, ließen die Sprin­ter-Teams diesmal keine Gruppe zu weit wegzie­hen. Ein Trio um den Franzo­sen Pierre Latour führte das Rennen lange an, doch hinten im Peloton wurde das Gesche­hen jeder­zeit kontrol­liert. Allen voran Deceu­ninck-Quick-Step tat erneut alles, um eine Massen­an­kunft für Caven­dish zu organi­sie­ren, nachdem dieser zuvor alle Sprint­fi­nals beherrscht hatte.

Deutsche Fahrer unauffällig

Die Deutschen blieben diesmal unauf­fäl­lig, nachdem Politt und André Greipel am Donners­tag noch mutig angegrif­fen hatten. Für Routi­nier Roger Kluge endete das Rennen vorzei­tig. Der 35-Jähri­ge war 65 Kilome­ter vor dem Ziel in einen Massen­sturz verwi­ckelt, bei dem mehre­re Fahrer eine Böschung hinun­ter­ge­stürzt waren. Zunächst war unklar, wie schwer sich Kluge verletzt hatte.

Um weite­re Massen­stür­ze wie zum Auftakt zu verhin­dern, schrit­ten die Organi­sa­to­ren diesmal ein. Anders als sonst wurde die Zeit des Haupt­fel­des diesmal nicht drei, sondern 4,5 Kilome­ter vor dem Ziel genom­men, falls sich danach noch Stürze ereig­nen. Damit sollte das rasan­te Finish, das bei dieser 108. Tour zu Stürzen und Kritik geführt hatte, etwas entschärft werden. Die Fahrer­ver­ei­ni­gung CPA bedank­te sich expli­zit beim Weltver­band UCI und dem Veran­stal­ter ASO. Man sei «glück­lich», dass man diesen Test erwirkt habe.

Für Titel­ver­tei­di­ger und Gelb-Träger Tadej Pogacar wurde es erwar­tungs­ge­mäß ein locke­rer Tag. Der 22 Jahre alte Slowe­ne vertei­dig­te ohne Proble­me seine Gesamt­füh­rung und liegt weiter über fünf Minuten vor Rigober­to Uran (Kolum­bi­en) und Jonas Vinge­gaard (Dänemark).

Nach einem hügeli­gen Teilstück am Samstag, das Ausrei­ßern und Klassik­erfah­rern wie Julian Alaphil­ip­pe liegen könnte, wird es wohl spätes­tens am Sonntag wieder ernst im Kampf ums Gelbe Trikot. Auf den 191,3 Kilome­tern nach Andor­ra, auf denen auch das 2408 Meter hohe Dach der Tour erklom­men wird, müssen Vinge­gaard und Co. mutig attackie­ren, um gegen den weit enteil­ten Pogacar überhaupt noch eine Chance zu haben. Am Mont Ventoux war der junge Däne dem Domina­tor schon mal davon­ge­fah­ren, wurde auf der Abfahrt aber wieder eingeholt.

Von Patrick Reichardt und Tom Bachmann, dpa