Der Preis­trä­ger Amartya Sen war aus den USA zugeschal­tet, und der Lauda­tor musste sich vertre­ten lassen: Preis­ver­lei­hung in Corona-Zeiten.

Sen habe sich «als Vorden­ker seit Jahrzehn­ten mit Fragen der globa­len Gerech­tig­keit ausein­an­der­ge­setzt», heißt es in der Begrün­dung des Stiftungs­rats. Seine Arbei­ten trügen zur Bekämp­fung sozia­ler Ungleich­heit bei und seien heute so relevant wie nie zuvor.

Der in den USA leben­de Wissen­schaft­ler und Philo­soph konnte am Sonntag wegen der Pande­mie nicht persön­lich in die Frank­fur­ter Pauls­kir­che kommen, statt­des­sen wurde der 86-Jähri­ge aus Boston zugeschal­tet — für ihn war es sehr früher Morgen. Auch die Teilnah­me von Lauda­tor, Bundes­prä­si­dent Frank-Walter Stein­mei­er, wurde am Wochen­en­de kurzfris­tig abgesagt. Nach dem positi­ven Corona-Test eines Perso­nen­schüt­zers befin­det sich das Staats­ober­haupt weiter­hin in Quaran­tä­ne. Seine Lauda­tio wurde vom Schau­spie­ler Burghart Klauß­ner in einer ziemlich leeren Pauls­kir­che verle­sen. Das Publi­kum war, ebenfalls wegen Corona, ausge­la­den worden.

«Sen schreibt an gegen die Ungleich­hei­ten und Ungerech­tig­kei­ten dieser Welt. Sein Human Develo­p­ment Index betrach­tet nicht nur das Brutto­in­lands­pro­dukt, er schaut auf das Wohlerge­hen der Menschen», hieß es in Stein­mei­ers Rede. «Wer hätte diese Auszeich­nung also mehr verdient als jemand, dessen Werk bei aller intel­lek­tu­el­len Brillanz vor allem eines auszeich­net: Mensch­lich­keit». Und: In seinem Kampf für Gerech­tig­keit gehe es ihm im Kern immer um Demokratie.

Sen wurde 1933 in Shanti­nik­etan (Westben­ga­len) geboren, studier­te Wirtschafts­wis­sen­schaf­ten in Kolka­ta (frühe­rer Name Kalkut­ta) und England und ist seit 2004 Profes­sor in Harvard. 1998 erhielt er den Nobel­preis für Wirtschaft. In seiner Dankes­re­de sprach er sich gegen Autokra­tie, Benach­tei­li­gung und Ungerech­tig­keit aus, die er in Indien aber auch in seiner Wahlhei­mat, den USA, sowie in vielen anderen Ländern beobach­te. «Heute ist gesell­schaft­lich kaum etwas dring­li­cher geboten als globa­ler Wider­stand gegen den zuneh­men­den Autori­ta­ris­mus überall auf der Welt.»

Der in Frank­furt ansäs­si­ge Börsen­ver­ein des Deutschen Buchhan­dels vergibt den Friedens­preis seit 70 Jahren. Die Auszeich­nung ist mit 25 000 Euro dotiert. Geehrt werden Persön­lich­kei­ten, die in Litera­tur, Wissen­schaft oder Kunst zur Verwirk­li­chung des Friedens­ge­dan­kens beigetra­gen haben. 2019 war der Preis an den brasi­lia­ni­schen Fotogra­fen und Umwelt­schüt­zer Sebas­tião Salga­do gegangen.