BERLIN (dpa) — Hausbe­sit­zer können erst einmal aufat­men, was ihre Heizung angeht. Ihre schlimms­ten Befürch­tun­gen treten nicht ein. Sie müssen ihre Öl- und Gaskes­sel nicht sofort rauswer­fen. Trotz­dem ist deren Ende absehbar.

Mit dem Kompro­miss der Ampel-Koali­ti­on zum lange Zeit umstrit­te­nen Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz kommt das Ende von Öl- und Gashei­zun­gen in Deutsch­land. Es wird aller­dings ein Ende auf Raten sein, weil es Übergangs- und Ausnah­me­re­ge­lun­gen geben soll. Und ein wenig wird es auch einfach der Markt über den Preis regeln, so die Kalku­la­ti­on der Bundesregierung.

Was kommt auf Hausbe­sit­zer generell zu?

Hausbe­sit­zer haben eine Sorge weniger: Die ursprüng­lich vorge­se­he­ne Austausch­pflicht für funktio­nie­ren­de Öl- und Gashei­zun­gen ist vom Tisch. Diese können auch nach dem 1. Januar 2024 weiter­be­trie­ben und sogar repariert werden, wenn sie ausfal­len. Generell aber gilt: Wer nach diesem Stich­tag eine Heizung einbau­en lässt, der muss dafür sorgen, dass diese mindes­tens zu 65 Prozent mit erneu­er­ba­ren Energien betrie­ben wird. Das gilt für Neubau­ten ebenso wie für ältere Häuser.

Und wenn eine Heizung nach 2024 kaputt geht?

Im Havarie­fall, wenn also eine alte Öl- oder Gashei­zung nicht mehr zu reparie­ren ist, sollen Hausei­gen­tü­me­rin­nen und ‑eigen­tü­mer nicht wochen­lang im Kalten sitzen müssen, weil Wärme­pum­pen nicht kurzfris­tig liefer­bar sind. Sie können daher erneut einen Öl- oder Gasbren­ner einbau­en, was in der Regel viel schnel­ler geht. Aller­dings muss diese Heizung später ökolo­gisch nachge­rüs­tet werden, um die 65-Prozent-Vorga­be zu erfül­len. Dafür gibt es eine Frist von drei Jahren. Möglich wäre zum Beispiel, die konven­tio­nel­le Gashei­zung mit einer Wärme­pum­pe zu ergänzen.

Muss es denn künftig eine Wärme­pum­pe sein?

Nein. Die betei­lig­ten Minis­te­ri­en — Wirtschaft, Bau, Finan­zen — betonen, dass es eine Techno­lo­gie­of­fen­heit gibt. Es ist zum Beispiel auch möglich, Solar­ther­mie zu nutzen oder eine Hybrid­sys­tem aus Wärme­pum­pe und Gashei­zung einzu­bau­en, bei der die Wärme­pum­pe die Grund­ver­sor­gung deckt und die Gashei­zung an kalten Tagen einspringt. Möglich sind auch andere Varian­ten wie Strom­di­rekt­hei­zun­gen, das Nutzen von Biomas­se oder der Anschluss an ein Wärmenetz.

Ist Wasser­stoff auch eine Alternative?

Heizen mit Wasser­stoff dürfte für die meisten Hausbe­sit­zer schon wegen der momen­tan hohen Anschaf­fungs­kos­ten nicht attrak­tiv sein. So genann­te H2-Ready-Gashei­zun­gen, die komplett auf Wasserstoff
umrüst­bar sind, dürfen nach dem Gesetz­ent­wurf aber einge­baut werden. Voraus­set­zung: Es muss einen verbind­li­chen Inves­ti­ti­ons- und Trans­for­ma­ti­ons­plan für Wasser­stoff­net­ze geben und die Heizun­gen müssen schon 2030 mit mindes­tens 50 Prozent Biome­than und spätes­tens ab 2036 mit mindes­tens 65 Prozent Wasser­stoff betrie­ben werden. Fachleu­te warnen aber, dass H2-Ready-Heizun­gen für die Verbren­nung von reinem Wasser­stoff noch kostspie­lig umgerüs­tet werden müssten.

Lohnt sich jetzt noch schnell der Einbau einer neuen Gasheizung?

Wer partout beim Heizen rein mit Öl und Gas bleiben will, könnte auf die Idee kommen, sich vor dem 1. Januar kommen­den Jahres noch schnell einen neuen Brenner einbau­en zu lassen. Das wäre zuläs­sig. Aber: Der steigen­de CO2-Preis im Gebäu­de­be­reich dürfte das Heizen nur mit fossi­len Brenn­stof­fen schnell sehr teuer machen. Und: Am 31. Dezem­ber 2044 ist mit dem Heizen ausschließ­lich mit Öl und Gas ohnehin defini­tiv Schluss, denn ab 2045 will Deutsch­land klima­neu­tral sein. Dann dürfen auch beim Heizen keine Treib­haus­ga­se mehr in die Atmosphä­re abgege­ben werden.

Welche Ausnah­me­re­geln gibt es noch?

Wer im hohen Alter noch im eigenen Häuschen wohnt, kann sich ausrech­nen, dass sich die Inves­ti­ti­on in eine umwelt­freund­li­che Heizung kaum auszahlt. Vom Umbau­auf­wand gerade in älteren Häusern gar nicht zu sprechen. Die Ampel-Koali­ti­on hat festge­legt, dass für Eigen­tü­mer, die über 80 Jahre alt sind, die Pflicht zum Umstel­len auf Erneu­er­ba­re entfällt. Geht ihre bishe­rig Öl- oder Gashei­zung kaputt, kann sie durch eine ebensol­che ersetzt werden. Aber: Wird das Haus vererbt oder verkauft, greift das neue Recht — aller­dings auch mit einer Übergangs­frist von zwei Jahren. Härte­fall­re­ge­lun­gen gibt es zudem für einkom­mens­schwa­che Haushalte.

Wie schaut es denn mit der verspro­che­nen Förde­rung aus?

Die Ampel verspricht zwar, das Umstel­len auf klima­freund­li­ches Heizen finan­zi­ell zu unter­stüt­zen, um nieman­den zu überfor­dern und um Anrei­ze für ein freiwil­li­ges Umrüs­ten zu setzen. Die Details, insbe­son­de­re die Höhe der Förde­rung, sind aber noch nicht bekannt. Laut Finanz­mi­nis­te­ri­um soll es eine Art Abwrack­prä­mie für alte Anlagen geben. Deren Höhe könnte sich daran orien­tie­ren, «wie alt und schmut­zig» die zu erneu­ern­de Heizung ist, sagte Bundes­fi­nanz­mi­nis­ter Chris­ti­an Lindner soeben der «Bild am Sonntag».

Wie viele Heizun­gen müssen erneu­ert werden?

Sehr viele. Derzeit wird der Wärme­be­darf noch zu mehr als 80 Prozent durch das Verbren­nen fossi­ler Energie­trä­ger gedeckt. Von den rund 41 Millio­nen Haushal­ten in Deutsch­land heizt fast jeder zweite mit Erdgas und fast jeder vierte mit Heizöl. Zusam­men macht das an die 75 Prozent aller Haushal­te. Zum Vergleich: Wärme­pum­pen machen nach Angaben des Wirtschafts­mi­nis­te­ri­um weniger als drei Prozent aus.

Von Ulrich Stein­kohl, dpa