Von den Golden Globes zum Humboldt Forum, von Billie Eilish zu Louise Glück: Das Kultur­jahr 2020.

Golden Globes, Grammys, Oscars, Berli­na­le — bis dahin lief alles normal. Dann kam Corona und viele Absagen. Der Kultur­be­trieb erstarr­te — aber nicht ganz.

05.01. Der Kriegs­film «1917» des Briten Sam Mendes erhält in Bever­ly Hills (USA) zwei Golden Globes: als bestes Drama und für die beste Regie. Die Komödie «Once Upon a Time in Holly­wood» von US-Regis­seur Quentin Taran­ti­no erhält drei Preise. Beste Schau­spie­le­rin ist die Ameri­ka­ne­rin Renée Zellwe­ger, bester Schau­spie­ler der Ameri­ka­ner Joaquin Phoenix.

23.01. Die Bratschis­tin Tabea Zimmer­mann aus Berlin erhält den Ernst von Siemens Musik­preis. Die mit 250.000 Euro dotier­te Auszeich­nung zählt zu den weltweit wichtigs­ten Musikpreisen.

26.01. Die 18-jähri­ge US-Sänge­rin und Songwri­te­rin Billie Eilish ist mit fünf Preisen die große Abräu­me­rin bei den 62. Grammy Awards in Los Angeles. Unter anderem wird ihr Lied «Bad Guy» als «Song des Jahres» ausgezeichnet.

09.02. Der korea­ni­sche Satire-Film «Parasi­te» des Regis­seurs Bong Joon Ho gewinnt in Holly­wood vier Oscars, darun­ter den für den besten Film. Beste Haupt­dar­stel­le­rin ist Renée Zellwe­ger als Sänge­rin Judy Garland im biogra­fi­schen Film «Judy», bester Schau­spie­ler Joaquin Phoenix für seine Rolle des späte­ren Batman-Gegen­spie­lers «Joker».

18.02. Die US-Sänge­rin und fünffa­che Grammy-Gewin­ne­rin Billie Eilish («Bad Guy») wird in London mit dem Brit Award als beste inter­na­tio­na­le Künst­le­rin ausge­zeich­net. Zwei Preise gewinnt der Schot­te Lewis Capal­di: für die Single des Jahres («Someone You Loved») und als Bester Nachwuchskünstler.

29.02. Der Golde­ne Bär der Berli­na­le geht an das irani­sche Drama «Es gibt kein Böses», das sich mit der Todes­stra­fe im Land befasst. Der Regis­seur Moham­med Rassu­l­of durfte nicht aus seiner Heimat anrei­sen. Den Silber­nen Bären erhält die deutsche Schau­spie­le­rin Paula Beer für ihre Rolle in Chris­ti­an Petzolds Liebes­film «Undine».

08.03. Der US-Verlag Hachet­te nimmt nach Protes­ten die Autobio­gra­fie von Woody Allen aus dem Programm. Gegen den Regis­seur liegen seit Jahrzehn­ten Missbrauchs­vor­wür­fe seiner Adoptiv­toch­ter Dylan Farrow vor. Allen hatte das stets zurückgewiesen.

12.03. Die Jury benennt die Träger des Leipzi­ger Buchprei­ses: Lutz Seiler für seinen Roman «Stern 111», die Histo­ri­ke­rin Betti­na Hitzer für ihr Sachbuch «Krebs fühlen» und Pieke Biermann für eine Überset­zung. Die Leipzi­ger Buchmes­se war abgesagt worden.

19.04. Mit dem virtu­el­len Konzert «One World: Together at Home» bedan­ken sich viele Weltstars von zu Hause aus bei den Helfern in der Corona-Pande­mie. Außer­dem rufen sie zu Spenden auf. Die weltweit ausge­strahl­te TV-Show dauert acht Stunden. Zu den Organi­sa­to­ren gehört US-Sänge­rin Lady Gaga.

25.04. Gewin­ner des Deutschen Filmprei­ses mit der Golde­nen Lola und weite­ren Auszeich­nun­gen ist das Drama «System­spren­ger» von Nora Fingscheidt. Beste Haupt­dar­stel­le­rin ist die elfjäh­ri­ge Helena Zengel in der Rolle eines aggres­si­ven Mädchens. Die Silber­ne Lola geht an den Film «Berlin Alexanderplatz».

27.04. Die Schrift­stel­le­rin Nora Bossong erhält den mit 25.000 Euro dotier­ten Thomas-Mann-Preis. Die 38-Jähri­ge gehöre zu den vielsei­tigs­ten deutsch­spra­chi­gen Autorin­nen der Gegen­wart, erklärt die Jury.

28.04. Der briti­sche Schrift­stel­ler Ian McEwan wird mit der Goethe-Medail­le 2020 ausge­zeich­net. Weite­re Preis­trä­ger sind die bolivia­ni­sche Künst­le­rin Elvira Espejo Ayca und die südafri­ka­ni­sche Schrift­stel­le­rin Zukis­wa Wanner. Mit dem undotier­ten Preis würdigt das Goethe-Insti­tut Perso­nen für ihr heraus­ra­gen­des Engage­ment im inter­na­tio­na­len Kulturaustausch.

09.06. Der US-Medien­kon­zern Warner entfernt den Histo­ri­en­film «Vom Winde verweht» zeitwei­lig aus seinem Angebot. Die Erzäh­lung einer Liebes­ge­schich­te aus dem ameri­ka­ni­schen Bürger­krieg wurde als Verharm­lo­sung der Sklave­rei kritisiert.

17.06. Der Friedens­preis der Deutschen Buchhan­dels geht an den indischen Wirtschafts­wis­sen­schaft­ler und Philo­so­phen Amartya Sen. Er habe sich seit Jahrzehn­ten mit Fragen der globa­len Gerech­tig­keit ausein­an­der­ge­setzt, heißt es in der Begründung.

21.06. Der Ingeborg-Bachmann-Preis für deutsch­spra­chi­ge Litera­tur geht in einem virtu­el­len Wettbe­werb an die Berli­ner Schrift­stel­le­rin Helga Schubert. Ihr Text «Vom Aufer­ste­hen» handelt von einer zwiespäl­ti­gen Mutter-Tochter-Beziehung.

07.07. Die Autorin Elke Erb erhält den Georg-Büchner-Preis. Für die Schrift­stel­le­rin sei Poesie eine politi­sche und höchst­le­ben­di­ge Erkennt­nis­form, urteilt die Jury. Der Preis gilt als wichtigs­te litera­ri­sche Auszeich­nung in Deutschland.

14.07. Die Autorin Nora Bossong gewinnt den mit 50.000 Euro dotier­ten Joseph-Breit­bach-Preis. Das Werk der 38-Jähri­gen sei zwar in jeder Zeile politisch, aber morali­sie­re nicht, teilt die Akade­mie der Wissen­schaf­ten und der Litera­tur in Mainz mit.

19.08. Die Zeitschrift «Tanz» kürt das Ballett Zürich zur «Kompa­nie des Jahres». Die Schwei­zer Bühne überzeug­te auch mit der «Produk­ti­on des Jahres»: Chris­ti­an Spucks «Das Mädchen mit den Schwe­fel­höl­zern». Der Brite Akram Khan ist «Choreo­graf des Jahres» und die Rumänin Alina Cojoca­ru «Tänze­rin des Jahres».

26.08. Der briti­sche Inter­na­tio­nal-Booker-Litera­tur­preis geht an die nieder­län­di­sche Autorin Marie­ke Lucas Rijneveld. Ihr Roman «The Discom­fort of Evening» («Was man sät») erzählt von der Kindheit in einer streng-christ­li­chen Familie. Die 29-jähri­ge Rijneveld ist die bislang jüngs­te Preisträgerin.

08.09. Die Oscar-Akade­mie führt Diver­si­täts­re­geln für die Top-Sparte «Bester Film» ein. Bewer­ber müssen von 2024 an mindes­tens zwei Vielfalts­kri­te­ri­en erfül­len. Beispiels­wei­se könnte eine Darstel­le­rin oder ein Darstel­ler in einer wichti­gen Rolle einer Minder­heit angehören.

12.09. Das US-Drama «Nomad­land» gewinnt den Golde­nen Löwen der Filmfest­spie­le von Venedig. Die chine­sisch-stämmi­ge Regis­seu­rin Chloé Zhao erzählt darin die Geschich­te einer verzwei­fel­ten Frau, die alles verlo­ren hat.

21.09. Der tsche­chisch-franzö­si­sche Schrift­stel­ler Milan Kunde­ra erhält den Franz-Kafka-Litera­tur­preis. Kunde­ras Lebens­werk sei aus dem Geist der tsche­chi­schen Kultur hervor­ge­gan­gen und habe diese außer­or­dent­lich berei­chert, begrün­det die inter­na­tio­na­le Jury in Prag ihre Entscheidung.

03.10. Unbekann­te beschmie­ren auf der Berli­ner Museums­in­sel Dutzen­de Objek­te mit einer öligen Flüssig­keit, darun­ter Sarko­pha­ge und Tafeln. Die Attacke wird erst am 20. Oktober bekannt.

08.10. Die US-ameri­ka­ni­sche Lyrike­rin Louise Glück wird mit dem Nobel­preis für Litera­tur geehrt. Die poeti­sche Stimme der 77-Jähri­gen sei «unver­wech­sel­bar», urteilt die Jury.

11.10. Die Schrift­stel­le­rin und Publi­zis­tin Ines Geipel nimmt in Wolfen­büt­tel (Nieder­sach­sen) den mit 20.000 Euro dotier­ten Lessing-Preis für Kritik entge­gen. Die DDR-Dissi­den­tin habe sich für die Rehabi­li­tie­rung von Autorin­nen und Autoren in der DDR einge­setzt, begrün­det die Jury ihre Entscheidung.

12.10. Die Autorin Anne Weber gewinnt für ihren Roman «Annet­te, ein Heldin­nen­epos» den diesjäh­ri­gen Deutschen Buchpreis. Das Buch erzählt in Versform die Lebens­ge­schich­te der franzö­si­schen Wider­stands­kämp­fe­rin Anne Beaumanoir.

14.10. Livestreams im Inter­net statt Menschen­mas­sen zwischen Messe­stän­den: Wegen der Corona-Pande­mie findet die Frank­fur­ter Buchmes­se fast ausschließ­lich online statt. Bis 18. Oktober infor­mie­ren 4400 digita­le Ausstel­ler aus 110 Ländern.

28.10. Das Polit­dra­ma «Und morgen die ganze Welt» von Julia von Heinz ist Deutsch­lands Beitrag für die Oscars in der Katego­rie «Bester inter­na­tio­na­ler Film». Er handelt von einer Studen­tin, die sich in linken und antifa­schis­ti­schen Kreisen engagiert.

08.11. Die südko­rea­ni­sche Boygroup BTS gewinnt bei den MTV Europe Music Awards die meisten Preise. Unter den vier Trophä­en der K‑Pop-Band ist auch die in der Sparte «Bester Song» für ihr Disco­pop-Stück «Dynami­te».

13.11. Die Ethno­lo­gin Carola Lentz ist neue Präsi­den­tin des Goethe-Insti­tuts. Ihr Vorgän­ger Klaus-Dieter Lehmann hatte die ehren­amt­li­che Positi­on seit 2008 inne. Das Goethe-Insti­tut ist in 98 Ländern mit 157 Insti­tu­ten vertreten.

14.11. In der Toten­stadt Sakka­ra bei Kairo haben Archäo­lo­gen mehr als 100 gut erhal­te­ne Sarko­pha­ge aus altägyp­ti­scher Zeit entdeckt. Das teilt Ägyptens Antiken­minis­ter mit.

19.11. Der briti­schen Booker-Litera­tur­preis geht an den gebür­ti­gen Schot­ten Douglas Stuart für seinen Roman «Shuggie Bain». Darin erzählt der Autor von einer Kindheit mit einer alkohol­ab­hän­gi­gen Mutter im Glasgow der 1980er Jahre.

30.11. Hervé Le Tellier erhält Frank­reichs wichtigs­te Litera­tur­aus­zeich­nung Prix Goncourt für den Roman «L’Anoma­lie». Das Buch handelt von einem einzig­ar­ti­gen Ereig­nis, das das Leben von Hunder­ten Flugpas­sa­gie­ren auf den Kopf stellt.

07.12. Der US-Sänger Bob Dylan hat dem weltgröß­ten Musik­kon­zern Univer­sal Music die Rechte an seinen Songs verkauft. Für die mehr als 600 Titel wie «Blowin’ in the Wind» soll der Folk-Rock-Pionier mehr als 300 Millio­nen Dollar erhal­ten haben.

12.12. Die Tragi­ko­mö­die «Der Rausch» des Dänen Thomas Vinter­berg wird beim Europäi­schen Filmpreis vierfach geehrt, darun­ter als bester Film. Beste Darstel­le­rin ist die Deutsche Paula Beer mit ihrer Rolle im Liebes­dra­ma «Undine».

16.12. Das Humboldt Forum im wieder­auf­ge­bau­ten Berli­ner Schloss öffnet seine Pforten, vorerst aber nur digital. Umstrit­ten sind Expona­te aus der Koloni­al­zeit. Das Kultur­pro­jekt hat bei einer Bauzeit von sieben Jahren 677 Millio­nen Euro gekostet.