Es geht in dem Prozess um Straßen­blo­cka­den, an denen sich Klima­ak­ti­vist Henning Jesch­ke betei­ligt haben soll. Die Verhand­lung vor dem Amtsge­richt Tiergar­ten nutzte das Gründungs­mit­glied der Gruppe Letzte Genera­ti­on für eine weite­re Aktion: Mitten im Prozess sprang der 23-Jähri­ge aus Greifs­wald auf und klebte sich an einem Tisch fest. «Ich habe mich festge­klebt. Ich muss es tun, weil wir über Klima­not­stand reden müssen», rief Jesch­ke im Saal D107. «Es tut mir leid. Ich muss es tun.»

Richter Sebas­ti­an Jacobs unter­brach die Verhand­lung zunächst kurz, um Justiz­be­diens­te­te zu alarmie­ren. Da Jesch­ke ihm jedoch ständig ins Wort fiel, schloss der Richter den 23-Jähri­gen schließ­lich vom Prozess aus. Justiz­be­diens­te­te trugen den Tisch, an dem Jesch­ke klebte, in einen Vorraum des Gerichts. Der Klima­ak­ti­vist sagte im Vorraum: «Der Richter muss sich mit dem Klima­not­stand beschäf­ti­gen.» Polizis­ten und Sanitä­ter wurden hinzu­ge­ru­fen, um den Mann von der Tisch­plat­te abzulö­sen. Doch das verwei­ger­te der Klimaaktivist.

Die Gruppe Letzte Genera­ti­on war nach einem Klima-Hunger­streik in Berlin entstan­den und fordert mehr Maßnah­men für den Klima­schutz. Seit Anfang 2022 blockier­te sie immer wieder Autobahn­aus­fahr­ten und andere Straßen in vielen Städten, einen Schwer­punkt bildet Berlin.

Mit Tisch an der Bushaltestelle

Jesch­ke wurde am Donners­tag letzt­lich mit der Hand am Tisch klebend aus dem Gebäu­de gebracht, wie Gerichts­spre­che­rin Lisa Jani sagte. Beamte hätten ihm zuvor noch in die Jacke gehol­fen. Zuletzt sei der 23-Jähri­ge dann in Beglei­tung an einer Bushal­te­stel­le gesich­tet worden — samt des etwa 1,20 Meter breiten Tisches. «Wir konnten auf den Tisch verzich­ten. Haupt­sa­che, die Haupt­ver­hand­lung konnte fortge­setzt werden», erklär­te Spreche­rin Jani. Jesch­ke sei für den Donners­tag ein Hausver­bot erteilt worden.

Im Gerichts­saal ging die Verhand­lung unter­des­sen zunächst weiter. Letzt­lich wurde sie aber unter­bro­chen. Der Prozess soll am 9. März fortge­setzt werden.

Worum es im Prozess geht

In dem Prozess geht es um mehre­re Aktio­nen der Gruppe Letzte Genera­ti­on in der Zeit von März bis Juni 2022, an denen er sich betei­ligt haben soll. Die Staats­an­walt­schaft Berlin wirft Jesch­ke Nötigung, Wider­stand gegen Vollstre­ckungs­be­am­te und gefähr­li­chen Eingriff in den Straßen­ver­kehr vor. Es wurden Straf­be­feh­le erlas­sen, wonach der Klima­ak­ti­vist eine Geldstra­fe zahlen sollte. Weil er dagegen Einspruch erhob, kam es zum Prozess. Am Donners­tag handel­te es sich um einen Fortsetzungstermin.

Während der Aktion filmte sich Jesch­ke. Die Gruppe Letzte Genera­ti­on veröf­fent­lich­te wenig später ein Video bei Twitter. Die Gruppe sprach von einer mögli­chen Vorein­ge­nom­men­heit des Richters. Ende vergan­ge­nen Jahres habe er «in inter­nen Chats des Gerichts Vorla­gen der Staats­an­walt­schaft geteilt — mögli­cher­wei­se als «Verur­tei­lungs­hil­fe» für andere Richter:innen», hieß es. Ein Ableh­nungs­an­trag wegen Befan­gen­heit sei aber erfolg­los geblieben.

Gerichts­spre­che­rin Jani erklär­te dazu, der Richter habe eine E‑Mail mit einem Vermerk der Staats­an­walt­schaft an seine Kolle­gen weiter­ge­lei­tet, in der es um den Umgang mit den Vorfäl­len gegan­gen sei. Dies gehöre zu seinen Aufga­ben, weil er der Verwal­tung angehöre.