BERLIN (dpa) — Nach der Ansage des Virolo­gen Drosten, Corona sei keine Pande­mie mehr, trommelt die FDP für ein Ende aller Beschrän­kun­gen. Der Gesund­heits­mi­nis­ter bleibt hinge­gen vorsich­tig — und bekommt dafür Zuspruch.

Die FDP macht weiter Druck, sämtli­che Corona-Beschrän­kun­gen aufzu­he­ben. Der General­se­kre­tär der Libera­len, Bijan Djir-Sarai, forder­te die Bundes­län­der auf, die Masken­pflicht in Bussen und Bahnen sofort abzuschaf­fen. «Es gibt keine Grund­la­ge mehr für Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen. Auch die Bundes­län­der müssen handeln und auf die verän­der­te Lage reagie­ren», sagte Djir-Sarai der «Bild»-Zeitung.

Eine Änderung des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes sei daher ebenfalls ein verfas­sungs­recht­lich notwen­di­ger Schritt, der jetzt erfol­gen müsse, forder­te der FDP-Politi­ker in Richtung Bundes­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lauter­bach (SPD).

Bundes­wei­te Pflicht bis zum 7. April 2023

Über die Masken­pflicht in Bussen und Bahnen des Nahver­kehrs entschei­den die Länder selbst. Für Fernzü­ge und Fernbus­se bundes­weit ist bis zum 7. April 2023 eine FFP2-Masken­pflicht festge­schrie­ben. Die Masken­pflicht im Nahver­kehr in Bayern und Sachsen-Anhalt bereits wegge­fal­len, in Schles­wig-Holstein läuft sie zum Jahres­en­de aus. In einer «Bild»-Umfrage bei den übrigen Bundes­län­dern, ob sie die Masken­pflicht im ÖPNV unver­züg­lich abschaf­fen werden, antwor­te­te keines mit «ja».

Die Debat­te über die Abschaf­fung aller Corona-Beschrän­kun­gen war neu aufge­flammt, nachdem der Virolo­ge Chris­ti­an Drosten in einem Inter­view mit dem «Tages­spie­gel» unter anderem gesagt hatte, nach seiner Einschät­zung sei die Pande­mie vorbei. Als Reakti­on hatte Bundes­jus­tiz­mi­nis­ter Marco Busch­mann (FDP) gefor­dert, «die letzten Corona-Schutz­maß­nah­men» zu beenden.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki forder­te Lauter­bach ebenfalls auf, das Infek­ti­ons­schutz­ge­setz «zügig» zu ändern. «Chris­ti­an Drosten ist einer der letzten Exper­ten, die von einem Übergang in die Endemie sprechen. Spätes­tens jetzt muss Karl Lauter­bach einse­hen, dass es keine Begrün­dung mehr für Grund­rechts­ein­schrän­kun­gen geben kann», sagte der Bundes­tags­vi­ze­prä­si­dent der «Rheini­schen Post».

Lauter­bach erinnert an volle Kliniken

Lauter­bach wies die Forde­run­gen nach einem schnel­len Ende der noch bestehen­den Corona-Maßnah­men zurück. Zwar habe sich die Situa­ti­on etwas entschärft und das Virus gehe in eine endemi­sche Phase über, sagte der SPD-Politi­ker gestern im ZDF-«heute journal».

Jedoch sollten mit Blick auf volle Klini­ken, überlas­te­tes Perso­nal und einer Übersterb­lich­keit nicht alle Maßnah­men sofort fallen gelas­sen werden. «Wir dürfen hier nicht aufs Glatt­eis gehen», mahnte Lauter­bach. Nach dem Winter könne man mit einer deutlich entspann­te­ren Situa­ti­on rechnen. «Da kommt es doch jetzt nach drei Jahren Pande­mie noch auf ein paar Wochen nicht an», warb Lauter­bach um Geduld.

Bayerns Gesund­heits­mi­nis­ter Klaus Holet­schek forder­te den Bund auf, die wegen Corona einge­führ­te Masken­pflicht im Fernver­kehr in eine Empfeh­lung umzuwan­deln. Natür­lich sei zum Beispiel die Empfeh­lung auch künftig sinnvoll, im ÖPNV freiwil­lig weiter­hin Schutz­mas­ken zu tragen — auch mit Blick auf andere Atemwegs­er­kran­kun­gen, sagte der CSU-Politi­ker der «Augsbur­ger Allge­mei­nen». Es sei an der Zeit, von einer Phase der Pflich­ten in eine Phase der Empfeh­lun­gen und der Eigen­ver­ant­wor­tung überzugehen.

Wirtschafts­wei­se: «Kranken­stand überdurch­schnitt­lich hoch»

Die Chefin der Wirtschafts­wei­sen, Monika Schnit­zer, sieht die Debat­te über eine Aufhe­bung der verblie­be­nen Corona-Maßnah­men mit Unbeha­gen. Die noch bestehen­den Beschrän­kun­gen wie die Masken­pflicht im öffent­li­chen Nah- und Fernver­kehr schränk­ten die wirtschaft­li­che Aktivi­tät nicht ein, reduzier­ten aber die Corona-Infek­tio­nen und andere Atemwegs­er­kran­kun­gen, sagte Schnit­zer den Zeitun­gen der Funke Mediengruppe.

«Der Kranken­stand ist aktuell schon überdurch­schnitt­lich hoch. Eine Aufhe­bung dieser Beschrän­kun­gen könnte den Kranken­stand weiter erhöhen, was sich negativ auf die Wirtschaft auswir­ken würde», gab Schnit­zer zu bedenken.