Als Dieter Zetsche im vergan­ge­nen Jahr als Daimler-Vorstands­chef abtrat, war sein Wieder­ein­stieg schon fest verein­bart. 2021 sollte er neuer Chefauf­se­her beim Autobau­er werden. Doch daraus wird nichts.

Zetsche (67) war von Januar 2006 bis Mai 2019 Vorstands­chef beim schwä­bi­schen Autobau­er, ehe er seinen Posten an Ola Källe­ni­us abgab. Aller­dings war damals in den Führungs­gre­mi­en verab­re­det worden, dass Zetsche — nach einer Abkühl­pha­se — 2021 den Aufsichts­rats­vor­sitz vom inzwi­schen 78-jähri­gen Bisch­off überneh­men sollte.

Diese Pläne stießen aller­dings zuletzt auf immer mehr Kritik bei Daimler-Aktio­nä­ren. Zetsche wird unter anderem vorge­wor­fen, sich zum Ende seiner Zeit als Vorstands­chef auf den Rekor­den der zurück­lie­gen­den Jahre ausge­ruht und wichti­ge Weichen­stel­lun­gen vor allem für den Umstieg auf die Elektro­mo­bi­li­tät verschla­fen zu haben. Die derzei­ti­ge Krise sei — mal abgese­hen von unmit­tel­ba­ren Folgen der Corona-Pande­mie — hausge­macht. Zumal auch der Diesel-Skandal in Zetsches Amtszeit fiel, der Daimler weltweit erheb­lich an Ansehen und obendrein Milli­ar­den für teure Verglei­che kostete.

Auch aktuell schreibt der Konzern tiefro­te Zahlen, verbuch­te im zweiten Quartal einen Verlust von rund zwei Milli­ar­den Euro. Jetzt soll kräftig gespart werden. Zuletzt war der Abbau von 10 000 bis 15 000 Stellen weltweit kolpor­tiert worden. Medien hatten sogar von bis zu 30 000 Jobs berich­tet. Der Autobau­er nennt keine Zahlen.

Zetsche sagte, er habe im Sommer lange darüber nachge­dacht, ob sein ursprüng­li­cher Entschluss, kommen­des Jahr in den Daimler-Aufsichts­rat zurück­zu­keh­ren, noch gelte. «Natür­lich hätte ich diese Aufga­be gerne gemacht. Ich glaube auch, dass ich sie gut gemacht hätte», sagte er, bekann­te jedoch: «Ich habe mich gefragt, ob ich wirklich dem Unter­neh­men einen Dienst tue. Und ob ich mir einen Gefal­len tue, wenn ich diese Aufga­be jetzt übernehme.»

Mit einigen Großin­ves­to­ren im Rücken hätte er sich bei einer Wahl auf der Haupt­ver­samm­lung zwar gute Chancen ausge­rech­net, die nötige Mehrheit zu bekom­men. «Aber die Frage ist: Zu welchem Preis? Ich glaube, dass eine Kampf­ab­stim­mung dieses Unter­neh­men mit seinen 300 000 Mitar­bei­tern, an dem mir sehr viel liegt, zumin­dest für eine gewis­se Zeit belas­tet hätte.» In letzter Konse­quenz habe er sich dazu entschie­den, «dass ich das nicht will, dass ich darauf verzich­te». Daimler teilte mit, man nehme Zetsches Entschei­dung «mit großem Respekt zur Kenntnis».

Zu der Frage, wer nun neuer Aufsichts­rats­chef werden könne, gab sich Zetsche zurück­hal­tend. «Da bin ich raus, darüber habe ich keine Entschei­dun­gen zu treffen.» Auch ein Sprecher des Autokon­zerns äußer­te sich nicht näher. Zuletzt war für den Fall eines Zetsche-Rückzie­hers speku­liert worden, ob der schei­den­de Siemens-Chef Joe Kaeser diesen Posten überneh­men könne. Der 63-Jähri­ge sitzt aktuell als einfa­ches Mitglied im Daimler-Aufsichtsrat.

Ungeach­tet des Umbaus sind Inves­to­ren skeptisch, ob Daimler nicht zu spät in die Elektro­spur einge­bo­gen ist. Dass US-Konkur­rent Tesla an der Börse ein Vielfa­ches wert ist, bewer­tet Zetsche aber noch nicht als entschei­dend. «Die Finanz­märk­te versu­chen, die Zukunft vorweg­zu­neh­men. Und sie sind heute der Meinung, dass Tesla eine wertvol­le­re Zukunft als Daimler hat.» Er aber sei überzeugt, dass der Vergleich in fünf bis zehn Jahren «völlig anders ausse­hen» werde.