Die Club-WM fordert nachträg­lich ihren Tribut. Die geschlauch­ten und dezimier­ten Bayern schlit­tern gegen Biele­feld knapp an der Nieder­la­ge vorbei. Der Trainer lobt die «wahnsin­ni­ge Menta­li­tät» seiner Stars. Gesprächs­be­darf hat Hansi Flick aber auch über den Fußball hinaus.

MÜNCHEN (dpa) — Hansi Flick hatte am Ende des Tages viel zu erklä­ren. Und dabei gab es für den Bayern-Trainer nicht nur viel zum Fußball-Spekta­kel des Club-Weltmeis­ters gegen Arminia Biele­feld mit Schnee­ge­stö­ber, Abwehr­ver­sa­gen, Aufbäu­men, Aufhol­jagd und immer neuen, irren Wendun­gen zu sagen.

In einem über vier Minuten langen Monolog erläu­ter­te der 55-Jähri­ge noch einmal die Beweg­grün­de für seinen emotio­na­len Corona-Ausbruch Richtung Politik, von dem er nicht erwar­tet hatte, «dass das solche Wellen schlägt».

Dem von ihm am Sonntag als «sogenann­ten Exper­ten» abgewatsch­ten SPD-Gesund­heits­exper­ten und Fußball-Kriti­ker Karl Lauter­bach bot Flick ein «Gespräch unter vier Augen» an, um die Stand­punk­te zu erläu­tern. «Vielleicht ist es auch mal ganz gut, wenn ich mich persön­lich mit Herrn Lauter­bach abspre­che», sagte Flick, um eine Glättung der Wogen bemüht: «Ich bin keiner, der einen Menschen, den er nicht kennt, so in ein Licht stellen möchte.» Lauter­bachs Antwort kam am Diens­tag: «Sehr gerne spreche ich mit Hansi Flick.» Der 57 Jahre alte Medizi­ner reagier­te via Twitter zudem versöhn­lich: «Verständ­li­cher­wei­se liegen bei vielen derzeit Nerven blank.»

Flick sprach von «einem letzten Tag, der extrem war». Er habe auch Nachrich­ten erhal­ten, «die etwas böser» waren. Auch privi­le­gier­ten Fußball­schaf­fen­den setzt die ermüden­de Corona-Krise mehr und mehr zu. Als Famili­en­va­ter, Opa zweier Enkel und ehema­li­ger Unter­neh­mer, der über 20 Jahre ein Sport­ge­schäft betrieb, kriege er hautnah mit, wie die Menschen «unter der Pande­mie leiden». Die Kritik — gerade auch von Lauter­bach — am Fußball-Business und der Katar-Reise des FC Bayern hatte seinen ungewöhn­li­chen emotio­na­len Ausbruch ausgelöst.

Sport­lich könnten die Sechs-Titel-Bayern noch einen hohen Preis für die Strapa­zen und unerfreu­li­chen Begleit­erschei­nun­gen der Club-WM zahlen. Thomas Müller kehrte mit einer Corona-Infek­ti­on aus der Wüste zurück, Serge Gnabry mit einem Muskel­fa­ser­riss. Und in Douglas Costa (Haarriss am Mittel­fuß) verletz­te sich nach der Rückkehr auch noch ein weite­rer Offen­siv­spie­ler im Training und fällt vorerst aus.

Gegen ausge­ruh­te Biele­fel­der rutsch­ten geschlauch­te und dezimier­te Bayern beim vierten Spiel in kurzer Zeit aus. Der Vorsprung auf RB Leipzig schmolz auf fünf Punkte. «Das hat nicht nur mit Katar zu tun», sagte Flick nach der Rettung wenigs­tens eines Punktes. Es kam ja auch das Wetter dazu, das mit schwie­ri­gen Platz­ver­hält­nis­sen ein Spiel erschuf, das in der zweiten Hälfte «einem Ritt auf der Rasier­klin­ge» glich, wie Biele­felds Kapitän Fabian Klos meinte.

In der Pause befrei­te ein Räumkom­man­do, tatkräf­tig unter­stützt von der fleißig mitschau­feln­den Co-Trainer-Legen­de Hermann Gerland (66), den Rasen vom Schnee. Das half dem wanken­den Favori­ten. Auf dem wieder satten Grün schaff­ten die von Leroy Sané angetrie­be­nen Bayern mit den Toren von Robert Lewan­dow­ski, Coren­tin Tolis­so und Alphon­so Davies nach einem 0:2 und 1:3 gleich zwei Comebacks. Der auf der Müller-Positi­on aufge­bo­te­ne Eric Maxim Choupo-Moting schwärm­te vom «Fight­ing-Spirit». Die Club-WM-Strapa­zen steck­ten «in den Knochen».

«Als der Schnee nicht mehr da war, wurde es schwie­rig für uns», sagte Klos, der Bayerns Rückkehr ins Spiel recht banal kommen­tier­te: «Am Ende sind sie halt die Weltpo­kal­sie­ger.» Und der nicht wie ein Abstei­ger spielen­de Aufstei­ger nicht der Weltpokalsiegerbesieger.

Flick rückte nicht die Mängel in den Vorder­grund, sondern mit Blick auf die großen Auswärts­prü­fun­gen an diesem Samstag in der Liga beim Tabel­len­drit­ten Eintracht Frank­furt und nur drei Tage später in der Champi­ons League bei Lazio Rom das Erfreu­li­che: «Die Mannschaft hat eine wahnsin­ni­ge Menta­li­tät gezeigt. So zurück­zu­kom­men ist positiv. Das macht mich zuver­sicht­lich für die nächs­ten Spiele.»