BERLIN/MÜNCHEN (dpa) — In Berlin-Neukölln waren die Attacken beson­ders heftig: Sollte es angesichts der Angrif­fe auf Einsatz­kräf­te in der Silves­ter­nacht künftig ein generel­les Böller­ver­bot geben? Die Meinun­gen gehen auseinander.

Nach den Angrif­fen auf Polizis­ten und Rettungs­kräf­te in der Silves­ter­nacht fordert Bayerns Innen­mi­nis­ter Joachim Herrmann (CSU) harte Strafen. Ein generel­les Böller­ver­bot lehnte er im Gespräch mit «Anten­ne Bayern» und dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land (RND) ab. «Es ist erschre­ckend, wie einige Randa­lie­rer Silves­ter­fei­ern missbrau­chen und andere mit Feuer­werks­kör­pern gefähr­den oder gar verlet­zen», sagte Herrmann.

Dass Einsatz­kräf­te von Polizei, Feuer­wehr und Rettungs­dienst, die täglich für Sicher­heit sorgten, selbst zu Opfern werden, unter­strei­che die Skrupel­lo­sig­keit. «Diese Silves­ter-Chaoten müssen hart bestraft werden. Ein spürba­rer Denkzet­tel und gegebe­nen­falls auch Freiheits­stra­fen sind angebracht.»

Verbo­te an bestimm­ten Orten

Ein generel­les Feuer­werks­ver­bot würde aber auch dieje­ni­gen strafen, die umsich­tig und verant­wor­tungs­voll umgin­gen. Das wäre nicht zielfüh­rend, so der Minis­ter. «Ein generel­les Feuer­werks­ver­bot würde zudem nicht die Ursachen besei­ti­gen, nämlich die Verro­hung einiger weniger», beton­te Herrmann und verwies auf die Möglich­keit von Kommu­nen, an bestimm­ten Orten Feuer­werks­ver­bo­te auszusprechen.

Der Deutsche Städte­tag unter­strich die Wirksam­keit solcher Schrit­te. «Bislang haben die Städte, bereits lange vor Corona, gute Erfah­run­gen mit Feuer­werks-Verbots­zo­nen gemacht», sagte Haupt­ge­schäfts­füh­rer Helmut Dedy dem Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land. «Sie dienen dazu, Anwoh­ner vor Lärm, histo­ri­sche Gebäu­de vor Bränden und Menschen auf Feier­mei­len vor Verlet­zun­gen zu schützen.»

Der Bezirks­bür­ger­meis­ter von Berlin-Neukölln, Martin Hikel, plädier­te hinge­gen für ein Verkaufs­ver­bot von Feuer­werk. «Ich finde es richtig, dass wir uns auch darüber unter­hal­ten, welchen Stellen­wert die Bölle­rei für uns gesell­schaft­lich hat und ob man den Verkauf einschrän­ken sollte», sagte der SPD-Politi­ker der «Welt». Ein entspre­chen­des Verbot müsse deutsch­land­weit gelten. Zudem sollte für den Erwerb von Schreck­schuss­pis­to­len zumin­dest der kleine Waffen­schein nötig sein.

Hikel: «bürger­kriegs­ähn­li­che Zustände»

Der Bezirk Neukölln war einer der Schwer­punk­te bei den Ausschrei­tun­gen in der Silves­ter­nacht in der Haupt­stadt. Es habe Szenen gegeben, die ihn an «bürger­kriegs­ähn­li­che Zustän­de» erinnert hätten, sagte Hikel der «Welt» dazu. «In einzel­nen Fällen wurden Rettungs­kräf­te bewusst in einen Hinter­halt gelockt, um sie dort anzugrei­fen. Das ist ein hochkri­mi­nel­les Verhalten.»

Nach jüngs­ten Angaben wurden in der Silves­ter­nacht in Berlin 41 Einsatz­kräf­te der Polizei bei Angrif­fen verletzt. Insge­samt habe es 159 Festnah­men gegeben, sagte ein Sprecher am Montag­abend. Es hande­le sich überwie­gend um junge Männer bezie­hungs­wei­se Jugend­li­che, hieß es. Ermit­telt wird nicht nur wegen Angrif­fen auf Vollstre­ckungs­be­am­te, sondern auch wegen Brand­stif­tung, Verstö­ßen gegen das Spreng­stoff­ge­setz oder Landfriedensbruchs.

Die Feuer­wehr dokumen­tier­te nach eigenen Angaben Angrif­fe bei mindes­tens 38 Einsät­zen in Berlin. Sie beklag­te am Sonntag 15 Verletz­te. Die Polizei war rund um den Jahres­wech­sel mit fast 1300 zusätz­li­chen Beamtin­nen und Beamten in der Haupt­stadt im Einsatz.