Die weiße Musike­rin Ronja Maltzahn (28) darf nach einem Entschluss von Fridays for Future wegen ihrer Dread­locks nicht wie zunächst geplant bei einer Demons­tra­ti­on in Hanno­ver auftreten.

Die Hanno­ve­ra­ner Ortsgrup­pe der Klima­schutz­be­we­gung sagte einen Auftritt der Künst­le­rin an diesem Freitag in der Innen­stadt ab, wie die Gruppe am Mittwoch auf ihrer Website mitteilte.

Die Aktivis­ten begrün­de­ten die Absage mit der Frisur der Sänge­rin. Dread­locks seien in den USA ein Wider­stands­sym­bol der Bürger­rechts­be­we­gung schwar­zer Menschen gewor­den. «Wenn eine weiße Person also Dread­locks trägt, dann handelt es sich um kultu­rel­le Aneig­nung, da wir als weiße Menschen uns aufgrund unserer Privi­le­gi­en nicht mit der Geschich­te oder dem kollek­ti­ven Trauma der Unter­drü­ckung ausein­an­der­set­zen müssen», schrie­ben die Klimaschützer.

Maltzahn hatte die Absage selbst auf ihren Social-Media-Kanälen öffent­lich gemacht. Die Musike­rin reagier­te betrof­fen: «Wir hatten uns darauf gefreut ein Zeichen für Frieden und gegen Diskri­mi­nie­rung mit unserer Musik setzen zu dürfen. Schade dass wir aufgrund von äußer­li­chen Merkma­len davon ausge­schlos­sen werden.» Es gehe darum, kultu­rel­ler Vielfalt eine Bühne zu geben und für Achtsam­keit, Toleranz und Geschlech­ter­ge­rech­tig­keit einzu­ste­hen. «Ich hoffe dass unsere Zuhörer dieses Bild durch unsere Musik vermit­telt bekom­men und nicht das Gegen­teil», schrieb die Musikerin.

Fridays for Future Hanno­ver erklär­te zu der Absage, es sei der Gruppe wichtig, «BiPoC’s (Schwar­ze, indige­ne und People of Color) Raum inner­halb der Klima­ge­rech­tig­keits­be­we­gung zu geben», der ihnen bis jetzt nicht genug einge­räumt worden sei, aber schon häufig einge­for­dert wurde. Dies müsse konse­quent passie­ren, «weil das Auftre­ten einer weißen Person mit Dread­locks auf unserer Bühne für BiPoC’s den Eindruck erwecken kann, dass diese Bewegung für sie keinen Safer Space darstellt» — also keine geschütz­te Umgebung ohne Diskri­mi­nie­rung biete. «Deshalb haben wir uns dazu entschie­den, Ronja Maltzahn abzusagen.»

«Überrascht und auch ein wenig schockiert»

Die Aktivis­ten der Klima­schutz­be­we­gung baten in der Mittei­lung die Musike­rin aber auch um Entschul­di­gung. In einer Chat-Nachricht an Maltzahn hatte die Gruppe ihr die Absage mitge­teilt, gleich­zei­tig aber gesagt, dass ein Auftritt möglich sei, wenn sie sich bis Freitag ihre Dread­locks abschnei­de. Dieser Vorschlag sei ein Eingriff in die Privat­sphä­re der Künst­le­rin gewesen, der so nicht hätte passie­ren dürfen, teilte Fridays for Future später mit.

Die Absage habe sie «überrascht und auch ein wenig schockiert», sagte Maltzahn der Deutschen Presse-Agentur. Vor allem die Anspra­che habe sie als unsen­si­bel empfun­den. «Dass wir grund­sätz­lich in unserer Gesell­schaft genau gucken, wo steckt überall Diskri­mi­nie­rung drin, das befür­wor­te ich sehr.» Aber es sei auch wichtig, den Kontext dabei nicht außer Acht zu lassen.

«Tatsäch­lich kommt meine Inspi­ra­ti­on, Dreads zu tragen, aus alter­na­ti­ven Kreisen», sagte die Sänge­rin. Sie sei inter­es­siert an verschie­de­nen Kultu­ren. Auf Reisen und Auslands­auf­ent­hal­ten seien ihr viele Menschen mit Dread­locks begeg­net. «Ich finde es künst­le­risch schön, aber auch das Lebens­ge­fühl, was damit verbun­den wird, fand ich sehr passend für meine Lebens­ein­stel­lung», sagte sie.

Bislang habe sie wegen ihrer Haare eher andere Reaktio­nen erhal­ten. Häufig würden Menschen mit ihrem Erschei­nungs­bild assozi­ie­ren, dass sie vielleicht vegan lebe oder grün einge­stellt sei.

Maltzahn sagte, sie hoffe, dass die angesto­ße­ne öffent­li­che Debat­te das Bewusst­sein für Diskri­mi­nie­rung in der Gesell­schaft schär­fe. Auch mit Fridays for Future wolle sie in einen Austausch kommen. «Ich möchte da keinen Konflikt anzetteln.»

Nach Angaben ihres Musik­ver­lags Timezo­ne Records in Osnabrück macht Maltzahn Musik aus dem Genre World­pop. Die 28-Jähri­ge kommt aus Bad Pyrmont, lebt in Münster und Hanno­ver und spielt Cello, Gitar­re, Ukule­le und Piano. Zudem tritt sie mit einem größe­ren Folkensem­ble auf, dem Blue Bird Orches­tra. «Wir sind eine bunte Band, aus verschie­de­nen Natio­na­li­tä­ten, singen auf verschie­de­nen Sprachen, in verschie­de­nen Stilis­ti­ken und zelebrie­ren die Vielfalt und wollen keines­falls Menschen diskri­mi­nie­ren», sagte Maltzahn.

Beim globa­len Klima­streik an diesem Freitag (25. März) wollen nach Angaben von Fridays for Future Menschen überall auf der Welt für Klima­ge­rech­tig­keit und Frieden demons­trie­ren — von Taiwan über Nigeria bis nach Austra­li­en. Allein in Deutsch­land sind Aktio­nen an 240 Orten geplant.