KARUIZAWA (dpa) — Ukrai­ne, Taiwan und noch etliche andere Krisen­her­de: Inmit­ten geopo­li­ti­scher Verwer­fun­gen üben die G7-Demokra­tien den Schul­ter­schluss. Ihre Außen­mi­nis­ter senden ein Signal an Peking und Moskau.

Die G7-Runde wirtschafts­star­ker Demokra­tien hat angesichts der russi­schen Aggres­si­on in der Ukrai­ne und des zuneh­men­den Macht­stre­bens Chinas vor jedem Versuch einer gewalt­sa­men Änderung der inter­na­tio­na­len Ordnung gewarnt. «Wir werden jegli­che einsei­ti­gen Versu­che zurück­wei­sen, den Status quo durch Gewalt zu ändern», sagte der japani­sche Außen­mi­nis­ter Yoshi­ma­sa Hayashi am Montag zu Beginn der Beratun­gen der G7-Außen­mi­nis­ter über die Lage im Indopa­zi­fik. In der Region versucht China, seine Macht­po­si­ti­on auch militä­risch auszubauen.

Man werde «der Welt die feste Entschlos­sen­heit der G7 demons­trie­ren, die inter­na­tio­na­le Ordnung auf Grund­la­ge der Rechts­staat­lich­keit aufrecht­zu­er­hal­ten», sagte Hayashi bei dem Treffen im zentral­ja­pa­ni­schen Karui­za­wa. Für Deutsch­land nimmt Außen­mi­nis­te­rin Annale­na Baerbock (Grüne) an den bis Diens­tag dauern­den Gesprä­chen in dem Urlaubs­ort teil, der 175 Kilome­ter von der Haupt­stadt Tokio entfernt liegt.

Der G7-Runde gehören neben Deutsch­land und Japan auch Frank­reich, Itali­en, Kanada, die USA und Großbri­tan­ni­en an. Japan hat aktuell die G7-Präsi­dent­schaft inne.

Hayashi hatte zum Auftakt des Treffens am Sonntag­abend gesagt, zur Bewäl­ti­gung globa­ler Heraus­for­de­run­gen sei es wichtig, «konstruk­ti­ve und stabi­le» Bezie­hun­gen zu China aufzu­bau­en. Die G7-Minis­ter beton­ten laut japani­schem Außen­mi­nis­te­ri­um, Frieden und Stabi­li­tät in der Straße von Taiwan sei ein «unver­zicht­ba­res Element für Sicher­heit und Wohlstand der inter­na­tio­na­len Gemein­schaft». China betrach­tet Taiwan als abtrün­ni­ges Gebiet, das wieder mit dem Festland verei­nigt werden soll, notfalls mit militä­ri­scher Gewalt.

Baerbock für rasches USA-China-Treffen

Baerbock dringt auf ein rasches Treffen ihrer Kolle­gen aus den USA und China, Antony Blinken und Qin Gang. «Das wäre aus meiner Sicht wichtig, dass es dieses Treffen zeitnah gibt», sagte sie am Sonntag­abend in einem Schalt­ge­spräch in der ZDF-Sendung «Berlin direkt». Für Baerbock ist das G7-Treffen der Abschluss einer sechs­tä­gi­gen Asien­rei­se, die sie am Donners­tag begon­nen hatte. Zunächst hatte sie China und dann Südko­rea besucht.

Auf die Frage nach einer mögli­chen Unter­stüt­zung Taiwans durch die G7 im Falle einer Eskala­ti­on des Konflikts mit China sagte Baerbock im ZDF: «Uns geht es darum, dass wir deeska­lie­ren. Und deswe­gen ist jetzt ein Speku­lie­ren über «Was wäre wenn…» das Falsche. Aber man muss auch deutlich machen, dass wir es nicht hinneh­men würden, wenn es zu einer militä­ri­schen Eskala­ti­on kommt.» Die G7 hätten auch über die Wichtig­keit ameri­ka­nisch-chine­si­scher Dialog­for­ma­te gespro­chen, fügte sie hinzu.

Blinken hatte einen China-Besuch Anfang Febru­ar kurzfris­tig abgesagt, nachdem ein mutmaß­li­cher Spiona­ge­bal­lon Chinas im US-Luftraum entdeckt wurde. Der Vorfall belas­te­te das Verhält­nis zusätzlich.

Ein Überblick über die wichtigs­ten G7-Themen

Ukrai­ne — Russland: Die G7-Außen­mi­nis­ter dürften ihre Auffor­de­rung an Russlands Präsi­den­ten Wladi­mir Putin bekräf­ti­gen, seinen Krieg gegen die Ukrai­ne unver­züg­lich zu beenden und alle Solda­ten bedin­gungs­los abzuzie­hen. In der Abschluss­erklä­rung dürfte es auch Kritik an Moskaus Drohge­bär­den mit seinem Atomwaf­fen­ar­se­nal geben. Seit Beginn der Invasi­on im Febru­ar 2022 haben die G7 den Druck auf Russland durch Wirtschafts­sank­tio­nen erhöht.

China: Chinas immer aggres­si­ve­res Macht­stre­ben steht im Hinter­grund vieler Gesprä­che in Japan — selbst wenn Peking nicht offizi­ell angespro­chen wird. Das militä­ri­sche Gebaren des Riesen­reichs im Ost- und Südchi­ne­si­schen Meer stelle «die größte strate­gi­sche Heraus­for­de­rung» aller Zeiten dar, heißt es in einem Sicher­heits­pa­pier Japans.

Indopa­zi­fik und die Taiwan-Frage: Nicht nur Gastge­ber Japan befürch­tet, dass China in ähnli­cher Weise wie Russland nach der Ukrai­ne eines Tages nach dem demokra­ti­schen Taiwan greifen könnte. Japan bemüht sich, eine Art geschlos­se­ner Front gegen autori­tä­re Staaten zu bilden, die versu­chen, den globa­len Status quo mit Gewalt zu verändern.

Iran: Die Außen­mi­nis­ter wollten auch über die Lage im Iran beraten. Es geht um das seit Jahren auf Eis liegen­de Atomab­kom­men mit der Islami­schen Republik. Auch das gewalt­sa­me Vorge­hen der Führung in Teheran gegen Demons­tran­ten sollte eine Rolle spielen.

Afgha­ni­stan: Seit der erneu­ten Macht­über­nah­me der Taliban 2021 haben die militan­ten Islamis­ten die Rechte von Frauen massiv einge­schränkt. Sie schlos­sen unter anderem Mädchen von Schul­bil­dung aus und dulde­ten an den Univer­si­tä­ten des Landes nur noch Männer. Das Überle­ben von Millio­nen Afgha­nen hängt von humani­tä­rer Hilfe ab.

Von Jörg Blank und Lars Nicolay­sen, dpa