Erst ein Geträn­ke­her­stel­ler, dann Lidl, dann Babynah­rungs­her­stel­ler Hipp: Drei Firmen werden Zielschei­ben von Attacken mit explo­si­ven Postsen­dun­gen. Jetzt sitzt ein 66-Jähri­ger in U‑Haft — er soll der Absen­der sein. Was könnte ihn angetrie­ben haben?

ULM (dpa) — Aufat­men im Fall einer Serie von explo­si­ven Postsen­dun­gen an Unter­neh­men in Süddeutsch­land: Ein Rentner aus dem Raum Ulm soll der Absen­der sein und sitzt in Unter­su­chungs­haft. Die Ermitt­ler gingen nicht davon aus, dass er noch weite­re gefähr­li­che Briefe oder Pakete in Umlauf gebracht hat.

Doch was könnte den 66-Jähri­gen dazu bewogen haben, die Lebens­mit­tel­fir­men zu attackie­ren und damit Menschen­le­ben zu gefähr­den? Darüber herrsch­te am Wochen­en­de Ungewiss­heit. Der bislang nicht polizei­be­kann­te Mann habe sich zu den Vorwür­fen nicht geäußert, teilten das Landes­kri­mi­nal­amt (LKA) in Stutt­gart und die Staats­an­walt­schaft Heidel­berg mit.

Erkennt­nis­se darüber lagen auch am Sonntag — zwei Tage nach der Festnah­me des Mannes — nicht vor. Die Ermitt­lun­gen dazu liefen, hieß es beim LKA. Demnach wurden Beweis­mit­tel unter­sucht, die Ermitt­ler sicher­ge­stellt hatten.

Spezi­al­kräf­te hatten den Verdäch­ti­gen am Freitag­abend an seinem Wohnsitz im Raum Ulm festge­nom­men — als mutmaß­li­chen Absen­der dreier explo­si­ver Postsen­dun­gen an Firmen in Baden-Württem­berg und Bayern. Dies hatte in den vergan­ge­nen Tagen Angst und Besorg­nis ausge­löst. Der Mann leiste­te keinen Wider­stand. Insbe­son­de­re Ermitt­lun­gen zum Versand­weg und zur Art der Spreng­stoff­pa­ke­te hätten die Sonder­kom­mis­si­on auf seine Spur gebracht, hieß es.

Die Serie hatte am Diens­tag in der Waren­an­nah­me eines Geträn­ke­her­stel­lers in Eppel­heim (Rhein-Neckar-Kreis) begon­nen. Dort wurde ein Mann durch eine Verpuf­fung verletzt, als er ein Paket annahm. Am Mittwoch kam es beim Öffnen eines Briefes in der Lidl-Zentra­le in Neckar­sulm (Kreis Heilbronn) zu einer Explo­si­on mit drei Verletz­ten. Ein drittes verdäch­ti­ges Paket, das an den Babynah­rungs­her­stel­ler Hipp adres­siert war, wurde in der Nacht zu Donners­tag in einem Paktver­teil­zen­trum beim Flugha­fen München abgefan­gen und entschärft.

Die drei Sendun­gen trugen fikti­ve Absen­der, waren an einer Postan­nah­me­stel­le in Ulm abgege­ben und vom Dienst­leis­ter DHL ausge­lie­fert worden. Eine Sonder­kom­mis­si­on unter Leitung des Landes­kri­mi­nal­amts Baden-Württem­berg und die Staats­an­walt­schaft Heidel­berg hatten die Ermitt­lun­gen übernom­men. Zwischen­zeit­lich unter­such­ten 100 Beamte die Fälle.

Unter­des­sen waren bereits am Freitag alle Verletz­ten aus dem Kranken­haus entlas­sen worden. Lidl teilte mit, dass Mitar­bei­ter, die den Großein­satz erlebt hätten, medizi­nisch und psycho­lo­gisch betreut worden seien.

Am Wochen­en­de herrsch­te erhöh­te Alarm­be­reit­schaft wegen mögli­cher weite­rer Postsen­dun­gen: Am Samstag­mor­gen rückte die Polizei zu einem Paket­ver­teil­zen­trum in Leimen (Rhein-Neckar-Kreis) an, nachdem dort ein verdäch­ti­ges Paket mit verfärb­ter Hülle aufge­taucht war. Am frühen Nachmit­tag kam dann aber die Entwar­nung: «Das Paket wurde von den Spezia­lis­ten des Landes­kri­mi­nal­am­tes Baden-Württem­berg geöff­net. Hierbei wurde kein spreng­stoff­ver­däch­ti­ger Inhalt festgestellt.»