BRÜSSEL (dpa) — Ein monate­lan­ger Streit um einen europäi­schen Gaspreis­de­ckel soll heute beigelegt werden. Die Bundes­re­gie­rung zeigte sich zuletzt optimis­tisch, doch es ist noch nicht alles geklärt.

Verhand­lun­gen um einen europäi­schen Gaspreis­de­ckel gehen in die entschei­den­de Phase. Heute wollen Bundes­wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck (Grüne) und seine EU-Kolle­gin­nen und ‑Kolle­gen einen Höchst­preis für Gas nach monate­lan­gem Streit beschlie­ßen. Dafür hatten ihnen die Staats- und Regie­rungs­chefs beim EU-Gipfel vergan­ge­ne Woche einen ausdrück­li­chen Auftrag erteilt. Entschei­den­de Details wie die Höhe des Preis­li­mits sind jedoch noch offen.

Druck für einen Deckel

Seit Monaten strei­ten die EU-Staaten über Maßnah­men, um den angesichts des Ukrai­ne-Kriegs stark schwan­ken­den Gaspreis zu kontrol­lie­ren. Die EU-Kommis­si­on hatte unter dem Druck einer Vielzahl von Staaten vorge­schla­gen, unter bestimm­ten Umstän­den den Preis für Gas, das am Großhan­dels­platz TTF verkauft wird, bei 275 Euro pro Megawatt­stun­de zu deckeln. Ein solcher Preis­de­ckel würde Großkun­den betref­fen, die dort handeln — nicht Endver­brau­cher, wie etwa bei der Gaspreis­brem­se der Bundesregierung.

Beden­ken bei der Versorgungssicherheit

Die Bundes­re­gie­rung hatte sich lange gegen einen solchen Mecha­nis­mus gesträubt und befürch­tet, dass dann die Versor­gungs­si­cher­heit gefähr­det wäre, weil Liefe­ran­ten ihr Gas etwa an asiati­schen Märkten verkau­fen könnten, wo sie höhere Preise erzie­len könnten.

Beim EU-Gipfel hieß es, dass die Beden­ken von skepti­schen Staaten wie Deutsch­land berück­sich­tigt werden sollen. Es soll etwa sicher­ge­stellt werden, dass für die Versor­gung wichti­ge Tanker mit Flüssig­gas (LNG) wegen des Preis­de­ckels nicht abdre­hen. Zudem sollen die europäi­schen Preise trotz des Deckels über den inter­na­tio­na­len Preisen liegen, um nicht überbo­ten zu werden.

Höhe des Deckels noch offen

Entschei­den­de Details des Mecha­nis­mus waren bis zuletzt noch unklar — etwa wie hoch der Preis­de­ckel genau sein soll und wann er ausge­löst wird. Im Gespräch ist nun eine niedri­ge­re Grenze als von der EU-Kommis­si­on vorge­schla­gen — zwischen 180 und 220 Euro pro Megawatt­stun­de. Bundes­kanz­ler Olaf Scholz (SPD) sagte vergan­ge­ne Woche, er hoffe, dass der Preis­de­ckel nie greifen werde. «Der Preis­de­ckel (…) wird aller­dings so hoch sein, dass ich hoffe, dass er niemals relevant wird», sagte er nach dem Gipfel.

Markt­teil­neh­mer skeptisch

In trocke­nen Tüchern ist das Ganze noch nicht — auch weil unter anderem der Betrei­ber des betrof­fe­nen Handels­plat­zes TTF damit droht, den derzeit in den Nieder­lan­den angesie­del­ten Handels­platz ins EU-Ausland zu verschie­ben. Sollte der Mecha­nis­mus beschlos­sen werden, müsse man alle Optio­nen prüfen bis hin zu der Frage, ob ein effek­ti­ver Markt in den Nieder­lan­den noch lebens­fä­hig sei, teilte der Betrei­ber Inter­con­ti­nen­tal Exchan­ge (ICE) mit. In Deutsch­land warnte der Verband kommu­na­ler Unter­neh­men (VKU) vor zu harten Beschrän­kun­gen. «Eine niedri­ge Preis­gren­ze erschwert Gasein­käu­fe und gefähr­det die Versor­gungs­si­cher­heit», sagte VKU-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Ingbert Liebing der Deutschen Presse-Agentur.

Weite­re Maßnahmen

Im Gespräch sind auch weite­re Maßnah­men gegen die hohen Energie­prei­se, etwa schnel­le­re Geneh­mi­gun­gen für bestimm­te Solar- oder Windan­la­gen sowie gemein­sa­me Gasein­käu­fe in der EU. Können sich die Minis­ter auf den Gaspreis­de­ckel einigen, sollen auch die anderen Vorha­ben verab­schie­det werden. Auf der Tages­ord­nung der EU-Minis­te­rin­nen und Minis­ter steht zudem auch eine Verord­nung zu klima­schäd­li­chen Methanemissionen.