KOPENHAGEN (dpa) — Fast Fashion ist ein großes Problem im Kampf gegen die Klima­kri­se. Ein Umden­ken hin zu mehr Nachhal­tig­keit ist der EU-Umwelt­agen­tur zufol­ge unerläss­lich, um die hohen Umwelt­fol­gen zu verringern.

Maßneh­men im Kleider­schrank: Jeder EU-Bürger legt sich jährlich im Durch­schnitt knapp 15 Kilogramm an Beklei­dung und weite­ren Texti­li­en zu.

Dieser Verbrauch erfor­de­re pro Person 391 Kilogramm Rohstof­fe, 9 Kubik­me­ter Wasser sowie 400 Quadrat­me­ter Landflä­che und verur­sa­che einen CO2-Abdruck von rund 270 Kilogramm, teilte die EU-Umwelt­agen­tur EEA am Donners­tag in Kopen­ha­gen mit. Vor der geplan­ten Vorstel­lung einer entspre­chen­den EU-Strate­gie im März mahnte sie an, es sei angesichts der hohen Umwelt- und Klima­be­las­tung durch die Herstel­lung und den Konsum von Texti­li­en unerläss­lich, den Sektor auf zirku­lä­re Geschäfts­mo­del­le umzustel­len und stärker auf langle­bi­ge, zeitlo­se Designs zu setzen.

Reiche­re Staaten beson­ders in der Schuld

Trotz eines recht deutli­chen Rückgangs beim Konsum von Textil­wa­ren aufgrund der Corona-Pande­mie belief sich der Pro-Kopf-Verbrauch der EU-Bürge­rin­nen und ‑Bürger im Jahr 2020 noch auf schät­zungs­wei­se 14,8 Kilogramm. Darun­ter entfie­len 6,1 Kilogramm auf Kleidungs­stü­cke von der Jacke bis zu den Socken, 6,0 Kilogramm auf Haushalts­tex­ti­li­en wie zum Beispiel Bettwä­sche und Teppi­che und 2,7 Kilogramm auf Schuhe. Da diese Produk­te vor allem in Asien herge­stellt werden, fällt dort auch der Großteil des Ressour­cen­ver­brauchs und der Emissio­nen an. Von den 270 Kilogramm CO2-Äquiva­len­ten entfie­len nur 27 Prozent auf die EU.

Auf die 27 einzel­nen EU-Länder hat die EEA die Verbrauchs­wer­te nicht herun­ter­ge­rech­net. Grund­sätz­lich lasse sich sagen, dass die Menschen in reiche­ren Staaten einen höheren Verbrauch hätten, sagte der EEA-Exper­te Lars Morten­sen. Hinzu kämen einige kultu­rell beding­te Varia­tio­nen etwa in Itali­en, Frank­reich und Skandinavien.

Die Umwelt­agen­tur wies darauf hin, dass solche Schätz­zah­len mit Unsicher­hei­ten behaf­tet seien und von Studie zu Studie variier­ten. Das jährli­che Mittel ist im vergan­ge­nen Jahrzehnt jedoch relativ konstant geblie­ben. Für 2021 rechne man mit ähnli­chen Werten wie 2020, 2022 dürften sie dann zuneh­men, sagte Mortensen.

Der Verbrauch von Texti­li­en hat nach EEA-Angaben im EU-Durch­schnitt die viert­größ­ten Auswir­kun­gen auf Umwelt und Klima nach dem Verzehr von Lebens­mit­teln, Wohnen und Mobili­tät. Die EU-Kommis­si­on hat angekün­digt, Ende März eine Strate­gie zu nachhal­ti­gen Texti­li­en und Kreis­lauf­wirt­schaf­ten vorstel­len zu wollen.

Zirku­lä­re Geschäfts­mo­del­le gefragt

Die Textil­in­dus­trie gehört zu den weltgröß­ten Wirtschafts­zwei­gen. Die Verein­ten Natio­nen schät­zen ihren Jahres­um­fang auf 2,4 Billio­nen Dollar (rund 2,1 Billio­nen Euro), weltweit sind demnach mehr als 75 Millio­nen Menschen in dieser Indus­trie beschäf­tigt. In der EU machte der Textil- und Beklei­dungs­sek­tor laut EEA 2019 einen Umsatz von 162 Milli­ar­den Euro aus, in dem Sektor waren demnach über 1,5 Millio­nen Menschen angestellt. Die 27 EU-Staaten impor­tie­ren ihre Texti­li­en haupt­säch­lich aus China, Bangla­desch und der Türkei und expor­tie­ren vor allem nach Großbri­tan­ni­en, in die Schweiz und die USA.

Wie die EEA unter­strich, müssen die Umwelt- und Klima­fol­gen vor allem mit einer Verla­ge­rung hin zu zirku­lä­ren Geschäfts­mo­del­len und langle­bi­gen Designs verrin­gert werden — das bedeu­tet unter anderem, dass der Einsatz von Ressour­cen ebenso minimiert wird wie der anfal­len­de Abfall. Mit anderen Worten: Der Wegwerf­ge­sell­schaft muss ein Ende gesetzt werden. Ein Problem: Einen echten Kreis­lauf, in dem Altklei­der zu neuen Texti­li­en werden, gibt es bislang noch nicht.

Der Umwelt­agen­tur zufol­ge können die negati­ven Auswir­kun­gen auf Klima und Umwelt reduziert werden, indem der Wert von Texti­li­en erhal­ten bleibt, ihre Lebens­zy­klen verlän­gert werden und häufi­ger recycel­te Materia­li­en verwen­det werden. Dies erfor­de­re neben techni­schen, sozia­len und wirtschaft­li­chen Innova­tio­nen auch Verhal­tens­än­de­run­gen bei den Verbrau­che­rin­nen und Verbrau­chern sowie politi­sche Rückendeckung.

Beim Design gehe es unter anderem darum, langle­bi­ge und umwelt­freund­li­che Materia­li­en auszu­wäh­len. Durch eine besse­re Haltbar­keit könne Kleidung länger getra­gen und wieder­ver­wen­det werden. Zudem sei es wichtig, den Fokus der Verbrau­cher auf zeitlo­se Designs — sogenann­te Slow Fashion — zu legen, um schnell wechseln­den Modetrends entge­gen­zu­wir­ken. Auch die negati­ven Folgen von Mikro­plas­tik aus Texti­li­en für Ökosys­te­me, Tiere und Menschen müssten angegan­gen werden, etwa durch nachhal­ti­ges Design und alter­na­ti­ve Herstellungsprozesse.

Von Steffen Trumpf, dpa