ROTTWEIL (dpa/lsw) — Der Ganztag an Grund­schu­len ist aus Sicht des Landes­el­tern­bei­rats eine Möglich­keit, Bildungs­er­folg und sozia­le Herkunft zu entkop­peln. Ab 2026 haben Kinder einen Anspruch auf Ganztags­be­treu­ung. Doch woher das Geld dafür kommen soll, ist weiter unklar.

Der Landes­el­tern­bei­rat (LEB) fordert vom Land eine milli­ar­den­schwe­re Bildungs­of­fen­si­ve für die Ganztags­grund­schu­len. «Der Ganztag ist enorm wichtig, um unseren Kindern die Möglich­keit zu geben, unabhän­gig vom Eltern­haus vernünf­ti­ge Start­chan­cen zu erhal­ten», sagte LEB-Landes­chef Micha­el Mittel­staedt in Rottweil der Deutschen Presse-Agentur.

Dazu brauche man aber ausrei­chend Lehrkräf­te, denen der Beruf durch besse­re Bezah­lung und günsti­ge­re Arbeits­be­din­gun­gen schmack­haft gemacht werden müsse, sagte Mittel­staedt. «Sie werden bei der Umset­zung des Rechts­an­spru­ches auf Ganztags­schu­le dringend gebraucht.» Im Südwes­ten gib es mehr als 2000 Grundschulen.

Kinder haben ab dem Schul­jahr 2026/27 einen Rechts­an­spruch auf ganztä­gi­ge Förde­rung an Grund­schu­len. Laut der Präsi­den­tin der Kultus­mi­nis­ter­kon­fe­renz, Berlins Bildungs­se­na­to­rin Astrid-Sabine Busse (SPD), dient der schritt­wei­se einge­führ­te Ganztag nicht nur der Verein­bar­keit von Familie und Beruf, er beför­dert auch Persön­lich­keits­ent­wick­lung und Chancengleichheit.

Das sieht auch Mittel­staedt so: «Die Bildungs­ge­rech­tig­keit gebie­tet es, dass nur ein Lehrer und nicht jeder, der sich berufen fühlt, den Ganztag bestrei­tet», sagte der Vater von drei Kindern. Von der Zeit, die die Kinder in der rhyth­mi­sier­ten Ganztags­schu­le verbrin­gen, entfal­le nur etwa die Hälfte auf quali­fi­zier­te Lehrkräfte.

Aber die Grund­schu­le sei die Schule, die sozia­le Unter­schie­de und unter­schied­li­ches Engage­ment der Eltern ausbü­geln müsse. «Wenn man wirklich die Basis für Bildungs­er­folg legen will, ist die Grund­schu­le mit adäquat ausge­bil­de­ten Pädago­gen der Ort dafür.» Wenn wie geplant die Kommu­nen zur Finan­zie­rung des Perso­nals für das Restpro­gramm heran­ge­zo­gen würden, sei dies ein Schritt weg von gleichen Bedin­gun­gen für die Grundschüler.

Es bestehen laut Mittel­staedt große Unter­schie­de bei der finan­zi­el­len Ausstat­tung und beim Willen der Kommu­nen, Geld in einen Ganztag zu inves­tie­ren, der gewis­se Mindest­stan­dards hinsicht­lich Quali­tät, Quanti­tät und Perso­nal­qua­li­fi­zie­rung garan­tie­re. «Die Finan­zie­rung muss vom Kultus­mi­nis­te­ri­um kommen, damit die durch­gän­gi­ge Quali­tät der Beschu­lung gewähr­leis­tet ist», sagt der Vertre­ter des offizi­el­len Beratungs­gre­mi­ums des Kultusministeriums.

Der Gemein­de­tag sieht den Rechts­an­spruch auf Ganztags­be­treu­ung dagegen kritisch und hat eine Rücknah­me ins Spiel gebracht. Angesichts bereits bestehen­der Proble­me der Kommu­nen, Pflicht­auf­ga­ben zu finan­zie­ren, sei ein Verzicht auf den Rechts­an­spruch zu erwägen, hieß es.