NEW YORK (dpa) — Buzz Aldrin und Neil Armstrong betra­ten vor rund 50 Jahren als erste Menschen den Mond — aber es gab noch einen Dritten: Micha­el Collins drehte während­des­sen in der Komman­do­kap­sel Warte­schlei­fen. Nun ist er gestorben.

Micha­el Collins hatte den wohl undank­bars­ten Job der Raumfahrt­ge­schich­te: Während weltweit rund eine halbe Milli­ar­de Zuschau­er vor ihren Fernse­hern die Mondlan­dung bejubel­ten, war der Astro­naut mitten­drin — und doch ganz alleine.

Collins drehte am 21. Juli 1969 (deutscher Zeit) in der Komman­do­kap­sel «Colum­bia» Warte­schlei­fen um den Mond und schwirr­te im Funkloch auf der Rücksei­te des Himmels­kör­pers herum, während seine Kolle­gen Neil Armstrong und Buzz Aldrin mit der Lande­fäh­re «Eagle» auf der Oberflä­che des Erdtra­ban­ten landeten.

Am Mittwoch ist der «verges­se­ne dritte Astro­naut» im Alter von 90 Jahren gestor­ben, wie seine Familie und die US-Raumfahrt­be­hör­de Nasa mitteil­ten. Collins habe an Krebs gelit­ten und «seine letzten Tage fried­lich im Kreis seiner Familie verbracht», hieß es in einer Mittei­lung der Familie. «Wir werden ihn schreck­lich vermis­sen. Aber wir wissen auch, wie glück­lich er sich gefühlt hat, das Leben zu leben, das er gelebt hat. Wir werden seinem Wunsch nachkom­men, dieses Leben zu feiern und nicht zu trauern.»

Die USA hätten einen «wahren Pionier und lebens­lan­gen Erkun­dungs-Aktivis­ten» verlo­ren, sagte der kommis­sa­ri­sche Nasa-Chef Steve Jurczyk. Wegen seiner Rolle bei der «Apollo 11»-Mission hätten ihn manche den «einsams­ten Menschen in der Geschich­te» genannt.

Einsam sei er damals aber gar nicht gewesen, hatte Collins zu Lebzei­ten immer wieder betont. «Ich habe mich als Teil dessen gefühlt, was auf dem Mond passiert. Ich weiß, dass ich ein Lügner oder Blödmann wäre, wenn ich sagen würde, dass ich den besten der drei Sitze von “Apollo 11” hatte, aber ich kann ehrlich sagen, dass ich zufrie­den mit dem bin, den ich hatte. Die Unter­neh­mung war für drei Männer angelegt und ich sehe mich als genau­so notwen­dig an wie die beiden anderen.»

US-Präsi­dent Richard Nixon vergaß bei seiner Live-Schal­te vom Weißen Haus zum Mond aller­dings, Collins zu erwäh­nen und sprach nur zu den anderen beiden — und so ging Collins als der «verges­se­ne Astro­naut» in die Geschich­te ein. Dabei hatte er drei Jahre vor der «Apollo 11»-Mission schon an einer anderen bedeu­ten­den Weltraum­un­ter­neh­mung teilge­nom­men — und da nicht nur als Chauf­feur. Collins war Pilot der «Gemini 10»-Mission, der ersten, bei der das Raumschiff an gleich zwei Satel­li­ten nachein­an­der andock­te. Dabei wurde er auch der erste Mensch, der sich im All von einem Flugkör­per zum anderen beweg­te, und nie zuvor waren Menschen weiter von der Erde entfernt gewesen.

Geboren wurde Collins 1930 in Itali­en als Sohn eines US-Militär­at­ta­chés. Seinem Highschool-Abschluss in den USA folgte die Aufnah­me in die Militär­aka­de­mie und Kader-Schmie­de West Point, wo er sich zum Kampf­flie­ger und Testpi­lo­ten ausbil­den ließ. 1963 schaff­te es Collins in die Astro­nau­ten­aus­wahl der Nasa.

Nur ein Jahr nach seinem Flug zum Mond verließ er die Raumfahrt­be­hör­de jedoch wieder und wurde Minis­te­ri­al­di­rek­tor im Außen­mi­nis­te­ri­um. 1971 übernahm er den Direk­to­ren­pos­ten im Natio­na­len Luft- und Raumfahrt­mu­se­um in Washing­ton. 1980 ging er in die Wirtschaft und gründe­te später seine eigene Firma. Außer­dem schrieb Collins, der zusam­men­ge­zählt mehr als elf Tage im All verbracht hat, zahlrei­che Bücher über seine Reisen ins All. Der dreifa­che Vater bekam zahlrei­che Auszeich­nun­gen, zudem sind unter anderem ein Mondkra­ter und ein Zwerg­pla­net nach ihm benannt.

Im Alter zog sich Collins zurück. «Grumme­lig» sei er gewor­den, sagte er einmal. Seine Zeit verbrin­ge er mit «Laufen, Fahrrad­fah­ren, Schwim­men, Angeln, Malen, Kochen, Lesen, Sorgen um die Börsen­wer­te machen und der Suche nach einer guten Flasche Caber­net für weniger als zehn Dollar». Als Held habe er sich nie gesehen. «Es gibt Helden, die auch gefei­ert werden sollten, aber Astro­nau­ten gehören nicht dazu. Wir arbei­ten hart und haben unsere Aufga­be fast perfekt erfüllt, aber dafür waren wir angestellt worden.» Er habe Glück gehabt im Leben — und sei glück­lich gewesen. «Schreibt “Glück­lich” auf meinen Grabstein.»

Von Chris­ti­na Horsten, dpa