BERLIN (dpa) — Beson­ders Kinder­kran­ken­häu­ser sind zurzeit unter Druck, weil Perso­nal ausfällt und gleich­zei­tig viele Patien­ten versorgt werden müssen. Die Stiftung Patien­ten­schutz spricht von Panikmache.

Hohe Perso­nal­aus­fäl­le, viele Patien­tin­nen und Patien­ten mit Atemwegs­er­kran­kun­gen sowie Liefer­eng­päs­se bei Medika­men­ten machen den Klini­ken zurzeit zu schaffen.

«Wir dürften beim Perso­nal mittler­wei­le bei einem Ausfall von neun bis zehn Prozent liegen, das heißt, fast jeder zehnte Mitar­bei­ter ist erkrankt», sagte der Vorstands­chef der Deutschen Kranken­haus­ge­sell­schaft (DKG), Gerald Gaß, der Deutschen Presse-Agentur. Das seien 30 bis 40 Prozent mehr Ausfäl­le als in dieser Jahres­zeit üblich.

De Vorstand der Stiftung Patien­ten­schutz, Eugen Brysch, spricht von Panik­ma­che. «Beson­ders Kranken­häu­ser mit ihren ärztli­chen Fachver­bän­den addie­ren mittler­wei­le stünd­lich ihre Schre­ckens­mel­dun­gen zum Sirenen­ge­heul», sagte Brysch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Außer­halb der Kranken­häu­ser wisse niemand, wie die Lage auf den unter­schied­li­chen Statio­nen wirklich sei, sagte Brysch. «Die Betrei­ber liefern keine tages­ak­tu­el­len Zahlen, um die Belas­tung inner­halb der verschie­de­nen Abtei­lun­gen und Klini­ken der Hospi­tä­ler zu messen.» Intrans­pa­renz gehöre zum Geschäfts­mo­dell deutscher Kranken­häu­ser, die Patien­ten seien dabei die Verlie­rer. «Denn auch die Panik­ma­che führt dazu, dass behand­lungs­be­dürf­ti­ge Menschen lieber zu Hause bleiben. Drei Millio­nen weniger Kranken­haus­pa­ti­en­ten in fünf Jahren machen das deutlich.»

Kinder­kli­ni­ken beson­ders betroffen

Nach Angaben von Gaß seien viele Beschäf­tig­te von den Infek­ti­ons­krank­hei­ten betrof­fen, die auch sonst für hohe Patien­ten­zah­len sorgten. Derzeit sorgen neben Corona auch die Grippe sowie bei Kindern RS-Viren landes­weit für viele Erkrankungen.

Die Perso­nal­la­ge sei ohnehin dünn, so Gaß. «Das führt dazu, dass zurzeit in einer ganzen Reihe von Kranken­häu­sern Betten gesperrt sind oder ganze Statio­nen abgemel­det werden müssen. Wir dürfen nicht behan­deln, wenn wir Perso­nal­gren­zen unter­schrei­ten.» Die Kinder­kli­ni­ken seien davon beson­ders betrof­fen, weil dort viele Pflege­kräf­te mit Zusatz­aus­bil­dung arbei­te­ten. «Es ist nicht so einfach möglich, Mitar­bei­ter von einer Erwach­se­nen­sta­ti­on auf der Kinder­sta­ti­on einzusetzen.»

Kritik an Bürokra­tie und Dokumentationspflichten

In dieser Situa­ti­on gebe es keine einfa­che Lösung. «Eine Stell­schrau­be wäre die Entlas­tung von Bürokra­tie und den Dokumen­ta­ti­ons­pflich­ten. Da sollte der Gesund­heits­mi­nis­ter noch mal ran und den Kranken­häu­sern Spiel­raum einräu­men», sagte Gaß. «Man sollte jetzt konse­quent sagen, dass die Pflege­kräf­te nur noch das Notwen­digs­te dokumen­tie­ren müssen, was für die Patien­ten­be­hand­lung wichtig ist und sich ansons­ten auf die Pflege konzen­trie­ren können.»

Der DKG-Chef sprach sich auch für ein Ausset­zen der Perso­nal­un­ter­gren­zen aus. «In einer solchen Situa­ti­on ist es angemes­sen, den Kranken­häu­sern wieder die Verant­wor­tung zu überlas­sen, zu entschei­den, wo sie vielleicht auch mit etwas weniger Perso­nal eine gute Versor­gung organi­sie­ren können.»

Engpäs­se bei Medikamenten

Klini­ken und Arztpra­xen klagen zudem über Engpäs­se bei einer Reihe von Medika­men­ten. Der Präsi­dent der Bundes­ärz­te­kam­mer, Klaus Reinhardt, rief die Bevöl­ke­rung deshalb dazu auf, sich gegen­sei­tig mit der Hausapo­the­ke zu helfen. «Jetzt hilft nur Solida­ri­tät. Wer gesund ist, muss vorrä­ti­ge Arznei an Kranke abgeben. Wir brauchen so was wie Flohmärk­te für Medika­men­te in der Nachbar­schaft», sagte er dem «Tages­spie­gel».

Die Bundes­ver­ei­ni­gung Deutscher Apothe­ker­ver­bän­de (ABDA) klagte über unnöti­ge Bürokra­tie. «Ein indivi­du­ell herge­stell­ter Fieber­saft in der Apothe­ke kostet natür­lich mehr und die Kranken­kas­sen erstat­ten das nicht, wenn es nicht auf dem Rezept verord­net steht. Der Arzt kann aber nicht wissen, dass es in der Apothe­ke keinen Fieber­saft geben wird», sagte Gabrie­le Overwi­ening der Deutschen Presse-Agentur. So entste­he wegen der Kranken­kas­sen eine völlig unnöti­ge Bürokratie.

Es wäre ihrer Ansicht nach sinnvoll, dass Apothe­ken entschei­den könnten, wann sie das Mittel selbst herstel­len. Ein weite­res Problem sei der zeitli­che Mehrauf­wand, sagte Overwi­ening. Denn: «Wir dürfen das auch nicht im Voraus herstellen.»