In der Krise halten viele Menschen ihr Geld zusam­men. Doch das zahlt sich nicht unbedingt aus. Immer mehr Kredit­in­sti­tu­te belas­ten Privat­kun­den mit Negativzinsen.

Die Menschen in Deutsch­land haben im Corona-Jahr 2020 beson­ders viel Geld auf die hohe Kante gelegt, doch das kann sich zuneh­mend als Minus­ge­schäft erweisen.

Insge­samt 197 Banken und Sparkas­sen brummen Privat­kun­den nach einer Auswer­tung des Vergleichs­por­tals Verivox inzwi­schen Negativ­zin­sen vor allem für Tages­geld auf, meist ab höheren Summen. Allein zum Jahres­wech­sel führten den Angaben zufol­ge 24 Kredit­in­sti­tu­te ein Verwah­rent­gelt ein oder verschärf­ten bestehen­de Regelungen.

«Die Negativ­zins­wel­le rollt mit unver­min­der­ter Wucht über das Land», analy­sier­te Oliver Maier, Geschäfts­füh­rer der Verivox Finanz­ver­gleich GmbH. Eine Trend­wen­de ist nach seiner Einschät­zung vorerst nicht in Sicht. «Nach dem histo­ri­schen Konjunk­tur­ein­bruch im Zuge der Corona-Pande­mie sind höhere Zinsen auf abseh­ba­re Zeit kein Thema», argumen­tier­te Maier. «In den kommen­den Wochen und Monaten dürften viele weite­re Banken Negativ­zin­sen einführen.»

Das Vergleichs­por­tal werte­te die im Inter­net veröf­fent­lich­ten Preis­aus­hän­ge von etwa 800 Banken und Sparkas­sen aus. Die Angaben bezie­hen sich auf Tages­geld­kon­ten. Verein­zelt gilt der Negativ­zins fürs Girokonto.

Geschäfts­ban­ken müssen derzeit 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie überschüs­si­ge Gelder bei der Europäi­schen Zentral­bank (EZB) parken. Auch wenn es inzwi­schen Freibe­trä­ge für bestimm­te Summen gibt, klagt die Branche über eine Milli­ar­den­be­las­tung. Die Kosten geben immer mehr Geldhäu­ser ganz oder teilwei­se weiter und berech­nen Kunden Negativzinsen.

Aus Sorge vor Kurzar­beit oder Arbeits­lo­sig­keit hielten viele Menschen ihr Geld im Corona-Krisen­jahr zusam­men, zudem brems­ten die Schlie­ßun­gen im Einzel­han­del den Konsum.

Die DZ Bank geht für das Jahr 2020 von einer Sparquo­te auf Rekord­ni­veau von 16 Prozent aus, der Banken­ver­band BVR hatte Anfang Dezem­ber sogar einen Wert von rund 17 Prozent prognos­ti­ziert. Auf Jahres­sicht legten die priva­ten Haushal­te in Deutsch­land diesen Berech­nun­gen zufol­ge von 100 Euro verfüg­ba­rem Einkom­men 16 bezie­hungs­wei­se 17 Euro auf die hohe Kante. Die bislang höchs­ten Sparquo­ten in Deutsch­land wurden nach Zahlen des Statis­ti­schen Bundes­am­tes 1991 und 1992 mit jeweils 12,9 Prozent gemessen.

«Aller­dings blieben die Mittel größten­teils einfach auf den Girokon­ten stehen und wurden nicht angelegt», schrieb DZ-Bank-Ökonom Micha­el Stappel jüngst. Im Zinstief wüssten viele Anleger «nicht wohin mit freiwer­den­den oder neuen Anlage­mit­teln». Inzwi­schen seien mehr als 28 Prozent des gesam­ten Geldver­mö­gens von geschätzt 7,1 Billio­nen Euro — also rund 2 Billio­nen Euro — dauer­haft «zwischen­ge­parkt», vorwie­gend in Form von Sicht­ein­la­gen, die bei Bedarf rasch umgeschich­tet werden können wie zum Beispiel Tagesgeld.

Vervi­vox zufol­ge haben 20 Insti­tu­te zum Jahres­be­ginn neu Straf­zin­sen einge­führt. Drei weite­re haben den Freibe­trag gesenkt. Ein Insti­tut hat die Negativ­zin­sen tiefer ins Minus gedrückt.

Den Angaben zufol­ge räumen 58 der 197 Insti­tu­te ihren Kunden deutlich weniger als 100.000 Euro Freibe­trag ein, davon verlan­gen neun Geldhäu­ser bereits ab dem ersten Euro Straf­zin­sen. Teilwei­se können aber Freibe­trä­ge indivi­du­ell verein­bart werden. Auch die drei — gemes­sen an der Kunden­zahl — größten Online-Banken haben Negativ­zin­sen eingeführt.

Verbrau­cher­schüt­zern zufol­ge sind Negativ­zin­sen bei Bestands- und Neukun­den nur zuläs­sig, wenn das Verwah­rent­gelt expli­zit mit ihnen verein­bart wurde. Es reiche nicht, ledig­lich die Allge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen (AGB) zu ändern.

Verivox weist darauf hin, dass nicht alle Banken ihren Preis­aus­hang online veröf­fent­li­chen oder darin Negativ­zin­sen auswei­sen. Einige träfen statt­des­sen indivi­du­el­le Verein­ba­run­gen mit vermö­gen­den Kunden. Tatsäch­lich dürften daher mehr als 197 Geldhäu­ser ein Verwah­rent­gelt von Privat­kun­den verlan­gen, hieß es. Zum Vergleich: Nach letzten Daten der Bundes­bank gab es 2019 noch 1717 Kredit­in­sti­tu­te in Deutschland.