Die Entlas­sung eines ukrai­ni­schen Barmanns in Baden-Baden schlägt hohe Wellen. Der 52-jähri­ge Angestell­te des Restau­rants Rizzi in der mondä­nen Kurstadt soll eine Wutre­de gegen den russi­schen Angriffs­krieg sowie teilwei­se auch pauschal gegen Russen als Video im Inter­net veröf­fent­licht haben, wie die «Badischen Neues­ten Nachrich­ten» (Donners­tag) berich­te­ten. Wegen des Insta­gram-Videos wurde der Mann von seinem Arbeit­ge­ber gefeuert.

Das Restau­rant Rizzi, das bei Russen auch beliebt ist, erklär­te nun auf seiner Homepage: Das Video habe «bei vielen Menschen zurecht für Empörung und Unver­ständ­nis gesorgt». Die Mitar­bei­ter des Restau­rants bestün­den aus vielen Natio­nen und verur­teil­ten «jede Form von Rassis­mus». Der Barkee­per arbei­te­te sieben Jahre in dem Restau­rant. «Ich wurde gefeu­ert, weil ich meine Meinung zum Überfall Russlands auf die Ukrai­ne geäußert habe», sagte der Mann dem «Spiegel». Offen­bar habe sein Arbeit­ge­ber Angst gehabt, die zahlungs­kräf­ti­ge russi­sche Stamm­kund­schaft zu verprel­len. «Aber hier gilt doch Meinungs­frei­heit. Ich habe meine priva­te Meinung in den sozia­len Medien gesagt. Ich habe das Recht, mein Land zu unter­stüt­zen. Ich bin kein Rassist.»

Der in Konstanz ansäs­si­ge Arbeits­recht­ler Micha­el Wirlit­sch sagte, recht­lich gesehen müssten Arbeit­ge­ber fremden­feind­li­che oder belei­di­gen­de Äußerun­gen ihres Arbeit­neh­mers per se nicht hinneh­men, unabhän­gig davon, ob diese am Arbeits­platz oder in der Freizeit erfolg­ten. Die Meinungs­frei­heit habe ihre Schran­ken und recht­fer­ti­ge nicht jede Äußerung, auch, wenn man emotio­nal invol­viert sei.

Der Rauswurf sorgte bei Ukrai­nern in sozia­len Netzwer­ken dem Bericht zufol­ge für Unver­ständ­nis. Der Tenor: Die Äußerun­gen recht­fer­tig­ten keine frist­lo­se Entlas­sung. Das Restau­rant sei nur um seinen Ruf bei russisch­spra­chi­gen Gästen besorgt. Inzwi­schen reagier­te sogar der ukrai­ni­sche Außen­mi­nis­ter Dmytro Kuleba auf Facebook: «Mein Signal an alle Putin-Verste­her — Anhän­ger Putins in Deutsch­land und anderen Ländern — ihr seid wie die Piloten der russi­schen Flugzeu­ge, die ukrai­ni­sche fried­li­che Bürger umbrin­gen.» Der ukrai­ni­sche Staat erlau­be es nieman­dem, seine Bürger zu belei­di­gen. Weder in der Ukrai­ne, noch im Ausland. «Wir beim Außen­mi­nis­te­ri­um werden hart auf Vorfäl­le von Respekt­lo­sig­keit reagieren.»

Baden-Baden ist ein Kurort mit mehr als 200 Jahren russi­scher Tradi­ti­on. Es waren neben den Franzo­sen die Russen, die dem Ort im 19. Jahrhun­dert zur Berühmt­heit verhal­fen. Damals weilten Dichter wie Fjodor Dosto­jew­ski, Iwan Turgen­jew, Lew Tolstoi, Nikolai Gogol oder Wassi­li Schukow­ski in der Kurstadt. Auch viele Adeli­ge und drei Zaren kamen nach Baden.

Heute leben der Stadt zufol­ge 1100 Bürger mit russi­schem Pass in der Kurstadt und noch einmal so viele mit doppel­ter Staats­bür­ger­schaft, außer­dem rund 500 Ukrai­ner sowie 270 Ukrai­ner mit doppel­ter Staats­bür­ger­schaft. Auch leben hier eine Reihe von Russisch­stäm­mi­gen mit deutschem Pass.