BERLIN (dpa) — Auch wenn eine Reihe von Corona-Aufla­gen nun ausge­lau­fen ist — von einem «Freedom Day» kann keine Rede sein. Die Länder wollen die Übergangs­frist bis Anfang April nutzen.

Ungeach­tet hoher Corona-Infek­ti­ons­zah­len fallen erste bundes­wei­te Schutz­auf­la­gen in Deutsch­land weg.

So werden fürs Zugfah­ren mit der Deutschen Bahn von heute an keine 3G-Nachwei­se als Geimpf­te, Genese­ne oder Getes­te­te mehr benötigt, wie das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz nunmehr festlegt. Die Masken­pflicht im öffent­li­chen Nah- und Fernver­kehr gilt aber weiter. Aufge­ho­ben ist nun auch die gesetz­li­che Verpflich­tung zu 3G-Zutritts­nach­wei­sen am Arbeits­platz. Künftig sollen Unter­neh­men selbst die Gefähr­dungs­la­ge einschät­zen und in betrieb­li­chen Hygie­ne­kon­zep­ten Schutz­maß­nah­men festle­gen können.

«Wir haben Rekord-Inzidenzen»

Der Vorsit­zen­de des Deutschen Gewerk­schafts­bun­des (DGB), Reiner Hoffmann, fordert eine rasche Rücknah­me der Corona-Locke­run­gen. «Wir haben Rekord-Inziden­zen, und im Herbst kann sich die Lage noch einmal verschlech­tern», sagte Hoffmann den Zeitun­gen der Funke Medien­grup­pe. «Ich plädie­re dafür, das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz und auch die Covid-Arbeits­schutz­ver­ord­nung rasch nachzu­schär­fen. Wir dürfen nicht riskie­ren, dass der Arbeits­platz wieder zu einem Infek­ti­ons­herd wird.»

Die 3G-Regeln am Arbeits­platz und in Verkehrs­mit­teln hatten knapp vier Monate lang gegol­ten. Sie entfal­len nun nach Änderun­gen der bundes­wei­ten Rechts­grund­la­ge, die der Bundes­tag mit Stimmen der Ampel-Koali­ti­on am Freitag beschlos­sen hatte. Damit sind den Ländern nur noch wenige allge­mei­ne Schutz­vor­ga­ben im Alltag etwa zu Masken und Tests in Einrich­tun­gen für gefähr­de­te Gruppen wie Pflege­hei­men und Klini­ken möglich. Für regio­na­le «Hotspots» können aber weiter­ge­hen­de Beschrän­kun­gen kommen, wenn das Landes­par­la­ment für diese eine beson­ders kriti­sche Corona-Lage feststellt.

Länder kriti­sie­ren Neuregelung

Bei den Ländern ist die Neure­ge­lung auf schar­fe Kritik gesto­ßen. Partei­über­grei­fend haben Minis­ter­prä­si­den­ten dem Bund einen verant­wor­tungs­lo­sen Allein­gang in der Corona-Politik vorge­wor­fen. Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek (CSU) sagte der «Bild am Sonntag»: «Statt Tag der Freiheit droht ein Tag der Unver­nunft.» Bundes­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) wider­sprach: «Ab sofort rücken wir die Eigen­ver­ant­wor­tung der Menschen nach vorne. Wir gehen wieder einen großen Schritt in Richtung Normalität.»

Alle Länder wollen nun eine im Gesetz vorge­se­he­ne Übergangs­frist von zwei Wochen nutzen. Damit können aktuell bestehen­de Regelun­gen wie weiter­ge­hen­de Masken­pflich­ten in anderen Berei­chen wie Geschäf­ten und Schulen oder Zugangs­re­geln wie 2G und 3G bis längs­tens zum 2. April bestehen bleiben — ausge­nom­men sind aber etwa Kontakt­be­schrän­kun­gen oder Teilneh­mer­ober­gren­zen für Veran­stal­tun­gen. Die Übergangs­zeit soll auch genutzt werden können, um neue Regeln zu besiegeln.

Der Präsi­dent des Deutschen Lehrer­ver­ban­des, Heinz-Peter Meidin­ger, warnte, mit dem schnel­len Wegfall der Masken­pflicht in vielen Bundes­län­dern würden die Schulen zur Durch­seu­chung freige­ge­ben. «Mir berei­tet es große Sorgen, wie schnell die Masken­pflicht in den Schulen in vielen Bundes­län­dern jetzt wegfällt — und das, obwohl wir uns noch immer mitten in der Omikron-Welle befin­den und die Infek­ti­ons­zah­len wieder steigen», sagte er dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND). «Ich hoffe, dass uns das alles nicht demnächst auf die Füße fällt.»